Nur bei dir bin ich zu Hause
alles?“
Calvins störrisches graues Haar wehte im Wind, und er sah Hunter eindringlich an. „Also, wenn ich es mir genau überlege, dann wäre da vielleicht doch noch etwas.“
Fragend sah Hunter den alten Mann an. „Na dann, schießen Sie mal los.“
„Du denkst, ich sehe nicht, was um mich herum passiert? Junge, ich mag alt sein, aber doch nicht blind.“
„Was sehen Sie denn, Calvin?“
„Wie du die Kleine anschaust, wenn sie nicht zu dir guckt. Und wie, wenn sie dich anblickt. Deine Augen sehen dann plötzlich ganz kalt aus, und du drehst dich weg.“
Seit wann war Calvin so verdammt scharfsinnig? „Das bilden Sie sich ein.“
„Du glaubst also, ich sei verkalkt?“
„Nein“, sagte Hunter schnell. Gar nicht so einfach, ein harter Knochen zu bleiben, wenn man mit jemandem sprach, der einen seit seiner Kindheit kannte. „Es ist nur sehr … kompliziert.“
Heiser auflachend erwiderte Calvin: „Du hast immer schon gern aus einer Mücke einen Elefanten gemacht, Junge.“
„Was?“ Hunter lächelte und versuchte sich vorzustellen, was Calvin damit meinen könnte.
„Jede Kleinigkeit war bei dir immer mit viel Aufregung verbunden. Dir reichte nie, was du bereits hattest. Du hast immer schon nach dem Motto ‚schneller, höher, weiter‘ gelebt.“
Hunter hätte gern mit ihm gestritten, aber der alte Mann war viel zu klug. Hunter hatte sein ganzes Leben lang versucht, seinem Erbe aus dem Weg zu gehen und Springville hinter sich zu lassen. Es hatte ihm nie … gereicht. Er war süchtig nach Abenteuer, wollte immer ein anderer sein. Nicht der letzte Spross der Familiendynastie der Cabots.
Er hatte immer getan, was er tun musste, oder etwa nicht?! Sein ganzes Leben war bestimmt von wichtigen Aufgaben. Er hatte es allen gezeigt. Er betrachtete den Garten, dessen Rasen sich weit bis hin zur Klippe am Rand des Meeres erstreckte, und wunderte sich plötzlich, dass er sich hier immer eingeengt gefühlt hatte. Jetzt wirkte dieser Platz eigentlich sehr einladend.
Hunter grübelte darüber nach, warum ihn das alles so beschäftigte.
„Calvin?“
Der Klang von Margies Stimme brachte ihn vollends durcheinander. Er drehte sich zu ihr um und hatte merkwürdigerweise ein befreiendes Gefühl, das er nicht einordnen konnte.
Ein Sonnenstrahl schien genau auf die Stelle des Steinwegs, auf der sie stand. Hunter war sprachlos. Sie trug ein grünes Seidenhemd mit offenem Kragen und kurzen Ärmeln, das in einer eng anliegenden Leinenhose steckte. Ihr unglaublich fülliges Haar wehte im Wind und umgab sie wie ein schimmernder Heiligenschein aus Locken. Sie blickte zu ihm. Während Hunter sie ansah, versuchte er, möglichst desinteressiert auszusehen. Doch es gelang ihm nicht.
Wie hatte er nur auf die Idee kommen können, ihr neue Kleidung zu kaufen?
Margie spürte, wie ihr Herz bis zum Hals klopfte. Selbst aus der Entfernung erkannte sie, wie er um Selbstbeherrschung rang. Und irgendwo tief in ihr empfand sie sogar eine kleine Genugtuung darüber, dass ihr Anblick ihn offenbar aus der Fassung brachte.
Zunächst hatte sie sich unwohl in der Kleidung gefühlt, die ihre – ihrer Meinung nach – viel zu üppigen Kurven betonte. Sie war es nicht gewohnt, dass Leute – Männer – sie in einer Art ansahen, wie Hunter es gerade tat. Als Frau wurde sie normalerweise immer übersehen.
Aber zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte Margie sich schön. Dieses Gefühl war überwältigend, aber auch etwas furchteinflößend. Vor allem weil Hunter, unabhängig von dem, was er gerade denken mochte, nicht gerade glücklich aussah.
Aber immerhin war es seine eigene Schuld, ermahnte sie sich. Er war derjenige, der darauf bestanden hatte, Carlas halbe Boutique leer zu kaufen. Und er war derjenige, der zu jedem Teil, das sie ausgesucht hatte, Ja oder Nein sagte. Zu Beginn war das etwas anstrengend gewesen, doch dann hatte sie Geschmack daran gefunden, weil sein Blick immer begehrlicher wurde, wenn sie mit einem neuen Outfit aus der Kabine getreten war.
„Brauchen Sie etwas, Margie?“
„Bitte, was?“ Im ersten Moment war sie irritiert, weil sie nicht wusste, woher die Stimme kam. Hunter sah sie immer noch an, ohne ein Wort zu sagen. Erst nachdem sie den Blick von ihrem „Ehemann“ abgewendet hatte, sah sie den Gärtner, der sie wissend anlächelte.
„Calvin. Ja, ich hätte eine Bitte. Könnten Sie mir ein paar Blumensträuße als Dekoration für den morgigen Tanzabend zusammenstellen?“
„Mit dem größten
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