Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
Vom Netzwerk:
klar?«, hatte er gesagt und mich auf den Scheitel geküsst.
    »Weißt du, es ging mir schon mal besser.« Ich zitterte vor Kälte und Elend, und mir wurde klar, dass wir mittlerweile auffielen. Dem Klementinen-Entlader fielen fast die Augen aus dem Kopf. Dabei ließ er eine seiner Kisten fallen, sodass die Klementinen wie kleine Handgranaten über die Straße rollten und beinahe eine alte Dame zum Stolpern brachten.
    »So eine Schande«, sagte sie, zum Kranz gewandt. Dann schüttelte sie traurig den Kopf und trottete weiter.
    »Lass uns hineingehen«, meinte Seb und schob mich sanft auf die Tür zu. »Hier ist es wirklich kalt. Du kannst die Polizei rufen, wenn du oben bist.«
    Entschlossen schüttelte ich den Kopf. »Keine Polizei. Jetzt noch nicht.«
    Seb runzelte die Stirn. »Weshalb?«
    »Deshalb. Es ist nichts, ich bin mir sicher.« Langsam ging ich die Treppen hinauf, während mir ein Gedanke nach dem anderen durch den Kopf raste. »Was könnte die Polizei denn schon tun?«
    »Ähm … vielleicht herausfinden, wer dafür verantwortlich ist?«
    »Das ist doch nur irgendein Verrückter, Seb.«
    »Ach ja? Nun, das Ganze sieht mir nicht unbedingt nach Zufall aus. Und was heißt überhaupt: ›Jetzt noch nicht‹?« Er sah mich an. »Du weißt, wer dafür verantwortlich ist, oder?«
    »Nein.« Ich ließ mich auf meinen Küchenstuhl sinken. Meine Stimme klang angespannt. Digby legte seine Vorderpfoten auf meine Knie und sah mich flehentlich an. »Zumindest hoffe ich das.«
    Seb schaltete den Wasserkocher ein. »Wer könnte es denn sein?«
    Zitternd strich ich Digby über den Kopf. »Du bist mir ja ein schöner Wachhund, mein Freund.«
    »Maggie«, Sebs Stimme klang jetzt drängend. »Wer immer das auch ist, du musst es mir nicht sagen, wenn du das nicht möchtest … aber gut ist das hier nicht gerade.«
    »Nein, sicher nicht. Aber ich weiß nicht, wer es getan hat.« Ein schrecklicher Gedanke bahnte sich seinen Weg in mein Gehirn. »Ich wünschte, ich wüsste es.«
    »Dann ruf die Polizei. Sonst tue ich es.«
    Die Polizei. Abgesehen von meiner kurzen Aussage nach dem Unfall hatte ich mit der Polizei nichts mehr zu tun gehabt, seit … seit dem Sommer. Dem verlorenen Sommer. Mein Magen rebellierte. Ich stand schnell auf. »Entschuldige mich bitte.«
    Im Bad stand ich über das Waschbecken gebeugt, bis es mir besser ging. Mein Spiegelbild zeigte mir ein geisterhaft weißes Gesicht. Die Sommersprossen wirkten auf dem blassen Teint noch dunkler. Die Augen sahen mich verschwommen an, groß und rund vor Angst.
    »Maggie?«, rief Seb von draußen.
    »Es geht mir gut, wirklich.« Doch meine Stimme war nur ein Flüstern. Ich fühlte mich verfolgt.
    »Maggie, bitte, lass mich rein. Ich mache mir Sorgen.«
    Ich glättete meine zerzausten Locken, als könne ich dadurch meine Nerven beruhigen. Dann trug ich ein wenig Parfüm auf. Ich zitterte immer noch, als hätte ich Delirium tremens. Wieder musste ich an den Sommer denken. Mein Gott. Ich öffnete die Badezimmertür und versuchte ein Lächeln.
    »Tolle erste Verabredung, nicht? Zumindest hat dich irgendjemand über meine wahre Natur aufgeklärt.«
    »Blödsinn.« Seb zog mich an sich und hielt mich fest im Arm. »Das ist doch alles Mist. Ich glaube kein Wort.«
    Ich versuchte, mich zu konzentrieren. »Keinem der Worte, wolltest du sagen«, machte ich einen schwachen Witz. Doch allmählich fügte sich alles zusammen.
    »Was?«
    Ich konnte die beiden Worte einfach nicht aussprechen. »Keinem der zwei Worte.«
    Galant spielte Seb mit. »Nein. Ich glaube keines der beiden Worte. Außerdem glaube ich …« Er hielt mich ein wenig auf Abstand und sah mir in die Augen, einen Schimmer Hoffnung in den seinen. »Außerdem glaube ich, sie haben das falsche Haus erwischt.«
    Ich dachte an die Lilien, den Wagen nach Bels Hochzeit, die SMS letzte Nacht.
    »Vielleicht«, gab ich fröhlich zurück. »Vielleicht haben sie das wirklich.«
     
    Ich war offensichtlich zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt in Malcolms Haus angekommen. Die Familie saß beim Brunch. Was recht ungewöhnlich war an einem Dienstagmorgen im November, noch ungewöhnlicher aber bei einer derart kaputten Familie.
    Die Haushälterin, eine Filipina, öffnete mir die Tür. Sie war eines der zahllosen Prestigeobjekte, mit denen Malcolm sich so gerne umgab, und sah immer ein wenig verängstigt drein. Dann führte sie mich in das, was Barbara den »Salon« nannte. (Malcolms Frau Barbara, Alex’ Mutter, war die Einzige, die in

Weitere Kostenlose Bücher