Nur die Liebe heilt
dem Bedürfnis, ihn zu trösten, seinen Schmerz zu lindern. Und obwohl eine innere Stimme sie davor warnte, schlang sie die Arme um seine Hüfte und spendete ihm den einzigen Trost, den sie zu geben hatte. Einen langen Moment rührte er sich nicht, dann nahm er sie fest in die Arme und klammerte sich an sie wie an einen Rettungsring.
So standen sie lange in ihrer kleinen Wohnung, während draußen das Gewitter tobte und Regen gegen das Fenster prasselte. Sanfter Frieden schien sich in einer weiten Fläche um sie herum auszubreiten, ruhig und süß.
Als ihr mit einem Mal die ganze Wahrheit aufging, hätte sie am liebsten losgeweint: Sie war dabei, sich in ihn zu verlieben. Aber darüber musste sie später nachdenken, wenn er wieder fort war. Jetzt ging es erst einmal um etwas anderes.
„Ich verstehe vollkommen, dass du deine Tochter beschützen willst, Brodie. Du hast alles dafür getan, damit sie wieder ein selbstständiges Leben führen kann.“ Ihre nächsten Worte wählte sie besonders sorgfältig. „Aber glaubst du nicht, dass Taryn sich nach all dem das Recht verdient hat, selbst über ihr Schicksal zu entscheiden?“
Er starrte sie an, dann schloss er die Augen und zog sie fester an sich. Es war ein überwältigendes Gefühl, wie ihre beiden Herzen sich ganz sanft miteinander verbanden, und am liebsten wäre sie davongelaufen.
„Verdammt. Warum musst du immer so klug sein?“
Oh, wenn er wüsste. Sie war in vielerlei Hinsicht so schrecklich dumm. Sie hätte damals bei ihrem Nein bleiben sollen, schließlich hatte sie doch instinktiv gespürt, dass die Arbeit mit Taryn ihr Leben vollkommen auf den Kopf stellen würde. Dass all die sorgsam errichteten Mauern einstürzen und sie nicht mehr länger beschützen würden.
Das neue Leben, das sie sich in Hope’s Crossing aufgebaut hatte – sicher und ruhig und bequem – würde davonwehen wie Herbstlaub im Wind.
Sie war dabei, sich in Brodie Thorne zu verlieben, obwohl sie doch ganz genau wusste, dass die Geschichte für sie nicht gut ausgehen würde.
Das alles war ihr vollkommen klar – doch als er den Kopf senkte, um sie zu küssen, war sie nicht in der Lage, sich von ihm zu lösen. Sie ließ sich in seine Umarmung sinken, und das fühlte sich aller Vernunft zum Trotz richtig an.
Zuerst war es nicht viel mehr als ein leichtes Streifen der Lippen, sanft und träge wie stiller Regen kurz vor der Morgendämmerung. Diese umwerfende Zärtlichkeit ließ auch noch ihren letzten Widerstand bröckeln. Brodie lehnte sich ans Fensterbrett und zog Evie zwischen seine langen, ausgestreckten Beine.
Hinter ihm leuchtete ein Blitz auf. Würde sie jemals wieder ein Gewitter in Hope’s Crossing sehen können, ohne dass jeder einzelne Blitz sie daran erinnerte, wie Brodie die Arme um sie schlang und sie küsste, bis ihr die Knie weich wurden?
Sie küssten sich lange. Kühle Luft drang durchs Fenster, der Regen lief über die Fensterscheibe. Das Unwetter ließ langsam nach.
Ihre innere Stimme rief ihr ärgerlich zu aufzuhören, bevor sie zu weit gingen, abersie ignorierte die Warnung. Auch als er sie zum Sofa zog, protestierte sie nicht. Sie war viel zu beschäftigt damit, sich an seinen wunderbar männlichen und festen Körper zu schmiegen.
Und noch weniger hatte sie einzuwenden, als er die Lippen über ihre Wangen hinab zu ihrem Hals wandern ließ, sein heißer Atem so sinnlich auf ihrer Haut.
Während er die Knöpfe ihrer Bluse öffnete, war aus der warnenden Stimme nur noch ein kaum hörbares Wimmern geworden. Sie fing gerade an, Brodie zu lieben, und hier mit ihm zusammen zu sein, während der Regen leise ans Fenster prasselte, fühlte sich unglaublich richtig an.
12. KAPITEL
Dahin waren seine guten Absichten.
Vorhin im Garten noch hatte er sich eingeredet, dass er nur gekommen sei, um Evie um ihre Hilfe zu bitten. Er vertraute ihr eben – manchmal überraschte es ihn, wie sehr.
Und so hatte sein großartiger Plan ausgesehen: Er wollte Evie bitten, Taryn von einer Aussage vor Gericht abzubringen, dann würde er brav nach Hause verschwinden und danach würden sich ihre Wege nicht mehr allzu oft kreuzen, da ihre Zeit mit Taryn schon fast um war.
Aber dann hatte sie ihn tröstend in die Arme genommen, und er hatte ihr einfach nicht länger widerstehen können. Welcher Mann wäre dazu in der Lage gewesen? Evie Blanchard war so schön und sanft und liebevoll.
Er begehrte sie mit einer Heftigkeit, die seinen Verstand völlig benebelte. Noch nie hatte er sich
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