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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Cassidy
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nachdenken.
    Ich muss mich beherrschen.
    Ich muss Atem holen. Nachdenken.
    Ich muss klüger sein.
    Zu viel, zu schnell.
    Dummkopf! Dummkopf!
    Ich muss mich beherrschen.
    Sei klug.
    Sei listig.
    Befrei dich von ihr.
    Befrei dich von ihnen allen!

[home]
    13
    A ls Molly aus dem Schulbus stieg, wusste Haley sofort, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Die Prinzessinnenschultasche fest an die Brust gedrückt, stapfte das kleine Mädchen an ihr vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
    Haley lief hinter Molly ins Haus und hörte gerade noch, wie die Tür des Kinderzimmers lautstark zugeschlagen wurde. »Oje, das gibt Ärger«, murmelte Haley, als sie an Mollys Tür klopfte.
    Wahrscheinlich sollte sie dankbar sein, dass ihre Nichte nicht sprach. Wenigstens schrie sie jetzt nicht »Geh weg, du doofe Kuh, du hast mich angelogen« durch die verschlossene Tür.
    »Molly, mach bitte die Tür auf, Süße. Wir müssen reden.« Weder öffnete sich die Tür wie von Zauberhand, noch gab es irgendwelche anderen Anzeichen, dass Molly Haley in ihrer Nähe haben wollte.
    »Ich komme jetzt rein«, sagte Haley warnend. Als sie die Tür öffnete, sah sie Molly auf der Bettkante sitzen. »Ich glaube, wir sollten miteinander reden.« Haley ließ sich neben ihre Nichte auf das Bett sinken.
    Molly öffnete ihre Schultasche und holte ein Heft und einen Stift heraus. Sie öffnete das Heft und schrieb sorgfältig etwas hinein. Dann hielt sie es Haley entgegen.
    Du hast gelogen.
In den Worten lag der gleiche Vorwurf wie in Mollys Blick. Sie legte das Heft zur Seite, rutschte von der Bettkante und rannte aus dem Zimmer.
    »Molly!« Haley lief ihr nach. Das kleine Mädchen rannte so schnell wie ein Drogendealer in Las Vegas an einem Samstagabend. Bevor Haley die Küche erreicht hatte, war Molly schon durch die Hintertür. »Warte!«
    Haley stürzte ihr hinterher, doch Molly lief bereits über den Rasen und fing an, die Holzleiter zum Baumhaus hochzuklettern. Als Haley den Baum erreichte, sah sie gerade noch, wie Molly in dem kleinen Holzhaus mit den blauen Vorhängen an den winzigen Fenstern verschwand.
    »Molly, komm da runter«, rief sie. »Hör zu, es tut mir leid. Komm runter, damit wir reden können.«
    Haley zählte bis zehn, aber Molly zeigte sich nicht. Du schaffst das, sagte Haley sich und packte die Leiter mit beiden Händen. Sie stellte den Fuß auf die unterste Sprosse, legte den Kopf in den Nacken und schaute nach oben. Sofort stockte ihr der Atem.
    O Gott. Ihr blieb die Luft weg. Ihre Lungen bekamen keinen Sauerstoff, und ihre Beine fingen an zu zittern, als der Schwindel sie überkam. Eine Panikattacke.
    Erst bekam sie keine Luft, dann hyperventilierte sie. Mit zitternden Händen hielt sie sich an der Leiter fest und versuchte, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
    Endlich gelang es ihr, die Leiter loszulassen. Sie taumelte zurück und sank neben dem Gartentisch, der unter dem Baum stand, zu Boden.
    Na bravo, Schwesterherz,
hörte sie Monica sagen, und die ganze Verachtung, die Haley für sich selbst empfand, schwang in ihrer Stimme mit.
     
    Molly saß in einer Ecke des Baumhauses und versuchte, das Rufen ihrer Tante zu ignorieren. Sie war wütend. Sehr wütend. Tante Haley hatte sie angelogen. Miss Jackson war nicht weggezogen. Miss Jackson war tot. Das hatte Mr.Cookson, der Rektor, den Schülern heute Morgen mitgeteilt. Einige der Kinder hatten geweint, aber Molly nicht. Sie war traurig gewesen, trotzdem war sie wütend geworden.
    Ihre Mommy hatte sie nie angelogen. Man durfte nicht lügen. »Wenn du mir einfach die Wahrheit sagst, kriegst du auch keinen Ärger.« Das hatte ihre Mommy immer gesagt. Aber Tante Haley hatte eine große Lüge erzählt.
    Molly war so traurig. Sie vermisste ihre Mommy so sehr. Im Sommer hatte ihre Mommy manchmal das Mittagessen eingepackt, und sie hatten es hier oben gegessen. Sie hatten Bologna-Sandwiches gegessen und geredet.
    Tante Haley wusste bestimmt nicht, wie man ein gutes Bologna-Sandwich machte. Sie konnte sowieso nicht viel. Außer Lügen erzählen.
    Molly runzelte die Stirn und betrachtete die blauen Vorhänge, die sich im Nachmittagswind bauschten. Ihre Mommy hatte sie aus einem alten Bettlaken gemacht. Molly hatte neben ihr gesessen, als sie sie genäht hatte.
    Etwas Blaues blitzte auf.
    Ein großes, scharfes Messer.
    Molly schnappte nach Luft, als das Bild vor ihrem geistigen Auge auftauchte. Ihre Mommy auf dem Boden. Blut. Etwas Blaues, das kurz aufblitzte. Ein großes, scharfes

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