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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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kann derweil die Statistiken führen, das Info verfassen und nebenbei so oft zum Strand kommen, wie es ihr Zustand erlaubt. Auf die Weise fühlt sie sich nicht ausgebootet.“
    Cara verzog gequält das Gesicht. „Aber dafür halse ich mir eine ganze Menge auf! Mensch, Flo, du weißt doch, dass ich mit diesen Aktivistinnen nie etwas am Hut hatte!“
    „Ach, nun gib dir mal ’nen Stoß“, mischte Emmi sich ein und stieß ihre Freundin in die Seite. „Deine Mama hat mich letztes Jahr auch eingewickelt. Ich räume ja ein, dass ich anfänglich auch alles andere als begeistert war, wenn ich früh raus musste, besonders wenn keiner da war und mir niemand zum Frühstück Gesellschaft leistete. Doch du kennst ja deine Mutter. Bevor ich mich versah, lief ich jeden Morgen Strandpatrouille und fühlte mich herrlich dabei. Abends konnte ich kaum den Sonnenuntergang erwarten, um endlich im Dunkeln mit den anderen Mädels bei den Nestern zu sitzen. Seitdem ich der Schildkrötengruppe angehöre, fühle ich mich hier wieder heimisch. Diese Insel ist dadurch wieder mein Zuhause geworden! Vorhin erwähntest du, dass der Sommer sich zuweilen lang hinzieht. Die Schildkröten stellen jedoch zweifellos seinen Höhepunkt dar. Und das Beste ist: Dies alles kannst du gemeinsam mit deiner Mutter erleben!“
    „Und die braucht dich jetzt“, fügte Flo lakonisch hinzu.
    Dieses letzte, ruhig ausgesprochene Argument gab für Cara den Ausschlag. Noch kreiste es zwar in ihrem Kopf, doch eine Alternative wollte ihr nicht einfallen. Ihr war, als werde sie wie ein Stück Treibholz hinauf aufs Meer gezogen.
    „Helft ihr mir denn auch? Ich habe doch nicht die geringste Ahnung!“
    „Na klar, wir alle unterstützen dich“, versicherte Flo. „Sei unbesorgt, Caretta. Du hast die beste Lehrerin der Welt!“
    Emmi war plötzlich den Tränen nahe und umarmte ihre Freundin zum wiederholten Mal. „Ich bin so froh, dass du wieder zu Hause bist! Willkommen daheim!“
    Die Meeresschildkröte lässt ihre lederartigen Eier in die Bebrütungsgrube fallen, jeweils zwei, drei oder vier auf einmal. In jedes Nest legt sie 80 bis 150 dieser tischtennisballgroßen Kugeln.

9. KAPITEL
    A n der Küste von South Carolina beginnt der Sommer nicht mit der Tag- und Nachtgleiche, sondern am Tag nach dem Memorial Day, wenn die Schulen ihre Pforten öffnen und die Kinder mit Hurra und Triumphgebrüll an die Strände strömen, wenn bunte Handtücher wie Wimpel im Wind flattern und Segelschiffe auf dem Meer kreuzen. Die Ferienhäuser, die das Ufer säumen, sind bis September ausgebucht, denn dann fängt die Schule wieder an. Bis dahin jedoch kriecht der Urlaubsverkehr Stoßstange an Stoßstange über den Boulevard.
    Für Cara markierte ihr erster Tag im „Turtle Team“ den Beginn des Sommers. Bald nach ihrer Aufnahme in die Schildkröteninitiative traf telefonisch die Meldung ein, dass Schildkrötenspuren in Höhe der 22. Avenue gesichtet worden waren. Als man Lovie weckte und ihr diese Neuigkeit mitteilte, grinste sie wie ein Honigkuchenpferd. „Schnapp dir den roten Eimer!“ befahl sie und schlug die Laken beiseite.
    Mitsamt Eimer und Utensilien ging es im Goldkäfer in Richtung Schildkrötengelege. An diesem Morgen war es leicht bewölkt. Vom Meer her wehte eine frische Brise. Cara saß am Steuer. Nach jahrelanger Gewöhnung an Automatikgetriebe und zähflüssigen Stadtverkehr war es ein ganz neues Gefühl, ein Auto mit herkömmlicher Schaltung durch die kurvenreiche Strecke zu lenken. Mit heruntergelassenem Faltdach gondelten sie wie zwei Teenager auf einer Spritztour über den Palm Boulevard. Rechts neben Cara saß ihre Mutter und hielt strahlend ihren Hut fest, damit der Fahrtwind ihn ihr nicht vom Kopf riss. Feine Strähnen weißblonden Haars flatterten ihr um die schmalen kleinen Hände. Zuweilen wirkte Lovie regelrecht jung!
    Cara stellte den Käfer auf einem sandigen Randstreifen ab, setzte die Baseballkappe auf und sprang leichtfüßig aus dem Wagen, um zur anderen Seite zu eilen und ihrer Mutter beim Aussteigen behilflich zu sein. Beladen mit sämtlichen Utensilien, folgten sie dem schmalen, gewundenen Pfad, der zum Strand führte. Die Häuser standen hier so dicht beieinander, dass Cara der aus zahlreichen Küchen dringende Duft von Kaffee und gebratenem Frühstücksspeck in die Nase stieg. Vor ihr lief Lovie, behände wie eine Bergziege, doch zwischendurch hielt sie inne und hustete. Der Husten klang feucht und schien tief aus der Brust zu kommen, ein

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