Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)
Leute, die sagen, Piet Drachmann trank nie einen Whisky, neben seiner Leiche, ich meine auf dem Tischchen am Swimmingpool stand aber eine Flasche Whisky und ein Glas.“
Pina Navaro zuckte mit den Schultern. „Er trank nicht.“
„Selbst nicht, wenn die Amerikaner zu Besuch waren?“
„Auch dann nicht.“
„Ich schätze am Abend des Mordes waren Sie zuhause bei ihrem Mann.“
„Er wird es Ihnen bestätigen, wie er es der Polizei bereits bestätigt hat. Aber wir waren nicht zuhause, wir waren zum Dinner im Vesuvio, in Cannes auf der Croisette. Da brauchen Sie aber nicht nachzuforschen, die haben keine Reservierungsliste, weil man da nicht reservieren kann.“
„Gehen Sie des Öfteren ins Vesuvio?“
„Das schon.“
„Dann wird sie der ein oder andere Kellner kennen.“
Pina Navaro zuckte gelangweilt mit ihren Schultern.
31.
Ein schlaksiger Mann mit hellroten Kringellöckchen und extrem blasser Gesichtshaut kam Ken Bernstein mit ausgestreckter Hand entgegen. Der darauf folgende Händedruck war lasch. Durch eine schwarzgeränderte, kleine Brille, deren Kosten die Krankenkasse sicherlich übernommen hatte, beäugte er den von Mr. Kaybody beauftragten Detektiv argwöhnisch, wenn auch nicht unfreundlich.
„Sie sind Detektiv?“ fragte der Buchhalter.
„Die meisten Leute denken, uns gibt es nur in Krimis“, antwortete Ken Bernstein und schenkte dem scheuen, jungen Mann sein freundlichstes Lächeln.
“Nein, nein“, erwiderte der Buchhalter, „in den gelben Seiten sieht man schon mal die eine oder andere Anzeige einer Detektei. Nur war mir bis jetzt nicht klar, wozu die Leute so was brauchen. Es gibt doch die Polizei.“
„Wir haben mehr Zeit als die Polizei“, sagte Ken Bernstein ohne weiter auf seinen Beruf einzugehen.
Jean-Pierre Pecheurs Reich lag am Ende des Ganges. Ein kleines, stolzes Lächeln umspielte den ansonsten trotzig wirkenden Mund, als er seinen Besucher in das große, helle Zimmer bat. Zwei Schreibtische standen parallel zu den Fenstern, beide waren
mit Papieren bedeckt, die ein Ordnungsschema erkennen ließen. „Muss ich alles noch eingeben“, sagte der Buchhalter und zeigte auf seinen Computer.
„Sieht nach mächtig viel Arbeit aus.“ Ken Bernstein bezeugte sein Mitgefühl.
Der Buchhalter verriet, dass die Amerikaner ein neues Buchführungssystem eingeführt hätten. Die Gründe dafür waren jedoch allen schleierhaft gewesen, selbst Piet Drachmann. Eine Heidenarbeit war damit verbunden, alle ehemaligen Buchungen der VMC und auch der ehemaligen Henderson mussten auf einen Nenner gebracht werden.
„Ich bewundere die Geduld der Finanzmenschen“, sagte Ken Bernstein eine wenig pathetisch, „ohne sie wäre diese Welt ein einziges Chaos.“
Der Buchhalter beäugte ihn mit schrägem Blick. „Was kann ich für Sie tun?“ fragte er dann sachlich.
„Ich hoffe viel, der Finanzmann kennt die Firma meist besser als der Chef.“
Der Buchhalter lächelte vorsichtig.
„Hat die Firma finanzielle Probleme?“ fragte Ken Bernstein dann in sachlichem Ton.
„Hat Mr. Katz gesagt, wir hätten finanzielle Probleme?“ Der Buchalter bekam den schiefen Blick eines wachsamen Huhns, das seine Körner beschützte. Ken Bernstein beschwichtigte ihn, mit Mr. Katz hätte er noch nicht gesprochen.
Der Buchhalter zeigte sich erleichtert, ohne seinen Argwohn aufzugeben. „Wenn die Kunden pünktlich zahlen würden, hätte die Firma keinerlei Probleme. Nur, viele machen sich einen Spaß daraus, die Rechnungen hin- und herzuschicken, einmal soll das draufstehen, dann wieder das. Im Prinzip wollen sie nur die Zahlung verzögern. Uns kostet das eine Menge Schreibereien und Liquidität. Deren Buchhalter lachen sich ins Fäustchen, spielen den cleveren Maxe vor ihren Chefs.“
„Piet Drachmann hatte für dieses Jahr einen Planungsverlust von 180.000 Euro angegeben. Sie haben aber bereits jetzt einen Gewinn von 40.000 Euro erwirtschaftet, wie ich gehört habe. Der Buchhalter verzog seine blassen Lippen zu einem kurzen, stolzen Lächeln.
„Dieser auf der Planungsbilanz erstellte Verlust hatte gravierende Folgen. Sie wissen schon, die Gehaltskürzungen der Geschäftsführer. Bernard Cabernet ist beispielsweise aus diesem Grund gegangen“, sagte Ken Bernstein mit ernster Miene.
„Piet Drachmann hat auch sein Gehalt kürzen lassen, der lügt sich nichts in die Tasche. Die Di-Star hat mehr gebracht als erwartet. Bei dieser Gehaltskürzung handelte es sich um eine
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