Nur der Tod sühnt deine Schuld
Ihnen?«
»Ich versuche, mich nicht unterkriegen zu lassen«, antwortete sie, bemüht, nicht darauf zu achten, wie gut Grey Banes in dem schwarzen Anzug und dem weißen Hemd aussah.
Molly setzte sich auf eine Steinbank in der Nähe und starrte auf ihre im Schoß gefalteten Hände. »Und wie geht es ihr?«, fragte Dr.Grey.
»Unverändert. Heute Morgen waren wir bei Dr.Tredwell. Er sagt, es wird eine Weile dauern, bis wir zu ihr durchdringen. Und er hat mir geraten, sie so schnell wie möglich nach Hause zu holen.«
»Nehmen Sie sie jetzt gleich mit?«
Haley schüttelte den Kopf. »Nein, das wollte ich nicht, wegen all der Leute, die nachher wahrscheinlich noch kommen. Ich hole sie morgen gegen Mittag ab.« Haley nahm erstaunt zur Kenntnis, dass ihre Stimme leicht zitterte. »Ich fürchte mich so davor«, gestand sie. »Kurz vor der Beerdigung habe ich Dr.Tredwell noch angerufen, um ihn zu fragen, ob er vielleicht dabei sein kann, wenn ich mit Molly nach Hause komme, aber er hat den ganzen Tag Patienten.«
Grey zögerte einen Moment. Er blickte zu Molly hinüber, dann zurück zu Haley. »Ich könnte dabei sein«, sagte er. »Nicht in irgendeiner offiziellen Funktion«, fügte er eilig hinzu. »Nur zur Unterstützung.«
Ein Stein fiel ihr vom Herzen. »Wirklich? Das würde Ihnen nichts ausmachen?«
»Sofern Sie sich darüber im Klaren sind, dass ich nur da bin, um Sie zu unterstützen, nicht als Therapeut oder Rechtsbeistand.«
»Natürlich. Und ich bin Ihnen sehr dankbar dafür.« Das war eine Untertreibung. Zumindest in diesem Moment fühlte Haley sich nicht mehr ganz so einsam wie zuvor. »Ich schreibe Ihnen die Adresse auf.«
Haley kramte in ihrer Handtasche nach Stift und Papier, doch Grey legte ihr eine Hand auf den Arm. »Die lasse ich mir von Tolliver geben.« Sie spürte die Wärme durch die Seide ihrer Bluse. Als er die Hand zurückzog, fühlte sie sich schlagartig wieder einsam und verlassen.
»Haley.«
Sie drehte sich um und sah Owen Tolliver und Frank Marcelli näher kommen, in dunklen Anzügen und mit finsteren Gesichtern.
»Ich kümmere mich um Molly, dann können Sie in Ruhe mit den Detectives reden«, sagte Grey. Er begrüßte die beiden Beamten, ging zu der Steinbank und setzte sich neben das kleine Mädchen.
»Sie hätten nicht zu kommen brauchen«, sagte Haley zu den beiden Männern. »Das wäre nicht nötig gewesen. Mir wäre lieber, Sie würden stattdessen den Mörder suchen.«
»Genau das tun wir.« Tolliver wippte mit den Absätzen und ließ den Blick über die sich zerstreuende Trauergemeinde schweifen.
»Es passiert immer wieder, dass der Täter auf der Beerdigung seines Opfers auftaucht«, erklärte Frank.
Haley sah ihn überrascht an. »Was für ein Ungeheuer würde es fertigbringen, Monica brutal zu ermorden und dann hierherzukommen und Trauer vorzutäuschen?«
»Ein intelligentes«, erwiderte Tolliver. »Wenn es stimmt, dass Monica ihren Mörder kannte, könnte es durchaus sein, dass er hier war.«
Haley blickte sich um, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. »Ist Ihnen irgendwas Verdächtiges aufgefallen? Hat jemand irgendwas gesagt oder getan, das Ihnen einen Hinweis geliefert hat?«
Frank wirkte betroffen. »Nein.« Als sich ihnen eine leicht mollige, attraktive, dunkelhaarige Frau näherte, nahm er Haltung an und setzte ein Lächeln auf. »Haley, das ist meine Frau Angela. Angie, das ist Monicas Schwester.«
Angela Marcelli ergriff Haleys Hand und drückte sie. Ihre großen braunen Augen schwammen in Tränen. »Ich habe so viel von Ihnen gehört. Monica hat andauernd von Ihnen gesprochen.« Sie ließ Haleys Hand los und nahm sie fest in die Arme. »Ich weiß nicht, was ich ohne Monica machen soll. Sie war eine meiner besten Freundinnen.«
Die Umarmung dauerte zu lange, und für einen Moment hatte Haley das Gefühl, Angela würde ihr die Luft abdrücken.
»Liebling«, sagte Frank mit peinlich berührtem Unterton. »Ich glaube, du erstickst sie.«
Sofort ließ Angela die Arme sinken und trat einen Schritt zurück. »Entschuldigung«, rief sie aus und holte ein Taschentuch hervor, um sich die Augen zu tupfen. »Ich kann einfach nicht glauben, dass wir noch da sind und Monica nicht. Sie war eine so wunderbare Freundin und Nachbarin. Falls ich irgendetwas für Sie tun kann, egal was, kommen Sie einfach vorbei. Sie wissen ja, ich wohne gleich nebenan.«
Angela blickte zu Molly, die neben Grey auf der Steinbank saß. »Die arme Kleine. Ich kann nicht
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