Nur bei dir bin ich zu Hause
Tagträumen. „Sind Sie eigentlich schon von Geburt an so schlecht gelaunt, oder bin ich diejenige, die Ihre Launen erst zum Vorschein bringt?“
„Was?“ Verärgert blickte er sie an.
Wahrscheinlich glaubte er, sie einschüchtern zu können. Aber Margie hatte diesen Gesichtsausdruck mittlerweile schon zu oft gesehen. Er machte ihr keine Angst.
„Genau Sie meine ich. Warum sind Sie immer so schlecht gelaunt?“
„Ich bin nicht schlecht gelaunt“, sagte er und atmete langsam aus. „Verdammt, ich weiß selbst nicht, was ich bin.“ Kopfschüttelnd ließ er seinen Blick durch den Garten schweifen. Margie beobachtete ihn dabei.
Der hintere Teil des Anwesens war wundervoll. Die letzten Osterglocken blühten in allen denkbaren Gelbtönen. Der betörende Duft der Rosen lag in der Luft, und Akelei und Rittersporn wiegten ihre leuchtend bunten Köpfe im sanften Wind des Meeres. Es war ein zauberhafter Platz, den Margie über alles liebte.
„Sie sind wirklich gern hier, oder?“, fragte er.
„Ich liebe es.“
„Das habe ich auch mal.“ Er drehte sich um und betrachtete den Steinweg, der sich durch den Garten schlängelte. Margie, die direkt hinter ihm stand, war froh, dass er endlich mit ihr redete.
„Als ich noch ein Kind war“, sagte er nachdenklich, „war alles gut. Das Leben mit Simon.“
„Simon hat mir erzählt, dass Ihre Eltern ums Leben kamen, als Sie zwölf waren. Das muss furchtbar für Sie gewesen sein.“ Sie selbst konnte sich an ihre Eltern kaum erinnern, aber sie wusste, dass sie etwa drei Jahre alt gewesen sein musste, als sie, so wie Hunters Eltern, durch einen Autounfall starben. Sie hätte alles dafür gegeben, sich an sie erinnern zu können. Erinnerungen, die Hunter bestimmt besaß.
„Ja, das war es.“ Er blickte in den Himmel und betrachtete einen kurzen Moment lang die Wolken, die vorbeizogen. „Dann bin ich hierhergekommen. Ein guter Ort, um aufzuwachsen“, sagte er und berührte mit seiner Hand gedankenverloren einen dunkelblauen Rittersporn. „Hier gibt es viel Platz für ein Kind, um herumzutoben.“
„Das kann ich mir gut vorstellen.“ Aber eigentlich konnte sie das nicht. Sie, die in verschiedenen Pflegefamilien und Kinderheimen aufwachsen musste, hätte nie gewagt, überhaupt an so etwas zu denken.
Er hielt er inne und blickte über seine Schulter. „Wo kommen Sie eigentlich her?“
„Los Angeles“, antwortete sie und hoffte inständig, dass er es bei dieser Antwort belassen würde. Sie konnte aufatmen, es genügte ihm.
Er nickte. „Dann können Sie sich ja sicherlich vorstellen, wie klein und eng mir Springville vorkommt.“
„Ja, aber genau das hat mit so gefallen, als ich zum ersten Mal herkam. Nachdem ich auf die Stellenanzeige geantwortet hatte, habe ich mir Springville angesehen und mich sofort darin verliebt.“ Es war eine dieser Kleinstädte, von denen wahrscheinlich alle einsamen Menschen träumten. Ein Ort, an dem Menschen sich umeinander kümmerten. Wo man jemand war, der geschätzt wurde. Doch das sagte sie ihm nicht.
„Ich mag, dass es hier so klein ist. Großstädte sind sehr anonym.“
„Das ist ja das Großartige an ihnen“, sagte Hunter und schenkte ihr ein kleines Lächeln, das sie so noch nie bei ihm gesehen hatte. „In der Anonymität liegt immer auch ein Stück Freiheit. Keiner schert sich darum, was du tust oder wer deine verdammte Familie ist.“
„Ja, keiner interessiert sich für einen“, sagte sie leise.
„Eben. Das macht das Leben einfacher“, erwiderte er.
„Zu gehen und den Navy Seals beizutreten klingt auch nicht einfacher.“
Er lachte kurz auf. „Nein, das war es nicht.“
„Warum haben Sie es dann getan?“
„Wieso wollen Sie das eigentlich alles wissen?“ Er war so aufgewühlt, dass Margie gar nicht genau sagen konnte, welche unterschiedlichen Gefühle sich in seinem Gesichtsausdruck widerspiegelten. Als er wieder sprach, war sie zu wütend, um sich Gedanken darüber zu machen.
„Ich habe ja kapiert, warum Sie das hier tun. Fünf Millionen sind eine ganze Menge. Aber warum tun Sie Dinge, die nicht in der Jobbeschreibung standen?“
Sie holte tief Luft. Genauso gut hätte er ihr ins Gesicht schlagen können. Denn so fühlte es sich an, von ihm gekränkt zu werden. „Wie oft denn noch? Ich tue das hier nicht wegen des Geldes.“
„Schon gut, das sagten Sie bereits.“
„Aber Sie glauben mir nicht.“ Die Wahrheit stand ihm im Gesicht geschrieben.
„Weil ich Sie nicht kenne “, antwortete
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