Nur dieses eine Mal
haben, wann und mit wem er wollte.
Guilia zu seiner Frau zu machen änderte alles.
Die Ehe war für ihn etwas Heiliges.
Er war ausgesprochen konservativ erzogen worden, und auch wenn er sich gern seinen Spaß gönnte, würde er in einer solchen Verbindung niemals handeln, wie er es als freier Mann tat.
Es würde keine anderen Frauen mehr geben und er würde jeden Tag nur mit dieser einen ins Bett gehen.
Grimmig schürzte er die Lippen.
Nun, sie hatte es ja letztlich so gewollt. Mit ständigen Migräneattacken brauchte sie ihm künftig nicht kommen, sein sexueller Appetit war enorm und als seine Frau hatte sie dem entgegenzukommen. Er galt nicht ohne Grund als sexhungriger Macho.
Wenn sie allerdings nur halb so willig war, wie in ihrer ersten Nacht, dann sah er darin kein Problem. Sie hatte mindestens genauso danach gelechzt wie er.
Lächelnd strich er sich über das Jackett, öffnete die Tür und trat auf den Korridor hinaus.
Zwanzig Meter trennten ihn von dem Pfarrer und der Hochzeitsgesellschaft, die sich in der Kirche versammelt hatten. Zwanzig Meter, die ihm vorkamen, wie der Weg zu einem mittelalterlichen Schafott.
Die Krawatte war plötzlich zu eng und er fühlte sich unwohl in seiner Haut. Unruhig verharrte er im Vorraum und atmete tief durch. Alles in ihm sträubte sich dagegen, das Kirchenschiff zu betreten. Als er ein leises Geräusch vernahm, legte er den Kopf schief.
Irritiert folgte er dem Laut zu der gegenüberliegenden Tür, hinter der jenes Zimmer verborgen war, in dem sich die Braut umkleidete. Mit geblähten Nasenflügeln blieb er davor stehen und presste eine Hand auf das kühle Holz. Irgendjemand schnäuzte sich geräuschvoll die Nase.
Ihm war bewusst, dass es gegen die Tradition war und seine Mutter vermutlich laut aufgeschrien hätte, dennoch drückte er die Klinke herunter und schob die Tür einen Spalt breit auf.
Guilia hockte vor dem bodentiefen Spiegel auf dem Boden, in einer Wolke aus heller Seide. Ihr Gesicht war mit zerlaufener Wimperntusche verschmiert und sie heulte sich offenbar die Augen aus dem Kopf, während sie vor sich hin grinste.
Was war hier los?
Ihr Blick hob sich, als er hinter ihr den Raum betrat und sie starrte ihn im Spiegel an. Mit blassen Zügen, zerzaustem Haar und verquollenen Augen quälte sie sich wankend vom Boden hoch. Er musterte sie.
Himmel, wusste dieses Weib eigentlich, wie heiß sie selbst mit verheultem Gesicht aussah?
„Was tust du hier?“, wollte sie mit deutlich belegter Stimme wissen.
Domènico runzelte die Stirn.
Hatte sie getrunken?
„Du darfst mich gar nicht sehen.“ Sie gestikulierte wild und versuchte hektisch die Spuren ihrer Tränen zu beseitigen, was
ihr restliches Make-up vollständig ruinierte. Entsetzt starrte sie ihr Spiegelbild an und begann erneut zu weinen.
„Ich habe dein Geheul auf dem Flur gehört“, gab er spöttisch zurück. „Da wollte ich wissen, ob du dich in einen Werwolf verwandelst.“
Sie kicherte kurz, schluchzte auf und presste das Taschentuch auf ihre Lider. Gehüllt in einen cremefarbenen Mädchentraum war sie trotz der Tränen und den dunkel umrandeten Augen immer noch wunderschön. Ihre weiche Haut glänzte warm, wo das Kleid ihre Schultern frei ließ und er ertappte sich bei der Frage, ob sie Unterwäsche unter ihrem Reifrock trug.
Domènico schüttelte den Kopf. Als ob er keine anderen Probleme hätte. Tief durchatmend trat er hinter sie. Vorsichtig legte er ihr eine Hand auf die Schulter.
„Guilia ...“
Sie fuhr herum, warf sich an seine Brust und drückte ihr Gesicht gegen sein Jackett. Verwirrt umarmte er sie und ihre warme Haut unter seinen Fingern ließ augenblicklich die Bilder und Gefühle jener Nacht aufflackern, in der sie sich ihm so bereitwillig hingegeben hatte. Er drängte die erotischen Phantasien zurück und rief sich den Grund seines Hierseins in Erinnerung.
Domènico unterdrückte einen Seufzer.
Vielleicht war er zu voreilig gewesen mit der Idee ihrer Hochzeit. Vielleicht hätte er die ganze Angelegenheit anders anpacken sollen. Er schlang die Arme um ihre Schultern und hielt sie fest. Frustration stieg in ihm auf. Eigentlich hatte er ihr eins auswischen wollen und nun meldete sich sein schlechtes Gewissen.
So hatte er sich das alles nicht vorgestellt.
Tja, wäre nicht die erste Hochzeit, die abgesagt wird
, überlegte er. Er räusperte sich umständlich und versuchte sie ein Stück von sich zu schieben.
„Guilia, hör zu. Wir müssen das nicht
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