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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Cassidy
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Messer.
    Molly kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf, um die Bilder zu vertreiben. Sie wollte sich nicht erinnern. »Ich kann mich nicht erinnern«, flüsterte sie.
    Manchmal im Schlaf, in ihren Träumen, erinnerte sie sich an alles. Dann dachte sie, sie würde wieder unter Mommys Bett liegen, und es würde alles noch einmal passieren. Aber wenn sie wach war, wollte sie vergessen. Sie strengte sich wirklich sehr an, alles zu vergessen.
    »Molly, bitte.« Von unten hörte sie Tante Haleys Stimme. »Bitte komm runter. Ich kann nicht zu dir hochkommen. Molly, hörst du mich? Ich kann nicht zu dir hochkommen, weil ich Angst habe. Ich kann die Leiter nicht hochklettern.«
    Molly zog nachdenklich die Stirn kraus. Tante Haley hatte Angst vor dem Baumhaus? Molly rutschte an eins der Fenster und sah nach unten. Tante Haley saß neben dem Gartentisch auf dem Boden, den Kopf zwischen den Knien.
    Molly zog sich wieder in ihre Ecke zurück. Sie wusste, dass sie das Baumhaus irgendwann verlassen musste. Früher oder später würde sie Pipi machen müssen oder Hunger kriegen. Aber jetzt war sie noch nicht bereit, hinunterzuklettern.
    Erst musste sie darüber nachdenken, dass Tante Haley Angst hatte.
     
    Ach, Schwesterherz, so geht das doch nicht,
hörte sie Monica sagen, die Stimme voller Traurigkeit.
    »Ich weiß«, murmelte Haley. Sie hatte das Gefühl, als müsste sie sich übergeben, dabei brauchte ihre Nichte sie da oben so dringend.
    So fand Tolliver Haley, auf dem Boden sitzend, den Kopf zwischen den Knien, während die Panikattacke langsam abebbte. »Ich habe geläutet, aber dann Ihre Stimme hier hinten gehört«, sagte er. »Gibt’s Probleme?«
    Haley hob den Kopf und sah den Detective an. »Allerdings.« Sie stand langsam auf, immer noch ein bisschen wackelig auf den Beinen, um sich sofort auf die Bank am Gartentisch zu setzen. »Molly ist da oben.« Sie zeigte auf das Baumhaus. »Sie ist wütend auf mich. Ich kann sie nicht dazu bewegen, wieder runterzukommen. Vielleicht schaffen Sie es ja.«
    Tolliver setzte sich Haley gegenüber. »Was ist passiert?«
    »Eine Fehleinschätzung meinerseits.« Sie berichtete ihm von der Lüge, die sie Molly erzählt hatte. »Ich hatte keine Ahnung, dass sie die Wahrheit in der Schule erfahren würde.«
    »Heutzutage verkünden sie es über Lautsprecher, wenn ein Kind oder ein Lehrer gestorben ist, und bieten anschließend psychologische Betreuung an.«
    Haley hatte schon beim letzten Mal gedacht, dass Tolliver müde aussah, aber heute wirkte er beinahe krank vor Erschöpfung. Seine Haut war fahl und grau, und unter den Augen hatte er dunkle Ringe. »Ich nehme nicht an, dass Sie Sondra Jacksons Mörder gefasst haben?«
    »Schön wär’s«, erwiderte er.
    »Frank meinte gestern Abend, dass es so aussieht, als wäre der Mörder von Sondra auch der Mörder meiner Schwester.« Haley senkte die Stimme, damit Molly oben im Baum sie nicht hören konnte.
    »Von dieser Annahme gehen wir im Moment aus.« Tolliver holte ein kleines Fläschchen mit Magentabletten hervor und steckte sich zwei davon in den Mund. »Es würde unsere Ermittlungen vereinfachen, wenn Ihre Schwester und Sondra Jackson sich nicht gekannt hätten.«
    »Wirklich? Warum?« Haley hätte das Gegenteil angenommen.
    »Die beiden hatten nicht nur in der Schule miteinander zu tun, sondern saßen auch gemeinsam in einem Gremium des Stadtrats. Wir haben jetzt das Problem, dass es zu viele Leute gibt, mit denen beide Frauen in Kontakt standen. Es gibt zu viele Verbindungen. Die Liste der Verdächtigen ist so lang wie mein Arm.«
    »So schlimm es sich anhört, ich bin froh, dass es mehrere Verbindungen gibt«, sagte Haley nachdenklich. »Seit ich gestern Abend mit Frank gesprochen habe, dachte ich, die einzige Verbindung wäre Molly.«
    Tolliver und Haley schauten nach oben in die Baumkrone, durch deren Blätter das Sonnenlicht fiel. Dann stand Haley von der Bank auf und ging zur Leiter. »Molly, ich weiß, dass du böse auf mich bist und nicht mit mir reden willst. Aber Detective Tolliver ist hier, um mit dir zu sprechen. Also komm jetzt bitte runter.«
    Zu Haleys Überraschung lugte Molly aus dem Fenster, als wolle sie sich vergewissern, dass Haley auch die Wahrheit sagte und Tolliver tatsächlich da war. Einen Moment später kletterte sie die Leiter hinunter.
    »Hallo, Molly«, sagte Tolliver. »Können wir ins Haus gehen und uns ein bisschen unterhalten?«
    Molly nickte und rauschte an Haley vorbei, ohne sie zu

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