Nur der Tod sühnt deine Schuld
hatte.
Du hast es vermasselt, Schwesterherz
, hörte sie Monicas Stimme.
Er war ein guter Mann. Genauso einen brauchst du. Einen Felsen. Das hast du mal wieder großartig hingekriegt.
Haley seufzte und versuchte, nicht daran zu denken, dass jemand, der sich Tod nannte, hinter ihr her war, und dass sie so allein war wie nie zuvor.
Während der nächsten Tage verstärkte sich Haleys Einsamkeitsgefühl noch. Erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr Grey sie unterstützt, wie viel Halt er ihr gegeben hatte.
Jedes Mal, wenn das Telefon klingelte, hatte sie Angst, es könnte wieder ein Drohanruf sein. Gleichzeitig hoffte sie, dass es Grey war. Inzwischen war ihr Festnetztelefon mit einer Anrufererkennung ausgestattet, so dass sie die Nummer sehen würde, falls noch einer dieser beängstigenden Anrufe kommen sollte.
Andererseits wusste sie, dass es sowohl bei Festnetz- als auch bei mobilen Anschlüssen Wege gab, die Anrufererkennung zu umgehen. Bei Anrufen von Handys mit Prepaidkarte war es fast unmöglich, den Anrufer zurückzuverfolgen. Durch die Eingabe eines bestimmten Codes konnte man seine eigene Nummer unterdrücken.
Haley hatte Grey zufällig heute Vormittag auf dem Polizeirevier getroffen, als sie bei Tolliver gewesen war, um den neuen Drohanruf zu melden und sich vom Detective auf den neuesten Stand bringen zu lassen.
Grey war ihr gegenüber freundlich, aber distanziert gewesen, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen, was besondere Bedeutung für ihn gehabt hätte. Haley hatte sich unbehaglich gefühlt und war deprimiert nach Hause gefahren, auch, weil Tolliver ihr nichts Neues hatte sagen können.
Am Abend aßen Molly und sie wie immer schweigend in der Küche und gingen dann ins Wohnzimmer, um fernzusehen.
Als die Nacht hereinbrach, die violetten Schatten vor den Fenstern sich allmählich schwarz färbten, fragte Haley: »Soll ich uns Popcorn machen?« Wie immer bemühte sie sich, munter zu klingen.
Molly schüttelte den Kopf, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Fernseher zu. Haley seufzte entmutigt und warf einen Blick zum Fenster. Ihr blieb fast das Herz stehen, als sie das unverkennbare Leuchten eines Augenpaares sah.
Ihr erster Impuls war, schreiend aufzuspringen und die Jalousien herunterzulassen, um die Augen auszusperren. Stattdessen starrte sie zurück auf den Fernsehschirm. Ihr schauderte.
»Ich hole mir einen kleinen Snack«, sagte sie zu Molly und stand so ruhig wie möglich auf, um in die Küche zu gehen. Sie machte kein Licht, sondern griff gleich nach dem Telefon und wählte die Nummer der Marcellis.
Frank ging dran. »Frank, jemand schaut bei uns durchs Wohnzimmerfenster. Könnten Sie schnell rüberkommen?«
Haley dachte nicht lange nach. Sie wusste nur, dass sie es leid war, das Opfer zu sein. Sie war wütend, dass sich jemand einen Spaß daraus machte, ihr am Telefon zu drohen und durch ihr Fenster zu spähen.
So leise wie möglich schloss sie die Hintertür auf und trat in die Dunkelheit. Im schwachen Mondlicht sah sie jemanden am Wohnzimmerfenster stehen und Molly beim Fernsehen beobachten.
Sie stürzte sich schreiend auf den Mann und riss ihn zu Boden. Er grunzte überrascht und versuchte, sich zu befreien, aber sie hielt ihn fest. Es war zu dunkel, um ihn zu erkennen, aber Haley war fest entschlossen, ihn nicht auf die Beine kommen zu lassen.
Der Mann schlug nach ihr, und seine Faust traf sie auf der Brust, trotzdem lockerte sie ihren Griff nicht.
»Keine Bewegung!« Frank Marcelli hielt in der einen Hand eine Taschenlampe, in der anderen eine Pistole.
»Die durchgeknallte Schlampe soll mich loslassen.«
Haley erkannte die Stimme. Sie stand auf und starrte finster auf Grant Newton hinunter. »Ich soll eine durchgeknallte Schlampe sein? Sie sind ein perverser Spanner!« Haley sah zu, wie Frank seine Waffe wegsteckte, Newton beim Kragen packte und ihn hochriss.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Frank bei Haley.
»Das müssten Sie mich fragen. Ich werde die Schlampe wegen Körperverletzung anzeigen.« Grants Gesicht war wutverzerrt.
»Meinetwegen. Aber ich will, dass er festgenommen wird«, rief Haley.
»Ich werde Sie verklagen. Das wird teuer für Sie!«
»Halten Sie den Mund, Newton«, sagte Frank. »Es dürfte Ihnen schwerfallen, jemanden davon zu überzeugen, dass Sie hier das Opfer sind.«
»Ich zeige ihn wegen Hausfriedensbruch und Voyeurismus an. Er ist wahrscheinlich auch derjenige, der immer bei mir anruft. Er hat wahrscheinlich meine
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