Nur bei dir bin ich zu Hause
Idee, dass sie in diesem Stück ebenfalls unter ihrer Rolle leiden konnte, war ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Außerdem kam ihm immer häufiger der Gedanke, dass sie womöglich gar nicht die Betrügerin war, für die er sie hielt. Denn selbst einer abgebrühten Heiratsschwindlerin wäre es wahrscheinlich nicht gelungen, Simons Herz zu erobern. Margie hingegen hatte es geschafft. Und dann war da noch diese merkwürdige Aktion mit den Kissen in der vergangenen Nacht.
Margies Verhalten glich eher dem einer keuschen Jungfrau, die gezwungen war, ihre Unschuld vor einer Horde wilder Männer zu beschützen. Also was, zum Teufel, passierte hier? Wer war sie wirklich?
Was, wenn er sich in ihr getäuscht hatte? Obwohl es natürlich viel bequemer gewesen wäre, wenn sie tatsächlich die war, für die er sie von Anfang an gehalten hatte. Jemand, der aufs Geld aus war. Wenn aber die fünf Millionen der einzige Grund waren, war sie offenbar bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen. Sie hatte zugestimmt, eine Scheinehe zu führen. Wirklich angenehm war das alles für Margie bestimmt auch nicht.
Sollte er ihr nun glauben oder nicht? Oder sollte er ihnen einen Monat lang das Leben schwermachen? Er entschied sich weder für das eine noch für das andere. Er hatte ihr freie Hand gelassen. Also beschloss er, sich zurückzuhalten und abzuwarten, was sie tun würde. „Sie haben recht“, sagte er schließlich und war erleichtert über ihren überraschten Gesichtsausdruck. „Es tut mir leid.“
Sie beobachtete ihn ein, zwei Sekunden lang, als wäre sie nicht sicher, ob er es ernst meinte. Dann nickte sie. „Ist schon okay. Das hier ist eine verrückte Situation. Für uns beide.“
„Genau das habe ich auch gedacht.“ Interessant. Man brauchte nur ein bisschen nett zu sein, und schon stellte sie sich nicht mehr so an.
„Frieden?“
„Vielleicht“, sagte er nachdenklich. „Das werde ich nach unserem kleinen Einkaufsbummel entscheiden.“
„Hunter …“
Entschlossen schüttelte er den Kopf. Er würde nicht nachgeben. „Meine Frau läuft nicht so herum“, sagte er und deutete auf den Anzug, an dem ihr offensichtlich so viel lag. „Ich werde nicht zulassen, dass die Leute hier darüber reden, warum ich Ihnen keine anständige Kleidung kaufe. Sie wollen die Rolle meiner Frau spielen? Dann verabschieden Sie sich von diesem altmodischen Fummel.“
Sie reckte das Kinn, sah ihn kämpferisch an, verkniff sich aber eine Antwort.
„Eine kluge Entscheidung“, sagte er und nickte kurz. „Denn diesmal geht der Punkt an mich.“
Als Margie seine Hand auf ihrem Rücken spürte, hatte sie das Gefühl, unter Strom zu stehen. Ihr wurde heiß, ihr Körper kribbelte und alles, was sie tun konnte, um sich abzulenken, war, ruhig weiterzugehen.
Die Einkaufsstraße in Springville schien nach einem kalten und grauen Winter aus einem langen Schlaf zu erwachen. Endlich war wieder Frühling. Die Sonne strahlte warm von einem wolkenlosen und blauen Himmel. Ein kühler Wind strich durch die Straßen, und am Fuß der Straßenlaternen begannen die Blumen zu blühen. Bunte Markisen vor den Läden überdeckten den Gehsteig, auf dem ein freundliches Treiben von Menschen herrschte, die hier und da für einen kleinen Plausch stehen blieben.
Sie liebte diese Stadt. Das tat sie, seit sie zum ersten Mal vor zwei Jahren hierhergekommen war. Springville war eine typische amerikanische Kleinstadt und glich einem Postkartenidyll. Eine Fahne flatterte mitten auf dem Rathausplatz, Mütter mit Kinderwagen saßen auf Bänken und freuten sich über ihre Kleinen, die vor ihnen im Gras herumkrabbelten, und der verführerische Duft von frisch gebackenem Brot strömte aus den Bäckereien.
In Los Angeles, wo sie geboren wurde, war sie nur ein Gesicht unter vielen. In Springville hatte sie das Gefühl, als habe sie einen alten Freund wiedergefunden. Hierher passte und gehörte sie. Zumindest sollte sie das, dachte sie mit einem verstohlenen Seitenblick auf den Mann neben ihr.
Sie wusste, dass ihre Zeit hier bald vorbei sein würde. Denn wenn Hunter wieder weg und ihre Scheidung vollzogen wäre, gäbe es keinen Grund mehr zu bleiben. Daher würde sie am Ende des Monats diese Stadt verlassen. Auch Simon, für den sie hergekommen war. Es graute ihr jetzt schon vor den traurigen Blicken und all den Fragen ihrer Freunde, wenn es hieß, Abschied zu nehmen.
„Warum nur habe ich mich breitschlagen lassen, Sie in dieses Nest zu begleiten, statt Sie in die Stadt zu
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