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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Asphalt auf, er wird tot sein und der Radfahrer wird stehen bleiben, sich umdrehen und entsetzt auf einen Körper im schwarzen Anzug schauen. Das ist glatter Selbstmord. Er will sterben, das ist sicher. Vielleicht überlebt er, bricht sich nur Knochen, hat dann Schmerzen, aber er will sterben. Das ist zu hoch für einen Hilfeschrei. Und wie er springt, er breitet die Arme aus, er will weg, Mosca, er will nicht mehr, er springt nirgendwohin.
    Nein, nein, du siehst das nicht richtig, sagte Mosca.
    Er war aufgeregt, wie konnte dieser Däne denken, Klein wollte sich umbringen, trivial und billig Selbstmord begehen, was für ein unglaublicher Gedanke.
    Er will nicht sterben, Onni, er will fliegen, schweben, er will alles Begrenzende verlassen, er will frei sein, er will eintauchen, unabhängig sein, dorthin, wo nichts mehr ist außer Leere, dort schweben, sich umhüllen mit Nichts. Er will nur frei sein.
    Du gefällst mir, sagte Onni. Fliegen, schweben, eintauchen, glaubst du wirklich, das funktioniert. Das ist in jedem Fall der falsche Weg, mein Lieber, das geht so nicht, nicht indem du aus einem Haus springst, das kann nicht gut enden, das führt nirgendwohin. Nur nach unten. Wenn du fliegen willst, schweben, eintauchen, dann komm mit mir.
    Onni schaute Mosca mit großen Augen an, löste seinen Gurt und nahm Moscas Hand.
    Komm mit, ich zeig es dir.
    Mosca spürte die Haut auf seiner Hand, knochige, warme Finger, die ihn nach oben zogen. Er schnallte sich ab und stand auf. Onni ging voraus, den Gang entlang nach hinten. Das Flugzeug war voll besetzt, eine kleine Maschine, viele neugierige Augen begleiteten sie. Onni hielt immer noch Moscas Hand. Mosca wusste nicht, was jetzt passieren würde, er war neugierig, aufgeregt ein wenig, er hielt die dänische Hand fest und ließ sie nicht los, es war ein schönes Gefühl, es war die erste Hand seit einem Jahr, die ersten Finger, die ihn berührten. Onni blieb stehen, er öffnete die Waschraumtür, schlüpfte in die enge Kabine und zog Mosca mit sich. Die Stewardess stand vor ihnen und lächelte, zuerst freundlich, dann gequält und angewidert. Sie hatte keine Zeit zu reagieren, etwas zu sagen, die Tür ging zu und der Riegel nach oben.
    Es war eng, sie berührten sich. Onni hatte seine Hand aus Moscas genommen, Mosca lehnte mit dem Rücken gegen die Tür und schaute Onni zu, wie er seine Hose aufknöpfte und nach unten schob. Unter einer schwarzen Unterhose sah man weiß eine Windel, wie sie unter dem Stoff herausschaute. Er zog die Unterhose hinunter. Mosca überlegte, ob er jetzt gehen sollte oder nicht, ob er sich ekeln sollte oder nicht, ob da Urin war irgendwo in dem flauschigen Plastikteil, das um Onni geschlungen war. Er entschied sich zu bleiben.
    Onni löste die Klebestreifen der Windel und klappte sie nach unten. Mosca tat nichts, er lehnte nur an der Tür und sah zu. Onni war beschäftigt, er hatte den Riegel nach oben geschoben und begonnen sich auszu­ziehen. Er hatte seine Hose nach unten geschoben, die Unterhose, die Windel ein wenig, dann stoppte er.
    Da war ein Plastiksäckchen mit einem Klebeband befestigt, dort, wo seine Hoden lagen. Er klappte die Windel nach vorne, löste das Säckchen und klappte die Windel wieder nach oben, klebte sie zu und setzte sich auf die Schüssel. Seine Hose heruntergelassen saß er da mit einem Säckchen Kokain in der Hand.
    Da sucht niemand, sagte er. Vor allem nicht, wenn sie voll ist.
    Mosca lehnte an der Tür und spürte das Bier in seinem Kopf, er war mit einem Dänen auf eine Flugzeugtoilette gegangen, lehnte an der Tür und würde jetzt Kokain schnupfen. Es gab nichts zu überlegen.
    Onni öffnete das Säckchen und schöpfte mit einem sehr kleinen Löffel weißes Pulver auf die Ablage neben dem Waschbecken.
    Wir werden gleich schweben, sagte er.
    Mosca machte es so wie Onni. Zwei lange Striche hinauf in seinen Kopf. Weit hinauf.
    Die Stewardess hatte sich entschlossen zu klopfen, sie stand vor der Tür und bat die beiden Männer höflich, den Waschraum zu verlassen, andere Fluggäste würden die Toilette benötigen und es sei nicht gestattet, sich zu zweit im Waschraum aufzuhalten. Sie hatte ihr Ohr an die Tür gepresst und sprach sehr leise.
    Wir sind gleich fertig, hörte sie die Männer sagen.
    Mosca spürte das Brennen in seiner Nase. Onni lächelte. Er begann zu stöhnen und lachte.
    Ja, wir kommen gleich, schrie er.
    Die Stewardess klopfte jetzt heftiger.
    Kommen Sie bitte umgehend heraus.
    Mosca spürte, wie es in

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