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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung Kostenlos Bücher Online Lesen
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nur Sächsisch, sondern auch Irisch, Lateinisch und Griechisch. Und er ist gesetzeskundig. Wäre er nicht in den Stand der Geistlichkeit eingetreten, hätte er den Rang eines gerefa oder Friedensrichters errungen. Erzbischof Deusdedit hat mir versichert, daß er schon so manche undurchsichtige Begebenheit aufgeklärt hat. Also, was sagt Ihr, Schwester Fidelma? Hättet Ihr etwas dagegen, mit einem solchen Mann zusammenzuarbeiten?»
    Fidelma war unentschlossen.
    «Solange wir beide die Wahrheit als Ziel vor Augen haben … Wie steht er zu Eurem Vorschlag?»
    «Das fragen wir ihn am besten selbst. Ich habe nach ihm rufen lassen und ihn gebeten, draußen zu warten. Ich denke, inzwischen müßte er eingetroffen sein.»
    Oswiu ging zur Tür. Schwester Fidelma rang erstaunt nach Luft, als der junge Mönch, den sie am Vorabend im Kreuzgang der Abtei getroffen hatte, ins Zimmer trat und sich vor dem König verneigte. Als er den Kopf hob und sein Blick auf Fidelma fiel, spiegelte sich in seinem Gesicht ganz kurz das gleiche Erstaunen, ehe es wieder zu einer undurchdringlichen Maske wurde.
    «Das ist Bruder Eadulf», stellte Oswiu auf irisch den Neuankömmling vor. «Bruder Eadulf, das ist Schwester Fidelma, die dálaigh, von der ich bereits gesprochen habe. Seid Ihr bereit, mit ihr zusammenzuarbeiten und dabei zu bedenken, wie wichtig es ist, daß der Fall so bald wie möglich aufgeklärt wird?»
    Als Fidelmas Blick auf Bruder Eadulfs braune Augen fiel, verspürte sie dieselbe seltsame Erregung wie am vergangenen Abend.
    «Ja, ich bin zur Zusammenarbeit bereit», antwortete er in einem volltönenden Bariton. «Vorausgesetzt, daß Schwester Fidelma ebenfalls einverstanden ist.»
    «Schwester?» drängte Oswiu.
    «Wir sollten sofort mit den Ermittlungen beginnen», entgegnete Fidelma betont ruhig und versuchte mit aller Macht, ihre Verwirrung zu verbergen.
    «Ich bin ganz Eurer Meinung», stimmte Oswiu ein. «Ihr handelt von nun an in meinem Namen und habt die ausdrückliche Erlaubnis, jeden ohne Ansehen seines Ranges ausführlich zu befragen. Meine Krieger stehen bereit, Eure Befehle auszuführen. Ehe ich mich zurückziehe, möchte ich nur noch einmal betonen, wie sehr die Aufklärung des Verbrechens drängt. Jede Stunde, in der Gerüchte und Vermutungen ungehindert die Runde machen, stärkt die Feinde des Friedens und bringt uns dem Bruderkrieg näher.»
    Mit einem letzten durchdringenden Blick unterstrich Oswiu die Bedeutung seiner Worte, dann wandte er sich um und verließ das Gemach der Äbtissin.
    Schwester Fidelmas Gedanken überschlugen sich. Es gab so viel zu tun, und dabei hatte sie noch nicht einmal begriffen, daß Étain wirklich tot war.
    Plötzlich bemerkte sie, daß Äbtissin Hilda, Bischof Colmán und Bruder Eadulf sie erwartungsvoll anstarrten.
    «Verzeihung?» Offenbar hatte ihr jemand eine Frage gestellt.
    «Ich wollte wissen, wie Ihr vorzugehen wünscht», wiederholte Äbtissin Hilda.
    «Als erstes sollten wir wohl den Tatort in Augenschein nehmen», sprang Bruder Eadulf in die Bresche.
    Verärgert darüber, daß er an ihrer Statt geantwortet hatte, knirschte Fidelma mit den Zähnen.
    Der Sachse hatte natürlich recht, aber sie hatte nicht vor, sich von ihm etwas vorschreiben zu lassen. Fieberhaft sann sie auf einen anderen Vorschlag, bloß um ihm zu widersprechen, aber ihr fiel nichts Passendes ein.
    «Ja», nickte sie schließlich widerwillig. «Wir werden uns Äbtissin Étains cubiculum ansehen. Ist dort seit dem Fund der Leiche irgend etwas verändert worden?»
    Hilda schüttelte den Kopf.
    «Nicht daß ich wüßte. Soll ich Euch begleiten?»
    «Das ist nicht nötig», antwortete Fidelma rasch, um Bruder Eadulf die Möglichkeit zu nehmen, ein weiteres Mal für sie zu antworten. «Wir lassen es Euch wissen, wenn wir irgend etwas brauchen.»
    Ohne Eadulf eines Blickes zu würdigen, wandte sie sich zum Gehen.
    Eadulf verneigte sich vor Äbtissin Hilda und Bischof Colmán und beeilte sich, ihr zu folgen.
    Als sich die Tür hinter den beiden schloß, schürzte Colmán die Lippen.
    «Es kommt mir so vor, als würden wir einen Wolf und einen Fuchs gemeinsam auf Hasenjagd schicken», sagte er langsam.
    Äbtissin Hilda lächelte schwach.
    «Es würde mich interessieren, wen Ihr für den Wolf und wen für den Fuchs haltet», sagte sie.
     

VII
     
    Vor der Tür zu Äbtissin Étains cubiculum hospitale blieb Fidelma stehen. Auf dem Weg durch die düsteren Gänge und Flure hatte sie mit dem sächsischen Mönch kein

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