Nur du weckst diese Sehnsucht
Und da ich gerade zufällig in der Nähe war …“
Er unterbrach sie mit einem höhnischen Lachen. „Du warst garantiert nicht zufällig in der Nähe.“
Kate verschränkte unsicher die Finger. Höflicher Small Talk war mit diesem unmöglichen Kerl einfach nicht zu machen. Als ob es ihr nicht schon schwer genug fiele, über die Geschichte in der VIP-Lounge zu sprechen. Warum musste er es ihr so schwer machen?
Ihre Blicke trafen sich und verschmolzen augenblicklich ineinander, ohne dass sie es wollte. Dunkles Verlangen brannte in seinen Augen, doch da war noch etwas anderes, das sie deutlich wahrnahm: Verbitterung. Wut darüber, wie sie ihn damals behandelt hatte. Kate wusste, dass sie seinen Ärger und Groll verdiente, jedenfalls teilweise. Gleichzeitig wusste sie, dass sie nur aus Selbstschutz so kalt gehandelt hatte. Aber das durfte er nie erfahren.
Immer noch tropfte Blut aus der Wunde an seiner Stirn.
„Hast du ein Pflaster?“, fragte sie etwas unbeholfen.
Memphis stöhnte genervt auf. Wortlos griff er in eine große Tasche, zog einen Verbandskasten heraus und legte ihn vor Kate auf den Tisch. „Bitte, Schwester Kate, bedienen Sie sich …“
Kate ignorierte den Spott und öffnete den Kasten. „Um wie viel Uhr holst du mich morgen ab?“
„Um sieben“, antwortete er und setzte sich auf einen Klappstuhl.
Kate kramte im Erste-Hilfe-Kasten herum und ging dann, als sie alles gefunden hatte, was sie brauchte, zu Memphis hinüber und stellte sich vor ihn.
„Im Kasten sind auch Gummihandschuhe“, erklärte er und funkelte sie herausfordernd an. „Dann musst du dir an mir nicht deine zarten Hände beschmutzen.“ Seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.
Schweigend starrte sie in das satte Karamellbraun seiner Augen. An den Wimpern hingen noch kleine Wassertropfen und glitzerten im Sonnenlicht. Ein leichter Bartschatten zeichnete sich um die sinnlichen Lippen ab.
Plötzlich flackerte die Erinnerung, wie er ihre Hand an seinen Schritt gedrückt hatte, in ihr auf. Heiße Röte schoss ihr ins Gesicht.
Kate blinzelte mehrmals und biss sich auf die Zunge, während sie versuchte, sich auf die Verletzung zu konzentrieren und die Wunde mit einer Kompresse abzutupfen.
Küssen war tabu, aber eine Entschuldigung wäre angebracht.
„Warum sagst du das so? Ich habe dich nie für schmutzig gehalten“, setzte sie an und mied sorgfältig seinen Blick. „Du hast mich einfach … überfordert. Damals als Teenager.“
„O ja“, antwortete er, „daran erinnere ich mich noch zu gut.“
Sie auch – leider. Zum Beispiel, wie sie mit sechzehn ihren Bruder gesucht hatte, um ihn vor Dad zu warnen, der sauer auf ihn war. Natürlich mal wieder wegen einer Eskapade mit Memphis. Sie hatte die beiden Jungs gefunden, als sie gerade einen Motorradstunt vorbereiteten. Memphis hatte sich über ihre Sorge lustig gemacht und sie zum ersten Mal „Engelchen“ genannt, woraufhin sie ausnahmsweise einmal richtig ausgeflippt war. Kaum war Brian auf dem Crossmotorrad davongebraust, hatte sie Memphis angefahren und zur Rede gestellt. Doch ihre wütenden Worte hatten ihn nur noch unverschämter grinsen lassen, und als sie endlich mit ihrer Schimpftirade fertig war, hatte er sie ohne Vorwarnung an sich gezogen und geküsst.
Der Kuss hatte ihr völlig den Kopf verdreht und ungekannte Lustgefühle in ihr entfacht. Sie hatte sich nicht anders zu helfen gewusst, als ihn zu ohrfeigen. Eine Woche später war sie dann mit Dalton zusammengekommen, eine Wahl, die ihre Eltern sehr begrüßt hatten. In seiner Gegenwart hatte sie sich sicher gefühlt, alle Gefühle waren unter Kontrolle gewesen.
Memphis legte den Kopf in den Nacken. „Deine Ohrfeige hatte es in sich. Ich war echt schwer beeindruckt – auch davon, wie jemand so perfekt seine eigenen Gefühle verleugnen kann.“
Der Kommentar traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie warf die blutige Kompresse beiseite und wandte sich ab. Endlose Sekunden der Stille verstrichen, während sie mit zitternden Fingern nach einem Wattebausch und dem Alkohol griff. Sein brennender Blick ruhte die ganze Zeit auf ihr, das spürte sie, ohne hinzusehen. Als sie sich etwas beruhigt hatte, drehte sie sich wieder zu ihm um. Und wurde umso nervöser, als sie seinem fragenden Blick entnahm, dass er auf eine Reaktion wartete.
„Ich …“ Trotz größter Selbstbeherrschung kippte ihre Stimme beinahe. „Ich hätte dich vorgestern nicht küssen dürfen.“
„Warum nicht? Du bist doch nicht
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