Nur die Liebe heilt
ja?“
„Meine Mutter sagte mir, dass du am Abend zurückkommst. Und ich hoffte, dich jetzt noch zu erwischen.“
„War Jacques wirklich so eine Last?“
Er streichelte den Hund hinter den Ohren und heimste dafür einen verzückten Blick ein. „Wie bitte? Nein. Taryn hat viel Spaß mit ihm gehabt. Und es stimmt, er ist wirklich sehr gut erzogen. Wir haben seine Gesellschaft genossen.“
Wie zur Unterstreichung seiner Worte erschütterte ein mächtiger Donnerschlag das Haus. Evie zuckte zusammen, und Jacques eilte sofort an ihre Seite, drückte seinen schlanken Körper an sie, und ihr Herz schwoll an vor Liebe zu diesem Wesen, das seine Liebe so großzügig verteilte.
Jetzt fiel der Regen stärker, es roch herrlich nach Erde und Blumen und nassen Ziegelsteinen. Ein weiterer Blitz zerteilte den Himmel, gefolgt von Donnergrollen.
„Lass uns hineingehen, bevor wir hier völlig durchgeweicht werden. Wir können uns oben unterhalten.“
„Gute Idee.“ Bevor sie protestieren konnte, nahm er ihr den Koffer aus der Hand und lief vor ihr die schmale Treppe hinauf.
Wie erwartet, war es in ihrer Wohnung wieder so stickig wie schon beim ersten Mal, als er sie besucht hatte. Sie öffnete die Fenster, und kühle Luft ließ die Vorhänge flattern.
„Möchtest du etwas trinken?“
„Du hast eine lange Fahrt hinter dir und brauchst jetzt wirklich nicht die perfekte Gastgeberin zu spielen. Setz dich.“
Sie war tatsächlich sehr erschöpft und ließ sich auf das Sofa sinken. Er setzte sichin den bequemen Sessel, den sie auf einer Möbelmesse in Denver erstanden hatte.
Jacques spazierte durch die Wohnung, beschnüffelte jede Ecke, als ob er sich erst wieder mit der Wohnung vertraut machen müsste, und Evie dachte, wie schön es wäre, wenn Brodie sie jetzt in die Arme schließen würde. Wenn sie sich zur Abwechslung einmal an jemanden anlehnen könnte.
„Was ist los, Brodie?“
Er seufzte. „Ich brauche einen Rat.“
Und da kam er ausgerechnet zu ihr? „Aber sicher. Worum geht es?“
„Du hast doch von Charlies Verhandlung gehört, oder?“
„Oh, die hatte ich ja ganz vergessen. Nein, ich habe nichts gehört. Der Akku meines Handys ist leer, und ich hatte kein Ladekabel dabei.“
„Ach so. Deswegen hast du meine Anrufe nicht beantwortet. Ich versuche schon seit Tagen, dich zu erreichen. Ich dachte, dass du mir vielleicht absichtlich aus dem Weg gehst.“
„Warum sollte ich das tun?“, fragte sie in unschuldigem Ton, der allerdings nicht einmal sie selbst überzeugte. Wahrscheinlich wäre sie tatsächlich nicht ans Handy gegangen, auch wenn es funktioniert hätte.
„Das habe ich mich auch gefragt. Jedenfalls gehe ich morgen auf Geschäftsreise und wollte unbedingt vorher mit dir sprechen.“
„Tut mir leid. Fang am besten ganz von vorn an. Was ist bei der Verhandlung geschehen?“
„Du wirst es nicht glauben.“
„Dann erzähl endlich, Himmel noch mal“, rief sie aus.
Er machte ein klägliches Gesicht. „Ich hab es selbst noch nicht richtig verarbeitet, wenn ich ehrlich bin. Charlie hat sich in allen Punkten für schuldig bekannt. Fahrlässige Tötung, Alkoholkonsum unter 21, Alkohol am Steuer, alles. Jeder war total überrascht.“
Sie starrte ihn an, nicht sicher, was sie entgegnen sollte. Ach, Charlie , dachte sie. „Und sein Vater war damit einverstanden?“
„Er scheint keine Ahnung gehabt zu haben. Er und die Anwälte haben sich fast in die Hosen gemacht und mit allen Mitteln versucht, Charlie zum Schweigen zu bringen.“
„Und das Gericht hat ihm das abgenommen?“
Brodie nickte ernst. „Wenn du Charlie gehört hättest, würdest du es verstehen. Er war sehr überzeugend. Er sagte, dass er zutiefst bereue, was geschehen sei, und dass er bereit sei, für seine Fehler geradezustehen. Richterin Kawa blieb gar nichts weiter übrig, als ihn beim Wort zu nehmen.“
Sie versuchte, sich Bürgermeister Beaumont und seine Frau Laura vorzustellen, die so sehr darauf gehofft hatten, dass ihr Sohn ungeschoren aus dem Ganzen hervorgehen würde. Warum auch nicht, sie hatten ja wirklich genug Geld und Macht, um ihn da rauszupauken.
Aber vielleicht handelte es sich ja einfach um eine gut durchdachte Strategie – mildernde Umstände wegen eines kompletten Schuldeingeständnisses oder so etwas.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Brodie, der offensichtlich auf eine Reaktion von ihr wartete. Allerdings verstand sie noch immer nicht, was das Ganze mit ihr zu tun hatte und wieso er ihren
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