Nur die Liebe heilt
Finger über die Schmuckstücke wandern. Evie freute es immer, wenn jemand der Versuchung nicht widerstehen konnte, die Steine anzufassen. Ihr selbst ging es schließlich genauso.
„Die ist aber hübsch“, rief eine der Frauen aus und hielt eine Kette aus Halbedelsteinen in die Höhe, die Claire im Sommer gemacht hatte.
„Jeder dieser Steine ist aus Colorado“, erklärte Evie, dankbar für die Ablenkung. „Wir arbeiten mit einem Mann in Denver zusammen, der die Steine sammelt und dann für uns herrichtet.“
„Schön, einfach wunderschön“, begeisterte sich die Frau.
„Dann kauf sie, May“, meinte die andere. „Du kannst dir damit selbst ein Geburtstagsgeschenk machen.“
„Oh, das sollte ich besser nicht“, erwiderte May.
„Probieren Sie die Kette doch mal an.“ Evie zog einen Handspiegel unter dem Ladentisch hervor.
Die ältere Dame zögerte einen Moment, willigte dann ein, und Evie wusste, dass die Kette so gut wie verkauft war. Wenn eine Kundin erst einmal ein Schmuckstück anlegte, standen die Chancen gut, dass sie auf das Gefühl auf der Haut nicht mehr verzichten wollte.
Und so war es auch in diesem Fall. May betrachtete sich von allen Seiten im Spiegel und zog anschließend ihre Kreditkarte aus der Tasche. Am Ende erstanden sie und ihre Schwester zwei Paar Ohrringe und eine weitere Kette mit einer antiken Kameebrosche als Anhänger.
Würde sie einmal wie diese alte Frau sein, die für sich selbst ein Geburtstagsgeschenk kaufte, weil es sonst niemand tat? Oder würde sie eines Tages doch noch das Risiko eingehen und einen Mann vorbehaltlos lieben?
Fast zu Hause.
Das freudige Gefühl, das sie immer ergriff, wenn sie nach Hope’s Crossing zurückkehrte, erstaunte sie jedes Mal aufs Neue. Beim Anblick der Berge war der Stress des vergangenen Wochenendes sofort verflogen.
Ein Sturm zog auf. Blitze ließen die Berggipfel aufleuchten, schwerer Donner folgte. Sie liebte es, bei Gewitter durch ihr großes Fenster auf die Main Street zu schauen und die Blitze über die Berge zucken zu sehen.
Und heute würde sie es sogar noch mehr genießen, denn die wenigen Schmuckstücke, die sie nicht verkauft hatte, befanden sich sicher verpackt im Kofferraum ihres Wagens und würden in den nächsten Monaten nur noch im String Fever verkauft werden. Die Zeit der Kunsthandwerksmärkte war für dieses Jahr vorbei.
Das ganze Wochenende über war herrliches Wetter gewesen, und der Markt hatte riesige Besuchermengen angezogen. Sie hatte mehr verkauft als jemals zuvor, doch jetzt war sie froh, dass wieder etwas Ruhe einkehren würde.
Wie erwartet, waren die Straßen der Stadt menschenleer. Sie fühlte sich, als wäre sie nicht nur ein paar Tage, sondern wochenlang weg gewesen. Sehr zu ihremVerdruss hatte Brodies Kuss sie so durcheinandergebracht, dass sie vergessen hatte, das Ladekabel für ihr Handy mitzunehmen. Ohne Telefon hatte sie sich zwar mehr als verloren gefühlt, jedoch einfach keine Zeit gefunden, in Crested Butte ein neues Ladekabel zu kaufen.
Der Woodrose Mountain ragte über der Stadt auf, und auf einmal sehnte sie sich danach, im Mondlicht durch die Berge zu wandern. Was bei dem Gewitter aber wahrscheinlich nicht die beste Idee war.
Sie vermisste ihren verrückten Hund. Am liebsten hätte sie ihn direkt abgeholt, andererseits wollte sie Brodie heute nicht mehr über den Weg laufen. Also war es wohl besser, noch einen Tag zu warten.
Es donnerte, als sie hinter dem Laden parkte. Regentropfen begannen zu fallen. Mit dem Koffer rannte sie zum Gartentor, brauchte einen Moment, bis sie das Tor geöffnet hatte – und wurde dann von einem vertrauten, wohlerzogenen Bellen begrüßt.
Sie erstarrte. Unmöglich. Brodie hätte Jacques niemals einfach hierher gebracht und dann allein gelassen, vor allem nicht bei diesem Wetter. Wahrscheinlich hatte sie sich das Bellen nur eingebildet.
Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie Jacques auf sich zurennen, sein Fell schimmerte, als der Mond einen kurzen Moment durch die dunklen Wolken spähte.
Und der Hund war nicht allein. Brodie erhob sich von einem Gartenstuhl.
„Brodie! Was machst du denn hier?“
„Auf dich warten.“
Seine dunkle Stimme jagte ihr einen erregenden Schauer über den Rücken, sie musste schlucken. „Das wird ja langsam zu einer schlechten Angewohnheit.“
In der Dunkelheit wirkte sein Gesicht bleich. „Wem sagst du das. Aber ich wollte unbedingt mit dir sprechen.“
Ihr Herz schlug schneller. „Ah
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