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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld
Autoren: Carla Cassidy
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Die frühe Morgensonne schien durch die Vorhänge, und ein schneller Blick auf den Wecker sagte ihr, dass es kurz nach sieben war. In fünfzehn Minuten würde er klingeln.
    Wieder ertönte ein Schrei, ein schreckliches, markerschütterndes Geräusch. Molly! Haley sprang aus dem Bett.
    Sie rannte durch den Flur und blieb vor Mollys offener Tür stehen. Das Bett war leer, und ihre Nichte war nirgends zu sehen.
    Die Küche! »Molly!«, schrie Haley, als sie durchs Wohnzimmer in die Küche rannte.
    Molly stand an der offenen Hintertür und umklammerte das Türblatt.
    »Molly, Süße, was ist los?« Haley trat hinter sie und blickte nach draußen. Entsetzt schnappte sie nach Luft. Auf der Treppe lag die weiße Katze, die sie um das Haus der Marcellis hatte schleichen sehen.
    Sie war tot. Ein Messer steckte in ihrem blutigen Fell, und an einem Hinterbein hing ein Zettel:
    DU BIST TOT , DU HURE . GENAU WIE DEINE SCHWESTER .
    »Oh, mein Gott!« Haley packte Molly bei den Schultern und zog sie von der Tür weg. »Komm, setz dich, meine Süße. Ich muss die Polizei anrufen.«
    Haley rief nicht Frank an, sondern Tolliver. Er versprach ihr, so schnell wie möglich zu kommen. Danach setzte sich Haley neben Molly. »Es tut mir leid, dass du das sehen musstest«, sagte sie.
    »Er heißt Schneeflocke.«
    Zuerst dachte Haley, sie würde sich die leise Stimme nur einbilden. Molly hatte gesprochen. Für einen Moment trat Euphorie an die Stelle des Schreckens. Haley holte tief Luft, um sich zu beruhigen, denn sie wollte Molly nicht mit ihrer Reaktion verunsichern. »Schneeflocke ist ein hübscher Name«, sagte sie.
    »Er war ganz lieb.« Mollys Unterlippe zitterte. »Warum hat einer so was mit ihm gemacht? Er hat doch nichts Böses getan.«
    »Derjenige, der Schneeflocke das angetan hat, ist ein kranker, böser Mensch. Genauso ein Mensch wie der, der deiner Mommy weh getan hat.« Haley beugte sich näher zu Molly, unfähig, der Aufregung, die in ihrem Inneren tobte, Herr zu werden. »Molly, erzähl mir, was du an dem Morgen gesehen hast, als jemand deiner Mommy weh getan hat. Sag mir, was du gehört hast.«
    Das kleine Mädchen schüttelte den Kopf, aber Haley gab so schnell nicht auf. Sie ergriff Mollys Hand. »Molly, alles, was du mir erzählst, kann uns helfen, den zu finden, der deiner Mommy weh getan hat. Du kannst jetzt sprechen, du musst mir sagen, an was du dich erinnerst.«
    Molly entriss Haley ihre Hand. »Ich kann nicht. Ich will nicht.«
    »Du musst aber!«, drängte Haley sie.
    »Nein.« Tränen schossen Molly in die Augen. »Ich will mich nicht erinnern.«
    »Verdammt noch mal, Molly«, entfuhr es Haley. Frustriert holte sie tief Luft, um sich zu beruhigen. Dann griff sie erneut nach Mollys Hand, aber das kleine Mädchen sprang von seinem Stuhl hoch und lief zur Hintertür.
    »Molly, stopp!«
    Molly blieb nicht stehen, sondern sprang über die tote Katze und rannte auf den Baum mit dem Baumhaus zu. Haley schnellte vom Tisch hoch und folgte ihr. Sie verfluchte sich, weil sie so unbeherrscht gewesen war und das Kind zu sehr gedrängt hatte.
    Als Haley den Baum erreichte, war Molly schon oben im Baumhaus. Nur ihr leises Schluchzen, das durch die Morgenluft zu Haley herunterdrang, verriet, dass das Mädchen dort oben war.
    Herrgott, Haley, was ist nur in dich gefahren?, schalt sie sich. Sie hatte die Kontrolle über sich verloren, viel zu viel von Molly verlangt. »Molly, komm runter. Es tut mir leid, meine Süße.« Haley ergriff die Leiter, die am Baum lehnte, und versuchte, ihren Gefühlsaufruhr in den Griff zu bekommen. »Ich wollte dich nicht anschreien.«
    Molly antwortete nicht, aber das Schluchzen wurde lauter.
    Mollys Weinen tat Haley in der Seele weh. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als die Kleine in den Armen zu halten und mit ihr zu weinen. Die Anrufe, die tote Katze, die Todesdrohung und nun das. Es war zu viel. Es war alles zu viel. »Molly, bitte komm runter.«
    Tränen der Verzweiflung brannten in Haleys Augen.
Kannst du denn gar nichts richtig machen?,
hörte sie Monica sagen.
    Haley umfasste die Leiter fester und starrte hoch zum Baumhaus. Sie ahnte, dass dieser Moment ihre Beziehung zu Molly für immer bestimmen würde.
    Es war offensichtlich, dass Molly nicht vorhatte, zu ihr herunterzukommen. Haley würde zu ihr hinaufklettern müssen. Sie trat auf die unterste Sprosse, ihr Herz raste, und die Angst schnürte ihr die Brust ein.
    Mit dem Baumhaus waren die Erinnerungen an ihren Vater verbunden, und
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