Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden
dieser Familie Klasse hatte.)
Alex war nicht da, aber der Rest der Familie stand um ein altes Tischchen am anderen Ende des Raumes herum. Die Einrichtung war eher protzig: dichter Florteppich, glänzende dunkle Möbel, teure nichtssagende Gemälde, die Hirsche auf einer Lichtung zeigten oder Frauen mit eisiger Miene und prachtvollen Gewändern, die ihren Schoßhund an sich drückten. Ich hatte mich immer gefragt, ob Malcolm sie etwa als seine Ahnen ausgeben wollte, denn dann wäre die ganze Galerie ein Schlag ins Wasser. Niemand würde das je glauben. Ich drückte mich in der Ecke herum und versuchte, mit der wunderbaren Wandtapete von William Morris zu verschmelzen, als Malcolm sich plötzlich umwandte und mich begrüßte, als ob er mich erwartet hätte. Er küsste mich auf beide Wangen, und ich hätte schwören können, dass in seinen Augen ein Funken gespannter Erwartung lag.
Hinter Malcolm stand ein Foto in einem silbernen Rahmen, das Alex als Jugendlichen zeigte. Damals war er noch ein schlaksiger Junge. Er hob seinen Kricketschläger in die Luft, das Haar verstrubbelt wie immer. Der weiße Pullover war ihm viel zu weit. Sein jüngerer Bruder Tom grinste hinter ihm in die Kamera. Beiden fehlten ein paar Zähne. Dieses Foto hatten Alex und ich zu Barbaras 60. Geburtstag für sie rahmen lassen. Ich zuckte zusammen, als ich mich wieder an jene Nacht erinnerte, in der plötzlich alles aus dem Ruder gelaufen zu sein schien.
Ich erkannte Serena, die sich um den rot angelaufenen Tom wickelte. Das also war die Erklärung für das gespannte Funkeln in Malcolms Augen. Offensichtlich freute er sich auf einen ordentlichen Krach.
»Willst du einen Drink, Maggie?« Malcolm bot mir ein Glas Sekt mit Orangensaft an. Seine kleinen Augen glitzerten erwartungsvoll.
»Du hast doch nichts dagegen einzuwenden? Danke«, sagte ich höflich. Mein Adrenalinspiegel stand ohnehin schon am Anschlag. »Das wäre auch das erste Mal, nicht wahr?« Ich nahm das Glas. »Ein Brunch. Gibt es etwas zu feiern?«
»Ach, das weißt du doch, altes Mädchen.« Er stieß mit seinem Glas gegen meines. Sein East-End-Akzent war breiter denn je. »Meine Fusion mit Stebsons. Außerdem ist Barbara gerade aus dem Krankenhaus gekommen.«
»Oh, das tut mir leid. Das wusste ich nicht. Geht es ihr gut?« Ich drehte mich um und lächelte seiner Frau zu. Sie erwiderte mein Lächeln mit Wärme. Die arme Frau mit ihren guten Manieren. Ich hatte mich immer gefragt, wie sie es mit diesem groben Kerl aushielt. Meiner Ansicht nach erdrückte er sie.
»Es geht ihr gut, Liebes, richtig gut.« Er sah mich über sein Glas hinweg milde an. Da kam Alex herein. Er sah so chaotisch aus wie immer, obwohl er Hemd und Krawatte trug, eine ziemlich mies gebundene Krawatte allerdings. »Und dann feiern wir natürlich Alex. Er geht nach Glasgow - und hat sich verlobt.« Malcolm klopfte seinem Sohn auf die Schulter. »Jetzt brauchen wir nur noch ein Baby, Alexander, he? Dann ist das Trio komplett.«
Ich hätte mich fast an meinem Sekt verschluckt.
»Lass das, Pa«, zischte Alex ungehalten. Er sah nicht aus, als wolle er etwas feiern, er wirkte eher leblos und erschöpft. »Oder möchtest du auch einen Hieb auf die Schulter, Maggie?«
Ich schüttelte heftig den Kopf.
»Ich will ja nicht unhöflich sein, aber was machst du hier?« Alex lockerte seine Krawatte, während ich versuchte, meine Fassung wiederzugewinnen.
»Du bist nicht ans Telefon gegangen, also habe ich dein Büro angerufen.« Ich konnte ihm nicht ins Gesicht sehen. »Dort sagte man mir, dass du hier bist.«
Serena zog ihre Klauen von Tom ab, der aussah, als hätte man ihn narkotisiert. Seine arme Freundin Clarissa saß verschüchtert in der Sofaecke und wirkte so pferdeähnlich wie eh und je. Serena wandelte durch den Raum und schlang sich nun um den anderen Bruder. Ihr Kleid war gefährlich kurz für diese Tageszeit, das durchsichtige Oberteil gab den Blick auf ihren seidenen Büstenhalter frei. Sie hob grüßend eine Braue.
»Maxine.«
»Eigentlich Maggie«, entgegnete ich höflich. Ihr Ringfinger war noch nackt. Schnell wandte ich den Blick ab. »Hallo, Selina.«
Alex grinste. Dann fiel sein Blick auf mein Gesicht, und er hörte damit auf.
»Ich muss mit dir sprechen, Alex.« Ich leerte mein Glas.
»Wir haben gerade so viel zu tun, nicht wahr, Allie, Liebling?«, meinte Serena, während sie ihre lackierten Nägel inspizierte.
»Nun …« Ich stellte mein Glas auf dem Sideboard ab, wo es einen feuchten
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