Nur die Liebe heilt
würde sich freuen. Sie ist ständig von Therapeuten und Krankenschwestern umgeben. Bestimmt sehnt sie sich ab und zu nach einem Gespräch, bei dem es nicht um Medikamente und Übungen geht.“
„Ihr Dad würde mich niemals ins Haus lassen. Der würde mir in den A… – ähm, Hintern treten, wenn ich es versuche.“
Damit hatte er vermutlich recht. Brodie würde ausflippen, wenn er wüsste, was sie dem Jungen gerade vorschlug. Aber sie hatte das Gefühl, auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Taryn hätte außer Hannah noch jemanden in ihrem Alter, mit dem sie reden konnte. Und es würde Charlie von diesem Felsrand ablenken, vielleicht sogar davon, dass die Leute in der Stadt ihn behandelten wie einen Aussätzigen.
„Wir gehen später zusammen ins String Fever . Wenn du Taryn treffen möchtest, könntest du auch kommen. Auf diese Weise würde ihr Vater das gar nicht erfahren.“
Zwar ging sie mit diesem Vorschlag ein hohes Risiko ein, aber aus irgendeinem Grund fühlte es sich richtig an.
„Sie will mich bestimmt nicht sehen.“
„Vielleicht nicht. Aber das wissen wir erst, wenn wir es versucht haben. Komm einfach kurz rein und sag Hallo. Das ist alles. Bestimmt bedeutet es Taryn eine Menge, zu wissen, dass sie dir nicht total egal ist.“ Evie sah ihn prüfend an. „Ich finde, das zumindest schuldest du ihr, meinst du nicht?“
Charlie schloss einen Moment lang die Augen, sog scharf die Luft ein, vergrub die Finger in Jacques’ Fell und atmete dann langsam wieder aus.
„Ich weiß nicht recht.“
„Wir werden ungefähr ab halb zehn für eine Stunde dort sein.“ Sie pfiff Jacques zu sich. „Komm, mein Junge.“
Der Hund zögerte kurz, doch schließlich gehorchte er.
Einen Moment lang hatte Evie Bedenken. War es nicht fahrlässig, den Jungen allein hier stehen zu lassen, wenn er wirklich über Selbstmord nachdachte? Sie würde nie darüber hinwegkommen, wenn er sich etwas antat und sie es hätte verhindern können, indem sie einfach länger geblieben oder mit ihm zusammen den Berg hinabgestiegen wäre.
Nein. Zwar starrte er noch immer auf die Stadt hinunter, aber er schien nicht mehr ganz so verzweifelt zu sein wie zuvor. Jetzt wirkte er eher nachdenklich.
Sie hätte es nicht wirklich erklären können, aber ihr Bauchgefühl sagte ihr, dassdie Gefahr eines Selbstmordes – ob tatsächlich oder nur eingebildet – vorüber war.
Mit Jacques zusammen joggte sie den Weg hinab und ließ den Jungen allein.
7. KAPITEL
„Nein. Nein, nein, nein.“
Taryn riss die Arme in die Höhe, um zu verhindern, dass Evie den Rollstuhl über die Rampe hinab auf die Straße ließ. Seit Evie hinter dem Laden auf den Parkplatz gebogen war, hatte Taryn praktisch nichts anderes als Nein von sich gegeben.
Evie biss die Zähne zusammen. „Ich habe Hannah versprochen, ihr mit den Ohrringen für ihre Mom zu helfen. Ich habe ihr mein Wort gegeben. Und du warst einverstanden.“
„Und jetzt … hab ich es … mir … anders überlegt. Ich will nicht.“
So viele Worte an einem Stück hatte Taryn in ihrer Gegenwart noch nie gesagt. Doch statt sich über diesen Fortschritt zu freuen, musste Evie gegen die aufsteigende Wut ankämpfen. Dass sie an dem Ganzen auch noch selbst schuld war, machte es nur noch frustrierender.
Sie hatte sich den ganzen Morgen beeilen müssen. Die Zeit mit Charlie auf dem Berg hatte ihren Terminplan durcheinandergeworfen. Von dem Bewerbungsgespräch mit einem weiteren ungeeigneten Kandidaten hatte sie nur noch die letzten fünf Minuten miterlebt, und jetzt kamen sie auch noch zu spät ins Spring Fever. Hoffentlich wartete Hannah auf sie.
„Warum möchtest du denn auf einmal nicht mehr? Früher bist du doch immer gerne hergekommen und hast dir alle möglichen Schmuckanleitungen angesehen.“
„Ist nicht mehr … dasselbe.“
Evie kniete sich neben den Rollstuhl. Ihr Herz flog diesem Mädchen zu, das fast alles verloren hatte. Was für eine Rolle spielte da ihr blöder Terminplan? Es ging um Taryn, nur sie zählte.
„Nein. Es ist nicht mehr dasselbe. Aber manche Dinge haben sich nicht verändert. Und ganz bestimmt wird es dir immer noch Spaß machen, Schmuck herzustellen. Alle Mädchen lieben Schmuck, oder nicht?“
Taryn warf ihr einen Seitenblick zu und zuckte mit den Schultern.
„Ich verspreche dir, dass alles gut geht. Es ist noch früh, der Laden hat noch gar nicht geöffnet. Deine Mutter und Claire Bradford sind da. Und Hannah. Nur Menschen, die dich mögen und
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