Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden
dasselbe Kleid trug, das ich für Bels Hochzeit gekauft hatte. Verblüfft sah ich sie an.
»Schön, Sie hier zu sehen«, sagte sie und lächelte, doch ihre Stimme war kälter als je zuvor. »Sind Sie hier, um den Film zu sehen?«
»Gewissermaßen.« Ich musste mich anstrengen, die Fassung zurückzugewinnen. »Und Sie?«
Über ihre Schulter hinweg sah ich Seb, der die vielbefahrenen Straßen des Piccadilly überquerte. Fieberhaft suchte er etwas in seinen Taschen, dann drehte er um und ging zum Wagen zurück. Ein Bus raubte mir die Sicht. Ach, wäre es schön, wenn jetzt auch noch Fay von der Bildfläche verschwände.
»Ich hätte Ihnen ja vorgeschlagen, dass wir uns nebeneinandersetzen, aber so, wie die Dinge liegen …« Vorwurfsvoll sah sie mich mit ihren großen Augen an.
Ich lächelte schwach, aber da war sie schon die Stufen hinauf und durch die Tür. Seb kam über die Straße. Er trug jetzt ein Telefon und ein dickes Buch in der Hand.
Jetzt oder nie! Ich atmete einmal tief durch, warf meine Zigarette weg und trat aus dem Schatten. »Sebastian.«
Er drehte sich auf der zweiten Stufe um. Ein Lächeln flog über sein Gesicht, als er mich erkannte. »Maggie Warren. Was für eine nette Überraschung.«
»Ach ja?« Dieses Mal war mein Lächeln aufrichtig. »Das freut mich.«
»O ja. Ich dachte, Sie würden gar nicht kommen. Warum haben Sie mich nicht angerufen?«
»Ich bin … wissen Sie.« Jetzt war ich höllisch nervös. »Ich bin zufällig vorbeigekommen.«
»Wirklich?« Er war höflich genug, nicht ungläubig zu gucken. Sein toller Anzug kleidete ihn ganz vorzüglich. Das himmelblaue Hemd passte perfekt zum Olivton seiner Haut.
Ein paar VIPs schoben sich zwischen uns, ohne sich auch nur zu entschuldigen. Hinterdrein kam ein Kate-Moss-Verschnitt in Sonnenbrille und einem so kurzen Rock, dass er kaum den Slip überdeckte. Sie musste frieren, denn ihre Beine waren von roten Flecken übersät. Nebenbei zischte sie etwas von »Nur Stehplätze« in ihr Handy. Seb und ich sahen uns an und brachen in Gelächter aus.
»Wissen Sie was!«, sagte er, nachdem er einen nachdenklichen Blick aufgesetzt und meine Hand genommen hatte.
Ein Schauer überlief mich, aber ich hätte nicht sagen können, ob es Kälte war oder … Erwartung. »Was?«
»Ich hasse den ganzen Trubel.« Seine Finger umfingen sanft mein Handgelenk.
»Wirklich?«, fragte ich schüchtern. Seine Berührung auf meiner kalten Haut fühlte sich zärtlich und warm an.
»Sollen wir nicht einfach irgendwo etwas essen gehen?«
»Aber wollen Sie sich denn nicht auf der Leinwand sehen? Ich möchte Ihnen Ihren großen Moment nicht verderben.«
Er ließ meine Hand los, strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und ließ seinen Blick in die Ferne wandern. »Ich hasse das. Wirklich. Ich fühle mich gar nicht wohl, wenn ich mich selbst anschauen muss.« Er sah mich an. »Es würde mir viel besser gefallen, mich mit Ihnen zu unterhalten.«
»Oh!« Ich spürte, wie sich Wohlgefühl in meinem Bauch ausbreitete. »Okay. Wie Sie wollen.«
»Hoffentlich ist der Wagen noch da.« Impulsiv griff er nach meiner Hand und zog mich die Stufen wieder hinunter. »Der Fahrer sollte eigentlich warten. Was halten Sie denn von Thailändisch?«
Essen war ganz mein Ding. Ich aß gerne, aber noch lieber kochte ich. Ich konnte aus ein paar Zutaten ohne jedes Rezept ein wahrlich königliches Mahl zaubern. Das hatte ich von meiner Mutter geerbt. Außerdem sammelte ich Kochbücher, die ich abends vor dem Einschlafen las. Und ich hatte Gars alte Kochhefte geerbt, Notizbücher voller handgeschriebener Rezepte für Lammkasserolle und kornische Fischpastete. Mein Vater meinte immer, ich hätte Köchin werden sollen. Seiner Ansicht nach hätte ich den Medienjob sein lassen und Bäuche statt Gehirne füttern sollen. Ob ich die Gehirne, die ich fütterte, nicht gleichzeitig auch vergiftete, war, nebenbei bemerkt, mein aktuelles Problem.
Heute Abend aber ließ mich mein sonst so verlässlicher Appetit gänzlich im Stich. Ich saß Seb gegenüber in einem der völlig überbuchten In-Lokale, in dem es so dunkel war, dass ich kaum die Speisekarte lesen konnte. Der Oberkellner bediente uns beinahe unterwürfig und nannte Seb beim Vornamen. Die anderen Kellner wuselten um uns herum und zogen den Stuhl für mich zurück, noch bevor ich selbst wusste, dass ich aufstehen wollte. Die übrigen Gäste waren ebenfalls irgendwelche Berühmtheiten oder sahen zumindest so aus, als wären sie das
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