Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
waren rotblond, dünn und sahen verweht aus.
»Ich möchte mit Ihnen reden, weil Sie am Wochenende während der Überfahrt nach Finnland Passagier auf der Fähre waren, auf der ein junges Mädchen tot aufgefunden wurde«, sagte Jamal, nachdem sie sich an seinem Schreibtisch niedergelassen hatten.
»Aha«, antwortete der Mann ohne wahrnehmbare Reaktion.
»Sie sind von der finnischen Polizei sicher darauf vorbereitet worden, dass Sie möglicherweise ein weiteres Mal befragt werden würden?«
»Ja, davon war die Rede.«
»Im Augenblick befragen wir alle Männer, die ohne Begleitung über die Ostsee gereist sind, und soweit ich weiß, trifft das auch für Sie zu?«
»Das stimmt.«
Der Mann ließ in keiner Weise erkennen, ob er sich unwohl fühlte oder ob ihn die Fragen, die er beantworten musste, nervös machten. Hamad überlegte, dass Sören Andersson entweder ein sehr guter Schauspieler war oder dass er tatsächlich nichts von der Polizei zu befürchten hatte.
»Was war der Zweck Ihrer Reise?«, fragte Hamad.
»Tja, es war in jederlei Hinsicht eine Vergnügungsreise«, antwortete der Mann gelassen.
»Und womit haben Sie sich die Zeit vertrieben? Haben Sie jemanden getroffen?«, fuhr Hamad fort.
»Nein, niemand Speziellen. Ich habe eine ganze Menge getanzt, gegessen und getrunken. Habe an den Daddelautomaten gespielt.«
»Haben Sie etwas gewonnen?«
»Nicht viel.«
»Jennifer Johansson, so heißt das Mädchen, wurde in einer der Bars zusammen mit einem Mann in Ihrem Alter gesehen. Waren Sie dieser Mann?«
»Nein.«
»Sind Sie sich da ganz sicher?«
»Wie gesagt, ich habe mich mit niemandem getroffen. An der Bar habe ich immer nur alleine gesessen.«
»Unsere Zeugen würden Sie also nicht als diesen Mann identifizieren können?«
»Wie sollte das möglich sein?«
Der Mann war kalt wie ein Eisblock, wies keinerlei Anzeichen von Unsicherheit auf.
»Sie haben also getanzt?«, fuhr Hamad fort.
»Ja, ein bisschen.«
»Mit jemand Bestimmtem?«
»Mit verschiedenen Damen.«
»Wie viele waren das?«
»Vielleicht fünf.«
»Haben Sie sich mit ihnen unterhalten?«
»Höchstens ein paar Worte.«
»Sie haben nicht mit Jennifer Johansson getanzt?«
»Nein.«
»Da sind Sie sich sicher?«
»Ja.«
Hamad bat ihn, im Detail zu erzählen, was er auf der Reise alles gemacht hatte. Er hatte alleine in einer Zweibettkabine übernachtet und sich gegen ein Uhr in der Mordnacht schlafen gelegt.
Der Mann sah ganz normal aus. Nichts an seinem Äußeren oder in seinem Verhalten erweckte besondere Aufmerksamkeit. Er zeigte ihm eine Fotografie von Jennifer Johansson und eine weitere, auf der die Kleider abgebildet waren, die sie in der Tatnacht getragen hatte.
»Erkennen Sie sie wieder?«
»Nein«, antwortete der Mann ruhig. »Das Bild habe ich schon einmal gesehen, aber das Mädchen noch nie.«
Für Hamad blieb nicht mehr viel zu tun, also ging er zu Sören Anderssons eigentlichem Anliegen über, das ihn in die Polizeiwache geführt hatte. Wie nebenbei fragte er halb teilnahmsvoll, halb scherzhaft: »Und dann haben Sie noch Ihre Brieftasche verloren. Ist das auf dem Boot passiert, oder …?«
»Nein, das war vorher.«
»Sind Sie bestohlen worden?«
»Das glaube ich nicht. Wahrscheinlich habe ich sie irgendwo liegen lassen oder verloren.«
Er antwortete gelassen und sachlich, ohne den Blickkontakt zu meiden, aber Hamads Lächeln blieb unerwidert. Sören Andersson zeigte keine Symptome von Nervosität.
»Wo könnte das passiert sein, was glauben Sie?«
»Keine Ahnung. Ich habe es erst am folgenden Tag bemerkt.«
»Und das war am …«
»Samstag.«
»Sie haben sie also am Freitag verloren?«
»Ja, so muss es gewesen sein.«
»Wann ist es Ihrer Einschätzung nach genau passiert?«
»Nachmittags oder am Abend.«
»Wann haben Sie Ihre Brieftasche das letzte Mal gesehen, wenn ich es so ausdrücken darf?«
»Als ich gegen vier Uhr eingekauft habe.«
»Sie waren abends außer Haus?«
»Ich habe einen Spaziergang gemacht.«
»Allein?«
»Allein.«
»Sie haben keine Familie?«
»Doch. Frau und Kind.«
»Aber die wollten Sie nicht auf der Finnlandtour begleiten?«
»Sie hatten anderes zu tun.«
»Woher hatten Sie das Geld für die Reise, nachdem Sie Ihre Brieftasche verloren hatten?«
»Meine Kreditkarten waren nicht in der Brieftasche.«
»Wo bewahren Sie sie normalerweise auf?«
»Ich lasse sie zu Hause, wenn ich glaube, dass ich sie nicht brauchen werde.«
»Warum haben Sie den Verlust nicht bei
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