Nur Der Tod Kann Dich Retten
fand, dass er echt gut aussah. Das hört sich jetzt bestimmt so an, als wäre ich schrecklich oberflächlich«, entschuldigte sie sich, als wäre sie die Einzige, die sich je wegen seines guten Aussehens in einen anderen Menschen verknallt hätte. »Ich habe ihn immer angestarrt, wenn er meinem Vater das Essen gebracht hat. Eines Tages hat er mich dabei erwischt und sich mit mir nach Feierabend verabredet. Wir haben angefangen, zusammen rumzuhängen. Nach dem Tod meines Vaters ist er bei mir und meinem Bruder eingezogen. Aber die
beiden haben sich gestritten, und Randy hat verlangt, dass Cal auszieht. Also bin ich mit ihm gegangen. Wir sind in eine Souterrain-Wohnung gezogen, aber dann hat Cal sich mit dem Vermieter angelegt, und wir mussten da auch wieder ausziehen.«
»Hört sich so an, als würde sich Cal öfter mit Leuten anlegen«, vermutete ich.
»Er ist jähzornig. Er hat es gern, wenn alles auf eine bestimmte Weise gemacht wird. Und er mag keine Ausreden.«
»Wann seid ihr nach Florida gezogen?«
»Vor ein paar Jahren. Cal meinte, es wäre das Land der Möglichkeiten.«
»Und was hast du gesagt?«
Sie zuckte die Achseln. »Mir war es egal, wo wir wohnen.«
»Du hattest nichts dagegen, all deine Freunde zurückzulassen?«
»Ich hatte eigentlich gar keine Freunde«, sagte Fiona wehmütig. »Ich hatte ein paar Freundinnen bei der Arbeit – ich war Empfangsdame in einem Frisörsalon -, aber nachdem ich meinen Job aufgegeben habe, habe ich sie eigentlich nie mehr getroffen.«
»Warum hast du deinen Job aufgegeben?«
»Cal hat es nicht gern gesehen, dass ich arbeite. Mein Vater war genauso. Er hat meine Mutter auch nicht arbeiten lassen. Er meinte, ihr Job wäre es, sich um ihn zu kümmern.«
»Stimmt es, dass Cal dich geschlagen hat?«
»Nur wenn ich es verdient hatte«, sagte Fiona rasch.
»Und wann war das?«
»Wenn ich nicht zugehört habe, wenn ich etwas Falsches gemacht habe, wenn ich ihm das Leben schwer gemacht habe.«
»Und wie hast du ihm das Leben schwer gemacht?«
Sie wurde rot. »Na ja, also...«
»Beim Sex, meinst du?«
»Manchmal habe ich irgendwas nicht richtig gemacht. Manchmal hat er mir wehgetan, und ich habe geschrien. Das mochte er nicht. Er meinte, das würde die Stimmung verderben.«
»Was musstest du denn alles für ihn machen?«
»Manchmal hat er mich von hinten genommen«, antwortete sie mit monotoner Stimme, als ob sie eine Einkaufsliste vorlesen würde. »Oder er hat mich gefesselt und mich mit verschiedenen Sachen gepiekst. Manchmal hat er mich mit seinem Gürtel geschlagen. Manchmal hat er gebissen.«
Ich konnte meinen Ekel kaum verhehlen. »Er ist ein Tier.«
»Ich habe es verdient. Ich hätte mich mehr anstrengen müssen.«
»Was hättest du noch tun können?«
»Ich habe die Inspektion nicht immer bestanden.«
»Was?«
»Wir hatten jeden Tag eine Inspektion.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Cal hat gesagt, dass er nur so sicher sein könnte.«
»Sicher?«
»Dass ich ihm nicht untreu war.«
»Wovon redest du? Was für eine Inspektion?«
»Ich musste mich nackt ausziehen und aufs Bett legen.« Tränen der Scham rollten über Fionas Wangen. »Dann hat er hinter meinen Ohren nachgesehen, in meinem Mund.« Sie atmete tief ein. »Zwischen meinen Beinen.«
Nun, ich muss zugeben, dass ich mich beinahe an Ort und Stelle übergeben hätte. Diese kranken Typen. Man fragt sich doch, was den Leuten noch alles einfällt. Oh, ich weiß, er wurde als Kind wahrscheinlich selbst missbraucht. So läuft das doch normalerweise, oder? Er tut nur das, was seine Natur ihm befiehlt. Trotzdem muss man Leute wie ihn aufhalten. Er ist eine Bedrohung, eine echte Gefahr für die Gesellschaft und der ganze Mist. Er hat es verdient, im Gefängnis zu verfaulen.
Ich möchte gern glauben, dass ich diesbezüglich meinen Beitrag geleistet habe.
Aber mein Ekel galt offen gestanden nicht nur Cal. Ebenso abgestoßen war ich von seiner Frau. Ich meine, sich so aufzugeben, derart perversen Forderungen nachzugeben, einfach still dazuliegen und sich inspizieren zu lassen wie ein Stück Fleisch! Sie hat mich angewidert. Und ich glaube, dieser Widerwillen muss in meinen Augen aufgeflackert sein, weil sie mich plötzlich traurig anlächelte und fragte: »Werde ich jetzt erschossen?« Dann fügte sie noch hinzu. »Schon gut. Keine Sorge.« Als ob sie mir die Erlaubnis geben würde, Herrgott noch mal. Als würde sie es verstehen. Als wäre sie einverstanden.
Was das Ganze irgendwie ad absurdum
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