Nur Der Tod Kann Dich Retten
lebhaften Auseinandersetzung werfen sehen, und jeder von ihnen hatte sich vermutlich nur mit Mühe ein Grinsen verkneifen können. In ihrer Gegensätzlichkeit wirkten die beiden Männer wie ein Komikerpaar. Sean Wilson war ungefähr zehn Jahre jünger, zwanzig Kilo leichter und einen guten Kopf kleiner als John Weber. Er hatte eine dichte, dunkelbraune Mähne, während das Haupthaar des Sheriffs sichtlich ausdünnte. Er trug einen eleganten dunkelgrünen Anzug, während John wie üblich seine zerknitterte Dienstuniform anhatte. Und auch wenn die von Natur aus tiefe Stimme des Sheriffs das mädchenhaft aufgeregte Kieksen des Bürgermeisters noch betonte, waren die rhetorischen Spitzen, die er mit der Frequenz einer Maschinengewehrsalve abfeuerte, nichtsdestoweniger fatal.
»Ich erwarte, dass Sie diesen Fall lösen«, erklärte er John, als ob dieser sonst nicht auf den Gedanken gekommen wäre, »und dass die Stadt wieder zur Normalität zurückkehrt.«
»Genau das versuche ich zu tun.«
»Und was genau tun Sie?«
John grub die Finger in seine Schenkel, um dem Bürgermeister nicht einfach eine zu verpassen. Und er hatte den Mann auch noch gewählt. »Nun, lassen Sie mich sehen«, begann er, »wir haben Lianas Familie, ihre Freundinnen, ihre Exfreunde, Mitschüler, Nachbarn, Lehrer, den Schuldirektor sowie Cal Hamilton und Peter Arlington in den meisten Fällen nicht nur einmal, sondern mehrmals befragt...«
»Und was ist mit Peter Arlington?«
»Was soll mit ihm sein?«, fragte John zurück.
»Nun, er war ihr Freund. Sie hatten sich gestritten. Scheint mir der Hauptverdächtige zu sein.«
»Nur hat Peters Vater leider bestätigt, dass er ihn am Tag vor Lianas Verschwinden von der Schule abgeholt hat, weil sie zu einem Baseballspiel nach Miami gefahren sind, was sie jedoch vor Ende verlassen mussten, weil Peter Magenschmerzen hatte. Seine Mutter sagt, dass Peter am nächsten Tag zu Hause geblieben sei und sie von der Arbeit mehrmals angerufen habe, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Sie sagt, sie sei in der Mittagspause nach Hause gefahren und hätte ihren Sohn schlafend angetroffen.«
»Ich nehme an, Sie haben die Kartenabrisse und die Telefonunterlagen überprüft.«
»Selbstverständlich.« John schüttelte den Kopf. Dank Fernsehserien wie Law & Order und CSI gerierte sich heutzutage jeder wie ein Experte in polizeilicher Ermittlungsarbeit.
»Was ist mit Greg Watt und Joey Balfour?«
»Sie behaupten, sie wären zum Zeitpunkt von Lianas Verschwinden zusammen gewesen.«
»Wie praktisch. Können sie es beweisen?«
»Wir können ihnen nicht das Gegenteil nachweisen.«
»Und Cal Hamilton?«
»Sagt, er hätte seine Lieferanten abgeklappert.«
»Und stimmt das?«
»Wir überprüfen es noch.«
»Vielleicht sollten wir uns doch mit dem FBI in Verbindung setzen.« Es war nicht das erste Mal, dass der Bürgermeister diesen Vorschlag machte.
Und ehrlich gesagt hatte John im Laufe der letzten Woche auch selbst schon mehrmals daran gedacht, es jedoch jedes Mal wieder als voreilig verworfen. »Ich denke, es ist noch ein bisschen früh, um die Truppen zu rufen.«
Der Bürgermeister senkte den Kopf, als hätte er Angst, den Sheriff direkt anzusehen. »Wenn wir unser Ego vielleicht für ein paar Minuten hintanstellen könnten -«
»Das hat nichts mit Ego zu tun«, unterbrach John ihn. Jedenfalls nicht mit meinem , verkniff er sich nur mit Mühe.
»Mal ganz ehrlich«, fuhr der Bürgermeister fort, »Sie sind nicht mehr der Jüngste, nicht mehr so agil wie früher. Und Sie haben Probleme zu Hause.«
»Probleme zu... wovon reden Sie?« Wusste die ganze Stadt von seinen Schlachten mit Pauline, seinen Sorgen um Amber und seiner Affäre mit Kerri Franklin? Wahrscheinlich, gestand er sich stumm ein. In einer Stadt wie Torrance wusste jeder so ziemlich alles über die Angelegenheiten der anderen. Aber glaubten die Leute wirklich, weil er unfähig war, sein Privatleben zu regeln, wäre er auch in seinem Job überfordert?
»Sie machen das schon sehr lange«, sagte der Bürgermeister. »Vielleicht zu lange.«
»Man könnte es auch wertvolle Erfahrung nennen.«
»Man könnte es auch Burn-out nennen.« Sean Wilson machte eine Pause, als erwartete er einen Einwand, und fuhr, als dieser ausblieb, fort: »Außerdem sind Sie es weiß Gott nicht gewohnt, sich mit einem Verbrechen dieser Größenordnung herumzuschlagen. Serienmörder liegen wohl doch ein bisschen außerhalb Ihres Spezialgebiets.«
»Es gibt
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