Nur die Liebe heilt
denn rauswerfen? Sehen Sie sich meine Tochter doch an. Sie ist ein vollkommen anderer Mensch als noch vor zwei Wochen.“
„Dann vertrauen Sie mir, Brodie“, flehte sie. „Und glauben Sie mir, dass ich niemals etwas tun würde, das Taryn verletzt. Ich versuche nur, ihr zu helfen. Ich wusste, dass Sie gegen Charlies Besuche sind, aber ich habe sie zugelassen, weil er Taryn wirklich hilft. Nur deswegen bin ich dieses Risiko eingegangen.“
Was sollte er dagegen denn einwenden? Evie hatte ihnen ursprünglich wegen ihrer eigenen schmerzhaften Vergangenheit nicht helfen wollen. Und nun war sie schon länger als zwei Wochen hier, einen endlosen Tag nach dem anderen, immer heiter und geduldig. All das machte sie nur für Taryn. Und er hatte längst kapiert, dass sie den Jungen nicht aus Hinterhältigkeit ins Haus gelassen hatte.
Gleich nach dem Unfall, in diesen schrecklichen, dunklen Tagen, als die Ärzte nicht wussten, ob Taryn ihre Verletzungen überhaupt überleben würde, hatte Brodie Gott geschworen, alles, wirklich alles in seiner Macht Stehende zu tun, um seiner Tochter zu helfen, wenn Er sie nur weiterleben ließ. Aber verdammt. An so etwas hatte er nun wirklich nicht gedacht.
„Ich finde es furchtbar.“
„Ich weiß.“ Wieder berührte sie seinen Arm. Und wie zuvor konnte er spüren, wie die Spannung von ihm wich und sein Ärger sich auflöste.
Sie zögerte einen Moment, und dann, bevor er so recht begriff, was sie da tat, umarmte sie ihn zart.
Unsicher, wie er reagieren sollte, erstarrte er. Brodie gehörte nicht zu den Menschen, die gern andere umarmten, wahrscheinlich, weil sein Vater solche Gefühlsäußerungen immer abgelehnt hatte. Was Katherine allerdings nie davon abgehalten hatte. Vielleicht war sein Vater streng und hart gewesen, doch das hatte seine Mutter mit ihrer bedingungslosen Liebe wieder aufgewogen.
Evies einfache, unerwartete Umarmung war tröstlich und beruhigend. Er konntenicht anders, als seine Arme ebenfalls um sie zu schlingen und sie fest an sich zu drücken.
So standen sie eine lange Zeit, ohne zu sprechen, und keiner schien es eilig zu haben, diese zarte Verbindung zwischen ihnen wieder zu lösen.
Sie war es dann, die als Erste zurücktrat, und er sah etwas Zärtliches und Weiches in ihren Augen, bevor sie die Lider darüber senkte und ihre Finger ineinander verschränkte. „Wenn Sie es absolut nicht ertragen können, Charlie im Haus zu haben, dann werde ich ihm jetzt sagen, dass er gehen und nicht wiederkommen soll. Garantiert wäre Taryn nicht glücklich darüber, aber das ist Ihr Haus und Sie sind ihr Vater. Sie haben das letzte Wort.“
Es war verlockend. Wirklich verlockend. Taryn würde schon darüber hinwegkommen, da war er sich fast sicher. Die neue Therapeutin begann nächste Woche mit ihrer Arbeit, und vielleicht würde das Taryn so sehr ablenken, dass sie Charlie vergaß.
Das war ungefähr so wahrscheinlich, wie seine Mutter sich einen Totenkopf auf die Stirn tätowieren lassen würde.
„Er kann weiterhin kommen, aber ich möchte ihn nicht sehen. Sorgen Sie dafür, dass er nur im Haus ist, wenn ich es nicht bin.“
Ihr Lächeln war atemberaubender als ein Sonnenstrahl, der nach Wochen grauen Himmels durch die Wolken brach. Und mit einem Mal hatte er das Gefühl, dass er so ziemlich alles tun würde, damit sie ihn noch einmal so anlächelte.
„Sie sind ein guter Vater, Brodie. Taryn kann von Glück sagen, Sie zu haben.“
Dessen war er sich im Augenblick nicht so sicher. Charlie Beaumont auch nur in ihre Nähe zu lassen war schließlich vielleicht ein riesiger Fehler.
Hatte sie sich schon einmal zuvor dermaßen in einem Menschen geirrt?
Obwohl sie eigentlich zurück zu Taryn und Charlie auf die Terrasse gehen sollte, blieb Evie noch eine Weile in der Küche und beobachtete, wie Brodie in seinen luxuriösen Geländewagen stieg. Sie war immer sehr stolz auf ihre Menschenkenntnis gewesen, doch was Brodie Thorne betraf, hatte sie offenbar vollkommen falschgelegen.
Sie hatte diesen Mann immer für ein kaltes, humorloses Wesen gehalten. Doch so, wie sie ihn in den letzten Wochen kennengelernt hatte, konnte sie diesen Eindruck nicht aufrechterhalten. Vom ersten Moment an hatte sie ihn nicht leiden können. Immer wieder hatte sie sich gefragt, wie Katherine – so warm und großzügig und liebevoll – bloß einen so widerwärtigen Sohn haben konnte.
Doch ein solcher Mann hätte bei ihrem Streit niemals klein beigegeben, sondern so lange getobt und
Weitere Kostenlose Bücher