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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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zusammen weggehen. Er würde keine Tonnen mehr ausleeren, keinen Deckel mehr anheben, er würde nicht mehr nach Müll stinken. Nie mehr.
    Er trank das Glas leer, weil die Italienerin nichts sagte. Sie schaute nur, sie sagte nichts, deutete nur mit der Hand, bat um Geduld, bitte wartet noch einen Augenblick, gleich.
    Olivier leerte sich mehr Wein in das Glas und trank.
    Herta auch. Kurz schaute sie Olivier an. Kurz berührte sie ihn, als sie die Flasche aus seiner Hand holte. Sie mochte seine Haut, sie hatte sie oft berührt, als sie ihn massierte, sie war weich unter ihren Fingern. Sie berührte sie gerne und immer, wenn sie konnte. Sie leerte Wein in ihren Mund. Sie genoss es.
    Das Monochrom stand auf der Kommode. Ein brauner, hässlicher Einbauschrank. Olivier fragte wieder, und wieder bat sie ihn um Geduld.
    Ich zeige euch etwas, sagte Mirella.
    Sie stand auf, holte einen Schuhkarton aus dem Schrank und setzte sich zu ihren Füßen auf den Boden.
    Er hat mich geküsst, sagte sie. Klein.
    Sie öffnete den Deckel und nahm einen Stapel Fotografien in die Hand.
    Das ist er, und da sind die Bilder. Es waren Schwarzweißfotografien, aber als Olivier die Bilder an den Wänden sah, loderte seine Begeisterung wieder auf.
    Sie sind tatsächlich genau so groß und die Halterungen sind ungefähr da, wo die Löcher sind in unserem Bild.
    Es kam ruckartig aus ihm heraus.
    Und welcher ist Klein. Wer von denen ist dieser Maler. Der in der Mitte, sagte Mirella, das daneben ist mein Bruder, ich habe das Foto gemacht. An diesem Abend haben wir uns geküsst.
    Olivier nahm Mirella die Fotos aus der Hand und schaute sie durch. Auf jeder Fotografie suchte er nach den blauen Bildern an den Wänden, die Menschen auf den Fotos waren ihm nicht wichtig. Er suchte sein Bild, er suchte etwas, das gleich war, eine Schattierung, eine Unebenheit, irgendetwas, das ihm sagte, dass das Bild vor ihnen auf der Kommode eines von denen war, die da in dieser Galerie gehängt sind.
    Es war die Eröffnung der Ausstellung, sagte Mirella. Klein war so nervös. Er war selbstsicher und trotzdem war er nervös. Er war begeistert von seinen Bildern, aber er wusste nicht, wie sie ankommen würden, was Mailand dazu sagen würde, er war so angespannt. Als alles vorbei war, hat er mich geküsst, in der Teeküche. Er hat mich zu sich gezogen und mir einen Kuss auf meine Stirn gedrückt. Er hat sich im selben Moment entschuldigt dafür, er sei so glücklich, hat er gesagt. Sie verstehen mich, hat er gesagt. Dann ist er wieder hinaus und hat sich in der Begeisterung gebadet. Ich habe ihn beobachtet. Wie arrogant er war, wie überzeugt von sich, wie unbescheiden. Wie schön er war. Sie sind gekommen und haben sich langsam verzaubern lassen von dem Blau. Elf blaue Bilder. Sonst nichts. Und sie haben ihn dafür gefeiert. Ich war so überrascht, ich habe nichts gesagt, nur seine Lippen gespürt auf mir.
    Mirella wurde still.
    Später hat er dann geweint. Als alle weg waren.
    Er stand allein vor einem Bild. Er ist lange dagestanden und hat geweint.
    Mirella holte noch mehr Wein aus dem Schrank.
    Ich weiß nicht, warum er geweint hat, aber über eine halbe Stunde stand er einfach da, unbewegt, und hat das Bild angeschaut. Und er hat geweint.
    Olivier ist mit einer Fotografie in der Hand vor seinem Bild gekniet, in einer Hand das Foto, in der anderen den Wein. Er hat sich ganz nah zu dem Monochrom hingebeugt, um etwas anderes zu sehen als nur Blau. Aber da war nichts. Es war ohne Schattierung, es war durchgehend blau, die Farbe gleichmäßig aufgetragen, nichts, das ihm geholfen hätte.
    Wissen Sie, was so ein Bild kostet, fragte er, ohne Mirella anzuschauen.
    Er trank und verschluckte sich, als sie es ihm sagte.
    Ist es echt, fragte er wieder.
    Ich weiß es nicht, sagte sie. Ich weiß nur, dass es wunderschön ist.
    Sie beugte sich nach vorn und berührte das Blau. Ihre Finger strichen zart über die Leinwand, der Farbe entlang nach unten. Olivier war enttäuscht, durcheinander, es war nicht das, was er hören wollte, er wollte hören, dass es echt war. Noch einmal füllte er sein Glas. Auch das von Herta. Sie schauten sich an.
    Lass dir Zeit, sagte sie mit ihren Augen. Morgen werden wir es wissen. Lass uns trinken.
    Auf die Kunst und die Liebe, sagte sie zu Mirella hin und hielt das Glas in ihre Richtung, um mit ihr anzustoßen.
    Sie haben sich in ihn verliebt, sagte Herta. Er hat Sie verzaubert.
    Bis heute, sagte Mirella. Es sind diese Bilder. Und es ist dieser Mann. Als

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