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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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hinter Gittern sitzt, werden sie in der Regel wieder lockerer und sorgloser. Sie sind so erleichtert, dass sie achtlos, ja regelrecht dumm werden. Und dumme Leute sind gute Opfer.
    Hatte ich schon erwähnt, dass ich mein nächstes Opfer bereits ausgeguckt habe?
    Aber zurück zu Fiona.
    Fiona war wie erwartet keine große Stimmungskanone.
Und auch keine große Herausforderung. Ich war offen gestanden enttäuscht. Es war beinahe zu leicht. Sie war nicht das, was man eine Kämpferin nennt, nicht einmal, als es darum ging, um ihr Leben zu kämpfen. Vermutlich hatten die jahrelangen Misshandlungen sie zermürbt.
    »Cal hat mich geschickt, um Sie abzuholen«, erklärte ich ihr. Sie wirkte nicht besonders überrascht, mich zu sehen. Sie stand einfach da mit ihrem leeren Gesichtsausdruck, als wüsste sie nicht genau, wer ich bin. Vielleicht hatte sie auch schon vor langer Zeit gelernt, nicht zu viele Fragen zu stellen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie wenige Minuten nach meinem Eintreffen bewusstlos auf dem Küchenfußboden lag. Niemand hat mich gesehen. Das ist das Gute an Carports.
    (Ich frage mich, wie lange es dauert, bis man im naturwissenschaftlichen Trakt der Torrance High bemerkt, dass der Chloroformvorrat dezimiert ist, wie man so sagt? Wahrscheinlich erst nächstes Jahr, wenn der Quatsch mit dem Frösche fangen und sezieren wieder losgeht, und bis dahin brauche ich keins mehr.)
    Ich hatte jedenfalls alles für sie vorbereitet, als wir in dem Haus ankamen. Sie schlief natürlich noch, sodass das ganze Ausmaß meiner Anstrengungen an sie ein wenig verschwendet war, weswegen ich ihr allerdings keinen Vorwurf machen kann. Und ich muss sagen, dass sie bewusstlos ziemlich hübsch aussah. Ganz friedlich. Ihr Gesicht war glatt und faltenlos. Ihre Haare waren frisch gewaschen und dufteten wie ein Potpourri aus Pfirsichen und Aprikosen. Sie trug ein hauchdünnes blaues Nachthemd – ein Nachthemd am helllichten Tag, Herrgott noch mal -, und wenn man genau hinsah, konnte man ihre Brustwarzen erkennen. Ihre Brüste waren echt und größer, als ich gedacht hatte.
    Ich legte sie auf die Pritsche und breitete sogar eine Decke über ihre Schulter, weil ich mich erinnere, gelesen zu haben, dass es immer klug ist, sich zuzudecken, wenn man ein Nickerchen macht, sonst fängt man sich eine üble Erkältung ein.
Und das ging nun gar nicht. Ich wollte doch nicht, dass die arme, süß duftende Fiona sich den Tod holt.
    Also deckte ich sie zu und sorgte dafür, dass der Plastikeimer neben ihrer Pritsche sauber war. Ich habe sogar eine Rolle Toilettenpapier daneben liegen lassen, damit sein Verwendungszweck völlig klar war. Außerdem habe ich mehrere Flaschen Wasser – ebenfalls aus Plastik – ans Fußende der Pritsche gestellt, falls sie nach dem Aufwachen Durst haben sollte. Dann habe ich mich in meinen Raum im Erdgeschoss zurückgezogen und darauf gewartet, dass sie die Augen aufschlug. Junge, das war vielleicht eine Enttäuschung! Ich meine, sie zeigte überhaupt keine Reaktion. Null. Nichts. Nada. Es war absolut erstaunlich. Sie öffnete einfach die Augen und richtete sich auf, als ob sie ihr Leben lang in diesem Raum aufgewacht wäre. Sie hat sich nicht einmal umgesehen, sondern leicht vorgebeugt einfach auf dem Rand der Pritsche gesessen, ohne dass ihre Füße den Boden berührten, als ob sie am Ende eines Piers hocken und die Beine über den Rand baumeln lassen würde. Und dann nach zwanzig Minuten – zwanzig Minuten! – hob sie endlich den Blick und begann, ihre Umgebung zu betrachten. Ganz langsam, als ob sie alle Zeit der Welt hätte, wandte sie den Kopf in diese oder jene Richtung, blickte nach rechts und links, zur Decke und schließlich wieder auf ihre Füße. Sie registrierte den Eimer und die Wasserflaschen, ohne zu reagieren. Sie saß einfach da und machte sich mit ihrer Lage vertraut. Und was tat sie dann, anstatt aufzuspringen, zu schreien und im Kreis zu rennen wie die gefangene kleine Maus, die sie war? Sie legte sich hin und machte die Augen zu! Sie schlief tatsächlich wieder ein! Kann man das glauben?
    Zunächst hielt ich es für eine Art Trick. Ich dachte, dass sie gerissener und schlauer war, als ich geahnt hatte. Ich meine, wer wacht an einem fremden Ort auf und gerät nicht in Panik oder steht zumindest auf, läuft herum, versucht, die Tür zu öffnen und ruft um Hilfe? Wer schließt einfach die Augen
und nimmt sein Schicksal ergeben an? Ich sage Ihnen, wer – Fiona Hamilton.
    Da hockte ich also

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