Nur die Liebe heilt
Taryn sicher saß, den Hund zu ihren Füßen, stopfte Charlie die Hände in die Hosentaschen. Immerhin sah er Brodie direkt in die Augen, auch wenn er dabei zu Tode erschrocken wirkte.
„Ich gehe jetzt besser“, sagte er leise.
„Gute Idee.“ Brodie wusste, dass er wie ein Vollidiot klang, doch solange Charlie in der Nähe war, konnte er für nichts garantieren. „Wobei – du solltest zumindest bleiben, bis ich erfahren habe, was hier los ist und warum ich dich nicht wegen Hausfriedensbruchs einbuchten lassen soll.“
„Dad, halt.“ Taryn warf ihm einen empörten Blick zu, der ihn schmerzhaft an die Zeit vor ihrem Unfall erinnerte. „Reg dich nicht auf. Es ist g-gut.“
„Sehe ich nicht so.“
„Charlie ist mein F-freund. Mit ihm … macht Therapie … Spaß.“
„Wie lange kommt er schon hierher?“
Evie sah aus, als ob sie darauf lieber nicht antworten wollte, doch dann seufzte sie. „Seit unserem ersten Ausflug ins String Fever . Er kommt jeden Morgen für ein oder zwei Stunden, danach ist Hannah Kirk dran. Ich hätte es Ihnen sagen sollen. Bloß … mir war klar, wie Sie darauf reagieren würden.“
„Wie soll ich denn reagieren, wenn jemand, dem ich das Leben meiner eigenen Tochter anvertraut habe, mich dermaßen hintergeht?“ Er dachte daran, wie sie sich geküsst hatten, und an all seine Gefühle für sie, die er seit Wochen zu unterdrücken versuchte.
Er war niemand, der anderen einfach so vertraute. Er war mit einem Vater aufgewachsen, der ihn ständig wie einen Versager behandelt hatte, das hatte ihn reizbar und vorsichtig werden lassen. Aber Evie hatte er mehr vertraut als jeder anderen Frau zuvor, von seiner Mutter einmal abgesehen. Wie konnte sie Charlie in dieses Haus bringen, in das Leben seiner Tochter, obwohl sie doch wusste, wie sehr er diesen Jungen hasste? Den Jungen, der einfach alles zerstört hatte?
„Ich hätte es Ihnen sagen sollen. Es nicht zu tun war falsch von mir, und dafür bitte ich um Entschuldigung. Aber ich habe das alles nur getan, um Taryn zu helfen.“
Er öffnete den Mund, um zu widersprechen, schloss ihn dann allerdings wieder. Zwar gefiel es ihm nicht, seine Tochter allein mit Charlie auf der Terrasse zu lassen, zugleich aber wollte er nicht vor zwei Teenagern und einem sehr neugierig dreinschauenden Hund streiten!
„Ms Blanchard. Könnte ich kurz drinnen mit Ihnen sprechen?“
Bei seinem eiskalten Ton wurde auch ihr Blick kühl, sie sah überhaupt nicht mehr wie die zärtliche Frau aus, die er geküsst hatte. In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass sie ihm bei ihrem letzten Kuss dies hier bereits verheimlicht hatte …
„Selbstverständlich. Du kannst Jacques auch vom Stuhl aus den Ball zuwerfen“, wandte sie sich an Taryn. „Versuche mal, mit der linken Hand von unten zu werfen. Ja, genau so. Sehr gut.“
Sie ging ihm voraus in die Küche, die nach der kühlen Bergluft stickig wirkte.
„Sie haben ihn fast zwei Wochen lang einfach in mein Haus gelassen.“
„Er hilft ihr sehr. Sie sollten das mal sehen, Brodie. Wenn Charlie auftaucht, ist Taryn hundertmal motivierter. Wenn er da ist, gelingen ihr in einer halben Stunde Dinge, die ich mit ihr nicht mal nach mehreren Tagen erreiche.“
„Sie wissen, dass ich das niemals erlaubt hätte. Sie hatten kein Recht, ihn in mein Haus zu lassen.“
„Falsch. Sie haben mir dieses Recht gegeben!“
Er hatte sie schon verärgert erlebt, jedoch noch nicht wütend. Jetzt starrte sie ihnmit erhitzten Wangen an. Er weigerte sich zu bemerken, wie wunderschön sie aussah. „Ich wollte das alles gar nicht tun, schon vergessen?“, fuhr sie fort. „Aber Sie waren einverstanden, dass ich das alleinige Sagen habe, wenn es um Taryns Therapie geht.“
„Deswegen haben Sie also so vehement darauf bestanden? Weil Sie das von Anfang an geplant hatten?“
„Natürlich nicht“, erwiderte sie. „Ich habe Charlie vorher gar nicht gekannt.“
„So etwas jedenfalls habe ich mit ‚alleinigem Sagen‘ nicht gemeint.“
„Dann sollten Sie das nächste Mal genauer sein. Sie meinen also, ich darf alles versuchen – nur nicht das Einzige, was zu funktionieren scheint?“
Verblüfft sah er sie an. Was konnte er darauf entgegnen, ohne schon wieder wie der größte Vollidiot zu klingen? „Sie hätten es mir sagen müssen.“
„Ja. Absolut. Sie hatten das Recht, davon zu erfahren. Ich hätte es Ihnen schon sagen müssen, als Charlie zum ersten Mal gekommen ist. Ich möchte ganz ehrlich zu Ihnen sein, Brodie.
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