Nur ein Blick von dir
Treppe hoch und schaute auf alle Abfahrtsanzeigen. Mein Zug würde in wenigen Minuten ankommen, und so hatte ich keine Zeit zu verlieren. Dann rannte ich die Treppe zum richtigen Bahnsteig runter und stellte mich dort hin, wo die vordersten Wagen halten mussten. Über die Gleise hinweg konnte ich Catherine auf dem Bahnsteig stehen sehen, wo die Züge hielten, die nach Westen fuhren. Sie ignorierte mich geflissentlich.
Am anderen Ende des Telefons murmelte Grace immer noch vor sich hin. »Die wollen nicht, dass man sie so einfach findet, weißt du. Reicht auch die Telefonnummer?«
»Nein. Rob bringt das Amulett dorthin, um ihnen zu zeigen, was es alles kann. Ich muss ihn unbedingt aufhalten.«
»Was? Rob? Wie in aller Welt ist er denn da mit reinverwickelt worden?« Graces Stimme schnellte um drei Oktaven nach oben. »Dieser kleine …«
»Grace!«, unterbrach ich sie. »Bitte, reg dich ab. Finde mir einfach die Adresse.«
»Okay, okay. Ich versuche es jetzt einfach woanders auf der Seite.« In diesem Augenblick kam die betäubend laute Ankündigung, dass mein Zug Einfahrt hätte. »Ich frag auch nicht mehr nach«, sagte sie mit ergebener Stimme. »Jedenfalls noch nicht. Findest du das nicht nett von mir?«
»Du bist wie immer die treueste und beste Freundin, die ein Mädchen haben kann, und ich weiß, wie wichtig das ist.«
»Alex!« Die Stimme, die über die Gleise schallte, überraschte mich. Ich blickte hinüber zu dem anderen Bahnsteig. Catherine winkte mir zu. »Ich hab ganz vergessen zu fragen«, rief sie. »Die Erinnerung, die Olivia mir gestohlen hat, hast du über die irgendwas rausgefunden?«
»Machst du Witze?«, rief ich zurück. »Olivia ist fast zerbrochen an deinen konfusen Gedanken.«
»Echt? Die Sache ist nur die, es scheint, als hätte ich alles nur so für den Fall aufgeschrieben.« Sie fasste in ihre Tasche und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier hervor. »Ich hab einfach alles aufgeschrieben. Ich weiß genau, wie mein lieber Bruder und seine Freunde gerettet werden könnten, aber du wirst das niemals herausfinden!«
»Was?«, schrie ich. »Was meinst du?« Die letzten Worte wurden von dem Schnellzug verschluckt, der in den Bahnhof eindonnerte. Catherine verschwand hinter trüben Fenstern und Metall. Sobald der Zug kreischend zum Halten gekommen war, riss ich die nächste Tür auf und stürzte zur anderen Wagenseite, um auf den gegenüberliegenden Bahnsteig zu spähen. Dort schlenderte Catherine lässig von mir weg. Es war mir nicht möglich, durch den Zug zu rennen, um mit ihr auf gleicher Höhe zu bleiben, dafür stiegen zu viele Menschen ein. »Catherine!«, brüllte ich so laut ich konnte durch das offene Fenster, woraufhin sich alle auf dem Bahnsteig umdrehten und mich anstarrten. »Wenn du das weißt, musst du es mir sagen! Sei nicht so grausam!«
Sie blieb stehen, wandte sich um und hatte das eingebildete Lächeln wieder im Gesicht. Sie winkte ganz lässig. »Auf Wiedersehen, Alex.«
»Wa…« Mein Schrei wurde von einem ohrenbetäubenden Horn abgeschnitten, das direkt hinter mir losdröhnte. Ich zog den Kopf wieder zum Fenster rein, den Bruchteil einer Sekunde bevor der Südwestenglandexpress neben mir eindonnerte. Völlig aufgewühlt verlor ich Catherine aus den Augen, während er rumpelnd zwischen uns anhielt. Ich sprang von der Tür zurück, um zu sehen, ob ich doch durch den Wagen rennen und sie einholen könnte, merkte aber plötzlich, dass sich draußen alles langsam in Bewegung setzte. Als der Zug dann Geschwindigkeit aufnahm, ließ ich mich niedergeschlagen gegen die Wand sacken. Was auch immer sie aufgeschrieben hatte, ich würde es nicht mehr herausfinden.
»Verdammt«, murmelte ich vor mich hin und hörte eine entfernte Stimme.
»Alex? Alex, bist du noch da? Was ist denn überhaupt los?«
Hektisch schaute ich um mich und hoffte einen winzigen Augenblick, dass Callum irgendwie zurück wäre, bis ich merkte, dass ich mein Telefon noch immer umklammert hielt. Ich hob es ans Ohr. »Entschuldige, Grace, das war Catherine. Aber jetzt ist sie weg.«
Die Sorge in ihrer Stimme war unüberhörbar. »Alex Walker, das ist jetzt gar nicht mehr lustig. Du musst mir sagen, was da vor sich geht.«
»Ich weiß, und es tut mir wirklich leid. Ich erzähl dir alles, sobald ich wieder da bin, das verspreche ich.«
»Bist du denn in Sicherheit? Du machst doch nicht irgendwas Gefährliches, oder?«
»Mir geht es gut, ernsthaft. Ich muss nur unbedingt vor Rob bei dieser Adresse
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