Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)
Tonfall.
„Was noch?“ wiederholte Piet Drachmann und hob theatralisch die Hände. „Lauter Einzelheiten.“
„Welche Einzelheiten?“ Bernard ließ sein Gegenüber nicht mehr aus den Augen.
„Nun, vor allem, Sie haben einen Kunden verloren, Ihren größten Kunden.“
„Ja, weil wir Idioten uns um Smith, Hendersons größten Kunden gekümmert haben und Herrn Villepin unseren Kunden überlassen haben. Herr Villepin hat nach Verlust des Kundens gekündigt, was mehr sollte er tun?“ Anne-Sophie legte ihre Papiere wieder zu einem Stapel zusammen, stand auf und sagte: „Das ist alles lächerlich. Nur eins müssen Sie wissen, diese Anschuldigungen können Sie nicht ohne Konsequenzen aussprechen. Sie wollen Zwietracht in dieser Firma, aber glauben Sie bloß nicht, Sie bekommen den Geschäftsführerposten in Nizza. So blind ist selbst Mr. Miller nicht. Wenn Sie mit uns stimmen würden, haben Sie und wir eine Chance. So hat keiner eine.“ Sie rückte energisch ihren Stuhl beiseite und verließ den Konferenzraum.
„Was für ein Spiel spielen Sie?“ fragte Bernard mit ärgerlichem Blick auf Piet Drachmann und stand ebenfalls auf. Als Antwort erhielt er nur ein hämisches Grinsen.
Anne--Sophie knallte ihre Papiere auf den Schreibtisch ihres Büros. Draußen ballten sich die Wolken zu einem Gewitter zusammen, das war ungewöhnlich für einen Tag im Juni.
„Das kommt nicht von ihm. Zu so einer weittragenden Äußerung hätte sich der Feigling nicht ohne Segen aus New York hinreißen lassen“, sagte Anne-Sophie, die am Fenster stand und den prasselnden Regen betrachtete.
„Sie wollen uns raushaben und benutzen Drachmann dafür“, sagte Bernard, seine Stimme klang wieder heiser.
„Ganz danach sieht es aus“, sage Anne-Sophie. „Wenn sie uns rausekeln und wir kündigen, sparen sie eine Menge Geld. Den Gefallen werde ich ihnen nicht tun.“
Bernard sagte nichts.
„Nur gewinnen kann der Feigling bei diesem Spiel nicht. Hätten sie ihn für stark genug gehalten, ihre Agentur zu führen, hätten sie uns nicht anheuern müssen. Harry Miller hat auf Julien gesetzt und jetzt, wo er sich verkalkuliert hat, sucht er sich neue Leute für Nizza. Der Drachen soll ihm helfen, uns los zu werden, dann wird er den Neuen beauftragen den Drachen los zu werden.“
„Scheißspiel“, sagte Bernard. Beide blickten auf den heftig prasselnden Gewitterregen.
„Ganz oben wird Schach gespielt, das wissen alle, doch es am eigenen Leibe zu erfahren, ist ein neues, unschönes Erlebnis“, sagte Anne-Sophie abschließend.
11.
Anne-Sophie wartete bis alle Angestellten das Haus verlassen hatte. Dann rief sie das Londoner Büro an. Ted war zurück aus New York und am Apparat. „Du kannst sprechen, meine Sekretärin ist schon gegangen und abgehört werden wir wohl noch nicht.“
„Ted, hat Drachmann den Auftrag bekommen, uns rauszuekeln?“
„Anne-Sophie, wenn du glaubst, dass Harry Miller mir so etwas erzählt, bist du schief gewickelt. So etwas wird immer nur andeutungsweise ausgesprochen. Ich glaube, es gibt sogar einen Geheimcode dafür, nur ich kenne ihn nicht, ich habe in solchen Firmen noch nicht gearbeitet. Hör zu Anne-Sophie, ich habe das Meeting bezüglich der Halbjahresbilanz auf den Freitag gelegt, da können wir danach alles besprechen. Hast du was vor für das Wochenende oder hast du Zeit für mich. Ich glaube, wir sollten uns etwas besser kennen lernen.“
„Sagen wir mal von einer besseren Seite kennenlernen“, scherzte Anne-Sophie, sie hatte plötzlich ihre Unbefangenheit gegenüber Ted zurückgewonnen.
„Ich freue mich“, sagte Ted.
„Ich mich auch“, sagte Anne-Sophie hoffnungsvoll. Sie wusste immer noch nicht, ob es auch eine Mrs. Ambers gab. Google verriet es nicht und fragen traute sie sich nicht.
12.
Paul Katz hatte als erster im Konferenzraum Platz genommen. Er füllte seinen Stuhl aus, als ob er ihn nie wieder verlassen wollte. Auf allen Konferenzen war der ruhende Pol im Raum, er, der Finanzmann.
Mr. Calvin, der argentinische Gentleman, wirkte plötzlich schmal daneben, obwohl er der internationale Finanzmann war und Paul für den amerikanischen Markt zuständig.
Ted Ambers, betrat mit lautem „Hallo“ den Konferenzraum. Er zeigte zum Fenster auf das strahlende Blau des Himmels. „Hey, Anne-Sophie, bist du hier für das Wetter verantwortlich, der angekündigte Regen ist ausgeblieben.“
„Wenn wir im Juni ein, zwei Regentage habe, ist das viel.
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