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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Cassidy
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Spanner in ihrem Garten zu stürzen, aber sie war zu feige, um Grey zu lieben.
    Jetzt erst, als sie voller Kummer vor der Einwegscheibe saß, wurde Haley klar, dass sie das Klischee einer liebeskranken Frau geworden war. Wenn sie an Grey dachte, kamen ihr die Tränen. Sie hatte in ihrem Leben so viele Verluste erlitten, aber für diesen einen trug sie ganz allein die Verantwortung.
    Als sie Molly zusammen mit Dr.Tredwell sah, fiel ihr ein, dass das kleine Mädchen den größten Teil seines Lebens ohne Vater verbracht hatte.
    Du hast kein Monopol auf Trauer, Haley.
    Immer wieder kamen ihr Greys Worte in den Sinn. Er hatte recht. Menschen trauerten und fanden trotzdem die Kraft und den Mut, wieder zu lieben. Haley wollte so ein Mensch sein. Sie war es leid wegzulaufen.
    Als sie nach Hause kamen, rief Angela an und lud Molly ein, vor dem Abendessen noch eine Weile mit ihren Töchtern zu spielen. Haley begleitete sie, ging dann wieder nach Hause und setzte sich an den Tisch, das Telefon in der Hand.
    Ruf ihn an
, flüsterte ihr Monica ins Ohr.
Komm schon, Schwesterherz. Ruf ihn wenigstens an, um ihm zu sagen, dass Molly wieder spricht. Das schuldest du ihm.
    Sie wählte die ersten drei Ziffern seiner Nummer und legte wieder auf, ihr Herz krampfte sich zusammen. Was, wenn er nicht mit ihr reden wollte? Was, wenn er ihr sagte, sie solle seine Nummer aus ihrem Gedächtnis streichen?
    Wenn sie es nicht ausprobierte, würde sie es nie erfahren. Sie runzelte die Stirn, holte tief Luft und gab die vollständige Nummer ein. Er meldete sich nach dem zweiten Klingeln, und als sie seine tiefe, vertraute Stimme hörte, verspürte sie gleichzeitig Unsicherheit und eine wohlige Wärme.
    »Grey, ich bin’s.«
    »Haley.« Er sagte ihren Namen so freundlich, so ohne jeden Vorbehalt, dass ihr das Herz überlief.
    »Molly redet wieder.« Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus. »Da war eine tote Katze, die hieß Schneeflocke, und sie lag vor unserer Tür mit einem schrecklichen Drohbrief für mich, und da hat Molly angefangen zu reden. Einfach so. Sie hat einfach geredet.« Haley redete ohne Punkt und Komma und wusste es auch, aber irgendwie konnte sie sich nicht stoppen.
    »Sie hat angefangen zu reden und ist zum Baumhaus gerannt, und ich hatte solche Angst, aber ich habe es geschafft, zu ihr hochzuklettern. Ich habe ihr gesagt, dass meine Liebe zu ihr größer ist als meine Angst vor dem Baumhaus, und dann haben wir uns umarmt und zusammen geweint.«
    »Haley.« Greys leise Stimme unterbrach ihren Monolog. »Hol mal Luft.«
    Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück und presste den Hörer fester ans Ohr. Sie atmete tief ein und wieder aus, und dabei stellte sie sich vor, wie Greys Augen belustigt blitzten und wie sich seine Grübchen zeigten, wenn er lächelte.
    »Ich habe ihr versprochen, kochen zu lernen. Ich werde mir Monicas Kochbücher vornehmen und lernen, wie man richtig kocht.«
    »Ich würde sagen, du hast in den letzten Tagen enorme Fortschritte gemacht.«
    »Ich habe einen guten Therapeuten«, erwiderte Haley gespielt unbeschwert.
    »Ich bin nicht dein Therapeut, Haley«, sagte Grey. »Ich bin dein Freund.« Er machte eine Pause. »Also, wie siehst du die Dinge jetzt?«
    Haley war selbst überrascht, als sie spürte, dass Tränen in ihren Augen brannten. »Ich hoffe, die Polizei findet denjenigen, der die Katze umgebracht und mich bedroht hat. Ich hoffe, sie kommt Monicas Mörder bald auf die Spur. Ich glaube, Molly und ich schaffen das schon. Und ich bin sehr unglücklich.« Sie wischte die Tränen weg, die ihr über die Wangen liefen. »Glaubst du an eine zweite Chance, Grey?«
    »Im Allgemeinen ja.« In seinem Ton schwangen Vorsicht und leichtes Misstrauen mit.
    Er konnte sich doch sicher vorstellen, was sie ihm sagen wollte. Er musste doch durch den Telefonhörer spüren, was sie fühlte.
    »Du hattest recht mit dem, was du über mich gesagt hast«, begann sie. »Du hattest mit allem recht. Ich habe die Trauer über den Tod meines Vaters als Schutzschild benutzt. Seitdem habe ich mein ganzes Leben lang versucht, andere Menschen auf Abstand zu halten.«
    Sie seufzte, und ihre Stimme bebte. »Aber du hast dich davon nicht abhalten lassen. Du hast mein Herz geöffnet, Grey. Das hat mir so viel Angst eingejagt, dass ich die Flucht ergreifen musste. Aber jetzt will ich nicht mehr weglaufen. Ich will dich in meinem Leben haben. Bitte sag, dass es noch nicht zu spät ist.«
    »Etwas solltest du über mich wissen, Haley.

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