Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
der Polizei gemeldet?«
»In der Brieftasche befand sich nichts Wertvolles. Ein bisschen Bargeld, aber ich rechnete nicht damit, es zurückzubekommen.«
»Und am Ende haben Sie es doch zurückbekommen?«
»Offenbar gibt es ehrliche Menschen.«
»Wissen Sie, wer Ihre Brieftasche hier abgegeben hat?«, fragte Hamad.
»Anscheinend jemand, der anonym bleiben wollte.«
»Haben Sie ein Vorstellung, um wen es sich gehandelt haben könnte?«
»Nein.«
Kurze, präzise Antworten, keine unnötigen Abschweifungen. Sören Andersson war ein wortkarger Mensch oder jemand, der sehr genau darauf achtete, nicht zu viel zu erzählen. Hamad hielt es für angebracht, die Vernehmung zu beenden.
*
Wenn man einen nächtlichen Spaziergang mit einem Kinderwagen im Vitabergspark unternimmt, wohnt man nicht sehr weit davon entfernt, fasste Petra Westman zusammen. Wenn man nicht zufällig zu Besuch war, aber dann wäre man sehr schnell von jemandem vermisst worden. Wenn man seine Nachmittage außerdem im Blecktornspark zu verbringen pflegt, unterstützt das diese Theorie.
Einige Hinweise waren hereingekommen, nachdem die Ze itungen begonnen hatten, von dem Vorfall zu berichten, aber sie hatten allesamt nichts erbracht. Petra hatte sämtl iche Kinderkliniken besucht, die in vertretbarem Abstand zum Vitabergspark lagen. Die privatärztlichen Alternativen, die es hier und da in der Stadt gab, waren ebenfalls alle abgehakt worden. Darüber hinaus hatte sie einige Kinderkrankenschwestern, die in den letzten Tagen nicht bei der Arbeit gewesen waren, zu Hause besucht und sie gefragt, ob sie den Jungen und seine Mutter wiedererkannten. Überall war die Ausbeute gleich null.
Sie hatten keine Zeugen, keine Namen. Es war höchste Zeit, die Bilder an die Medien zu geben und die Öffentlichkeit um Hilfe zu bitten. Jemand würde das Bild einer toten Frau in der Zeitung sehen und so erfahren, dass er seine Frau verloren hatte. Jemand würde den Fernseher einschalten und in das bleiche Antlitz seiner toten Tochter blicken. Das war nicht gut. Aber irgendetwas müssen sie schließlich tun, um voranzukommen. Alles andere war unverantwortlich.
Das war einer der Gründe dafür, dass Petra in die Wache zurückgekehrt war, obwohl es immer noch einige Kinderkrankenschwestern abzuklappern gab. Um den Plan mit Sjöberg zu diskutieren. Um ihn um Hilfe bei der Rekonstruktion des Unfalls mit Fahrerflucht zu bitten, wenn es denn ein Unfall gewesen war. Aber etwas Unheilschwangeres hatte in seiner Stimme mitgeklungen. Dieser Unterton hatte bewirkt, dass sie Schwierigkeiten gehabt hatte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Er hatte sie gebeten, sich zu einer Unterredung einzufinden, also konnte sie genauso gut den Stier bei den Hörnern packen.
Mit einem leichten Schaudern ging sie an Sjöbergs Tür vorbei, als sie den Flur hinunterging. Die Tür war angelehnt, und sie hörte, wie er sich dort drinnen mit jemanden unterhielt. Ruhig und freundlich. Sie ging in ihr eigenes Büro, hängte ihre Jacke an den Haken hinter der Tür und setzte sich an den Schreibtisch, um sich zu sammeln. Ihr Mund war trocken, das Herz klopfte so hart, dass sie es in den Ohren hörte, sie konnte sich nicht erinnern, seit ihrer Führerscheinprüfung jemals so nervös gewesen zu sein. Es war wichtig, bei Sjöberg einen Stein im Brett zu haben. Es war schwierig, es nicht zu haben, denn es fiel ihm leicht, Menschen zu mögen, sie als diejenigen zu schätzen, die sie waren. Er war ein Mensch, den man nicht enttäuschen wollte, aber Petra hatte irgendwie das mulmige Gefühl, genau dies getan zu haben.
Ein leichtes Klopfen an der Tür ließ sie fast aus ihrem Stuhl springen.
»Nervös?«, fragte Gunnar Malmberg, der stellvertretende Polizeidirektor, mit einem Lächeln, dem jede Wärme fehlte.
Petra lachte und schüttelte den Kopf.
»Nein, ich war nur in Gedanken.«
Er kam herein und setzte sich ihr gegenüber auf den Besucherstuhl.
»Da geht einem manches im Kopf herum, kann ich mir denken.«
Das Lächeln war bereits restlos aus seinem Gesicht verschwunden.
»Ja, ich arbeite ganz intensiv an einem Fall …«
»Du hast anscheinend auch noch andere Sachen am Laufen.«
Petra verstand nichts mehr, wand sich ein bisschen in ihrem Stuhl, ohne dass ihr irgendeine Idee kam, was sie darauf erwidern sollte.
»Neben der Arbeit.«
Er hatte sich bequem in seinem Stuhl zurückgelehnt, die Beine gespreizt und die Hände über dem Bauch gefaltet. Nett und adrett in einem sorgfältig
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