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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Cassidy
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beachten. Mit einem ergebenen Seufzer folgte Haley dem hochgewachsenen Detective und dem kleinen Mädchen ins Haus.
    Tolliver setzte sich an den Küchentisch und bedeutete Molly, sich neben ihn zu setzen. »Ich habe gehört, dass du ein sehr intelligentes Mädchen bist und sehr gut schreiben kannst. Stimmt das?« Molly zögerte einen Moment, dann nickte sie. »Wenn ich dir jetzt ein paar Fragen stelle, könntest du mir also die Antworten aufschreiben?«
    Haley holte einen Notizblock und einen Bleistift aus einer Schublade, legte beides vor ihre Nichte und setzte sich ebenfalls an den Tisch. Ihr Magen zog sich vor Nervosität zusammen, als sie sich fragte, ob Molly wohl gleich einen Hinweis auf den Mörder geben würde.
    »Vielleicht sollte Dr.Tredwell dabei sein«, sagte Haley. Auf einmal fürchtete sie sich vor Mollys Reaktion auf Tollivers Fragen. »Was meinst du, Molly? Soll Detective Tolliver dir seine Fragen lieber im Beisein von Dr.Tredwell stellen?«
    Molly sah erst Haley, dann Tolliver an und schüttelte schließlich den Kopf. Manchmal erstaunte es Haley, wie stark dieses Kind war. Und es erfüllte sie mit Stolz.
    »Wie fühlst du dich heute, Molly?«, fragte Tolliver. Trotz seiner offensichtlichen Erschöpfung war sein Ton sanft und geduldig.
    Molly nahm den Stift und drehte ihn zwischen den Fingern. Dann drückte sie die Spitze aufs Papier und schrieb.
Traurig und wütend.
Ihre grünen Augen schossen Giftpfeile in Haleys Richtung ab.
    »Es tut mir leid, dass du traurig bist. Und ich verstehe auch, dass du wütend auf deine Tante bist, aber sie hat nur versucht, dich zu schützen. Manchmal greift man zu kleinen Notlügen, damit die, die man liebt, nicht traurig werden.«
    Haley warf dem Detective einen dankbaren Blick zu.
    »Molly, ich möchte mit dir über den Morgen reden, als jemand deiner Mommy weh getan hat.«
    Mollys Finger schlossen sich so fest um den Bleistift, dass die Knöchel ganz weiß wurden. Sie starrte Tolliver mit großen Augen an.
    Als Haley die Anspannung in Mollys Gesicht bemerkte, gewann ihr Beschützerinstinkt die Oberhand. »Molly, wenn du ›stopp‹ sagst oder schreibst, hört Detective Tolliver sofort auf, dir Fragen zu stellen, in Ordnung?« Haley sah Tolliver bedeutungsvoll an. Er nickte zustimmend.
    »Molly, an diesem schlimmen Tag bist du zu Hause geblieben, weil du krank warst?«
    Molly setzte den Stift auf das Papier.
Halsweh.
    »Das machst du prima, Molly. Du hast wirklich eine schöne Handschrift«, sagte Tolliver. Molly schien sich ein wenig zu entspannen.
    »Dann warst du also mit Halsweh zu Hause. Hast du etwas zum Frühstück gegessen?«
    Molly nickte und schrieb:
French Toast.
    »Du hast also French Toast gegessen. Und was hast du dann gemacht?«, fragte Tolliver.
    Wieder zeigte sich Anspannung auf Mollys Gesicht. Sie schrieb etwas auf und schob den Block zu Tolliver hinüber.
    »Verstecken. Du und deine Mommy, ihr habt Verstecken gespielt?«, fragte er. Molly nickte. In ihren großen Augen schimmerten Tränen.
    Auch Haley wurde von ihren Gefühlen überwältigt. Das war also das Letzte, was ihre Schwester vor ihrem Tod getan hatte: Sie hatte mit ihrer Tochter Verstecken gespielt. Haley konnte sich lebhaft vorstellen, wie Monica lachte, während sie sich die Augen zuhielt, bis zehn zählte und dann nach ihrer Tochter suchte.
    »Und wo hast du dich versteckt?«, fragte Tolliver.
    Unter dem Bett.
Jetzt war Mollys Handschrift nicht mehr so gut leserlich. Der ungeheure Druck, der auf dem Kind lastete, war den Buchstaben anzusehen.
    »Das ist jetzt sehr wichtig, Molly. Hat deine Mommy dich gesucht, als du dich unter dem Bett versteckt hast?«
    Molly starrte Tolliver lange an; dann schrieb sie ihre Antwort auf, wobei sie den Stift so heftig aufdrückte, dass die Mine abbrach. »Das machst du wirklich gut, meine Süße. Deine Mommy wäre sehr stolz auf dich«, sagte Haley, stand auf und holte einen neuen Bleistift.
    Molly schrieb, und jetzt zerschnitt der Stift das Blatt.
Jemand ist gekommen.
    Tolliver setzte sich kerzengerade hin und wechselte einen vielsagenden Blick mit Haley. »Du lagst unter dem Bett, und jemand ist gekommen. Hat dieser Jemand an der Tür geklingelt?« Molly schüttelte den Kopf. »Hat er geklopft?« Molly nickte. Sie atmete flach. »Weißt du, wer es war? Molly, weißt du, wer an diesem Morgen an der Tür war?«
    Molly schloss die Augen. Ihr kleiner Körper zitterte wie ein Blatt an einem windgepeitschten Baum. Haley wollte sie in die Arme nehmen und

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