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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Cassidy
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glauben, was sie durchgemacht hat.«
    »Kommen Sie nachher noch rüber?«
    »Natürlich. Wir sehen uns später.« Mit einem vernehmbaren Schniefen tupfte sich Angela erneut die Augen, dann berührte sie kurz den Arm ihres Mannes, drehte sich um und ging.
    Tolliver warf einen Blick in Richtung Grey und Molly. »Sie hatten heute einen Termin bei Dr.Tredwell. Wie ist es gelaufen?«
    »Ganz gut, aber wenn Sie auf ein Wunder gehofft haben, muss ich Ihnen leider sagen, dass Wunder nur selten geschehen.«
    »Er hat es nicht geschafft, Molly zum Sprechen zu bringen?« Die Enttäuschung war Tolliver anzuhören.
    »Nein, und er sagt, es braucht Zeit. Dr.Tredwell glaubt, Molly fängt erst wieder an zu sprechen, wenn sie sich sicher fühlt. Wenn etwas Stabilität in ihr Leben zurückgekehrt ist.«
    Stabilität. Herrgott, das Wort jagte Haley eine Heidenangst ein.
    »Dann müssen wir sehen, was wir ohne sie tun können«, sagte Tolliver alles andere als begeistert. Haley überkam Verzweiflung, als ihr erneut schmerzlich bewusst wurde, dass sie außer Molly nichts hatten.
     
    Molly mochte Dr.Tredwell, aber Dr.Grey mochte sie noch viel lieber. Er hatte schöne blaue Augen, und wenn er sie anlächelte, wurde ihr warm ums Herz. Außerdem versuchte er nicht, sie zum Reden zu bringen.
    Alle anderen wollten, dass sie von diesem Morgen erzählte. Diesem schrecklichen Morgen. Aber sie wollte nicht darüber reden. Sie wollte noch nicht einmal daran denken. Wenn sie sich ganz doll anstrengte, konnte sie sogar fast die Schreie ihrer Mommy vergessen.
    Psst, Lollipop. Beweg dich nicht. Sei ganz still.
Molly zwang sich, jetzt nicht an die letzten Worte ihrer Mommy zu denken.
    Sie sah zu ihrer Tante Haley hinüber, die mit den beiden Männern redete. Molly wusste nicht so recht, was sie von ihr halten sollte. Ihre Mommy hatte immer gesagt, dass Tante Haley eigentlich klug war, aber den gesunden Menschenverstand einer Kröte besaß. Molly wusste nicht, ob das gut oder schlecht war. Sie wusste nicht, wie viel gesunden Menschenverstand eine Kröte besaß.
    Molly hatte Angst. Sie wusste, dass ihre Mommy tot war und nie mehr wiederkommen würde. Molly wusste alles über das Totsein. Sie hatte einen Hamster gehabt, der letztes Jahr gestorben war, und ihre Mommy hatte gesagt, dass Snuggles jetzt im Himmel war, bei Mollys Daddy. Mollys Mommy war jetzt mit Mollys Daddy und Snuggles im Himmel.
    Molly tat das Herz weh.
    Wer sollte ihr jetzt Waffeln backen und mit Schoko-Chips lachende Gesichter daraufstreuen? Wer würde sie zu den Brownies bringen, ihrer Pfadfinderinnengruppe, und sie morgens mit Küsschen und einer Umarmung wecken? Wer würde sie Lolly nennen und ganz doll liebhaben?
    Alle wollten, dass sie sprach. Alle wollten, dass sie sich an das erinnerte, was im Schlafzimmer ihrer Mommy passiert war. Aber sie wollte sich nicht erinnern. Sie konnte sich nicht erinnern, weil sie zu große Angst hatte.
    Außerdem konnte Molly, obwohl sie wusste, dass ihre Mommy für immer tot war, manchmal abends kurz vor dem Einschlafen hören, wie sie ihr etwas ins Ohr flüsterte.
    Psst, Lollipop,
sagte ihre Mommy dann.
Sei ganz still.
Die Gefahr ist noch nicht vorüber.
    Und wenn sie die Stimme ihrer Mutter hörte, wusste sie, dass wieder etwas Schlimmes passieren würde, wenn sie, Molly, sprach.

[home]
    8
    A ls Haley vom Haus der Roberts’ losfuhr, nachdem sie sich von Molly verabschiedet hatte, dachte sie über die große Trauergemeinde nach. Monica hatte offenbar vielen Menschen etwas bedeutet.
    Und wer kommt mal zu deiner Beerdigung, fragte sich Haley. Die Antwort war ziemlich deprimierend. Außer ein paar alkoholisierten Stammgästen aus Joey’s Lounge, die vielleicht ein Glas auf sie trinken würden, fiel ihr niemand ein, der um sie trauern würde.
    Sie bog in die Einfahrt und stellte erleichtert fest, dass noch keine Autos vor dem Haus standen. Innerhalb der nächsten Stunde würde sich das sicher ändern.
    Haley war enttäuscht gewesen, als Grey gesagt hatte, er könne an der Feier im Trauerhaus nicht teilnehmen, er habe einen Termin. Sie redete sich ein, dass es lächerlich war, wegen eines Mannes, den sie kaum kannte, enttäuscht zu sein. Aber etwas an Grey Banes zog sie magisch an. Einen solchen Reiz hatte seit langem kein Mann mehr auf sie ausgeübt.
    Schließlich würde er morgen da sein, wenn Haley Molly nach Hause holte. Obwohl er nicht Mollys Therapeut war, würde er Haley für den Fall zur Seite stehen, dass Molly irgendeine Art von Zusammenbruch

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