Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding

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ihm bedeutet, dass sie sich tatsächlich für ihn interessierte , oder hatte sie nur einen Begleiter gesucht, der sie heil zum anderen Ende des Parks eskortierte?
    »Wer weiß?«, sagte er, als er den Rückweg durch den Park antrat. Wer zum Teufel weiß schon, was im Kopf einer Frau vor sich geht , hörte er seinen Vater murmeln.
    Er hatte den Park beinahe ganz durchquert, als er eine Gestalt sah, die an einer großen Königspalme lehnte und in die Büsche jenseits des Wegs starrte. »Scheint ja sehr interessant zu sein«, sagte Tim, als er sich vorsichtig näherte.
    »Was findest du denn interessant?«, kam die gemessene Antwort.
    Tim zuckte die Achseln und bereute es, gefragt zu haben. Er hätte es besser wissen müssen. Brian Hensen war ein komischer Typ. »Soweit ich weiß, machen unsere Mütter einen Ausflug zusammen.«
    Brian drehte die Schultern zu ihm, ohne die Position seiner Hüften oder Füße zu verändern, was ziemlich schmerzhaft aussah. »Glaub schon.«
    »Hat deine Mutter Freunde in Fort Lauderdale?« Tim versuchte, die Frage möglichst beiläufig klingen zu lassen. Er
lehnte sich an den Baum und hoffte, ein paar Informationen darüber zu bekommen, was genau seine Mutter eigentlich machte. Gleichzeitig konnte er so für einen Moment sein schmerzendes Bein entlasten.
    »Nicht dass ich wüsste. Warum?«
    »Ich dachte, dort wollten sie hinfahren.«
    »Ach ja? Davon hat sie nichts gesagt.« Brian drehte seine Schultern in ihre ursprüngliche Position zurück und starrte in die Ferne. »Ich glaube, sie trifft sich mit einem Mann«, sagte er nach einer längeren Pause.
    Tims Mund wurde trocken. »Wie kommst du darauf?«
    »Ich hab ihre E-Mails gelesen. Sie hat sich bei einer Internet-Partnervermittlung angemeldet.«
    Brians Kühnheit schockte ihn beinahe noch mehr als die Tatsache, dass Rita Hensen die Dienste einer Internet-Partnervermittlung in Anspruch nahm. Aber am meisten schockierte es ihn, dass seine Mutter in irgendeine Weise in die Sache verwickelt war. Er sah erneut auf seine Uhr, obwohl er diesmal darauf verzichtete, das Zifferblatt zu beleuchten. »Um Mitternacht wollten sie wieder zu Hause sein.«
    »Ach ja? Ich würde nicht mit angehaltenem Atem darauf warten.«
    Tim merkte, dass er genau das getan hatte, und stieß die Luft in seiner Lunge mit einem schmerzhaften Seufzer aus. »Hast du meine Schwester gesehen?«
    Brian schüttelte den Kopf. »Seit ein paar Stunden nicht.«
    Tim stieß sich von dem Baum ab. Er musste Megan finden. Wo steckte sie? Und was wollte seine Mutter von Männern, die sie durch eine Internet-Partnervermittlung kennen gelernt hatte? Wollte sie sich so an seinem Dad rächen, war es eine verdrehte Form der Vergeltung? Frauen benahmen sich wirklich so verwirrend. Vielleicht sollte er einfach zu seinem Vater ziehen. Das wäre bestimmt sehr viel einfacher.
    Aber sein Vater wollte ihn nicht. Hatte er das durch seinen Auszug nicht unmissverständlich klargemacht?

    »Meine Mom hat mir erzählt, dass dein Dad Selbstmord begangen hat«, sagte Tim und dachte, dass er das lieber nicht gesagt hätte. Denn trotz aller Bemühungen ihrer Mütter waren Brian und er nicht direkt befreundet. Dies war wahrscheinlich die längste Unterhaltung, die sie je geführt hatten.
    »Da hat sie Recht.«
    »Sie hat gesagt, du hättest ihn gefunden.«
    »Da hat sie auch Recht.«
    An seinem Tonfall konnte Tim nicht erkennen, ob Brian wütend war. Brian klang eigentlich immer gleich, egal was er sagte, seine Stimme war ausdruckslos und für einen so schmächtigen Jungen erstaunlich tief. Aber so schmächtig war Brian eigentlich gar nicht, dachte Tim, als er die Muskeln unter Brians engem, grauem T-Shirt sah. Auch wenn sein Gesicht beinahe unwirklich blass war, sodass er beinahe zerbrechlich wirkte, hatte er körperlich in den letzten Monaten kräftig zugelegt. Tim fragte sich, ob er trainierte, und überlegte, ob er ihn nach seinen Übungen fragen sollte. Stattdessen fragte er: »Wie war das? Ihn zu finden, meine ich.«
    »Ziemlich eklig«, antwortete Brian nüchtern. »Ich meine, er hatte sich erhängt, seine Augen quollen hervor, seine Zunge hing ihm aus dem Mund, ungefähr so.« Diesmal wendete er seinen ganzen Körper, um Tim direkt anzusehen, drehte den Kopf zu einer Seite, streckte die Zunge heraus und riss die Augen so weit auf, dass das Weiße in der Dunkelheit leuchtete.
    Tim machte unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Ich dachte, dass ich es irgendwann mal ausprobiere«, fuhr Brian fort.