Nur ein Blick von dir

sich die Hand, um den Puls zu prüfen. Der Ärmel rutschte zurück und legte einen geschwärzten Ring um das Handgelenk frei. Da ließ sie es als mögliche Stelle zum Pulsmessen in Ruhe, beugte sich weiter vor, drückte ihre Finger hinten unter die Kinnbacken und war froh zu sehen, dass er die Augen geöffnet hatte.
    »He, schön dich zu sehen. Bleib bei uns, okay? Der Rettungswagen ist jeden Moment da.«
    Die Augen des Manns schwenkten in Richtung ihrer Stimme. Er zwinkerte einmal, dann wurde sein Blick glasig. »Dave, wir verlieren ihn«, schrie sie. »Schock ihn noch mal.«
    Sie setzten die Arbeit an dem Mann fort, bis der Rettungswagen eintraf. Doch es war klar, das es keinen Sinn mehr hatte. Er war tot. Yvonne hockte auf den Fersen und fragte sich, was sie hätte anders machen können, was vielleicht sonst noch geholfen hätte. Das Team des Rettungswagens tat ebenfalls sein Bestes, entfernte sein Hemd vollständig, um vielleicht mit dem Tropf zu arbeiten, doch es war zu spät. Yvonne besah sich die Tätowierung auf seinem so seltsam gezeichneten Arm. Die arme Emily würde später eine sehr schlimme Nachricht erhalten.
    Das Team des Rettungswagens stellte die Todeszeit fest, und Yvonne machte sich daran, die ganzen Abfälle um den Leichnam herum einzusammeln. Schließlich holte der Fahrer die Bahre hinten aus dem Rettungswagen, und Dave und John hievten den Mann darauf. »Tut mir leid, Tommo«, sagte Yvonne zu dem Fahrer. »Den hier konnten wir nicht retten. Aber ich weiß nicht warum. Ich hatte nicht gedacht, dass er so lange im Wasser war.«
    Tommo faltete eine dicke rote Decke auseinander, zögerte aber beim Anblick des Toten, der auf der Bahre ausgestreckt lag. Die dunklen Linien hoben sich nun deutlicher von der blasser werdenden Haut ab. »Du hättest den Typ auch nicht retten können, das garantiere ich.«
    »Warum sagst du das?«
    »Du hast ihn vielleicht aus dem Wasser gefischt, aber ich glaube nicht, dass er ertrunken ist.« Er zeigte auf die seltsamen Markierungen, die sich über den ganzen Körper zogen. »Der hat schwere elektrische Verbrennungen, die du normalerweise nur von einem Blitz bekommst. Habt ihr heute hier ein Gewitter gehabt?« Yvonne schüttelte den Kopf. »Hab ich eigentlich auch nicht gedacht. Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit, solche Verbrennungen zu bekommen, eine seltene. Jemand hat ihn gefoltert. Jemand hat gewollt, dass dieser Typ stirbt. Und er war erfolgreich.«
    Yvonne schauderte. »Armer Kerl. Was für eine schreckliche Art zu sterben.« Behutsam hob sie den geschwärzten Arm, der seitlich von der Bahre hing, und legte ihn über die Brust des Mannes, ehe ihm Tommo die Decke bis über das Gesicht zog. Als sie wieder zurücktrat, wurde ihr bewusst, dass sich der Arm unnatürlich warm angefühlt hatte.
    In der Dunkelheit unter der Decke flammte die seltsame Verbrennung um das Handgelenk des Mannes wieder auf, und das Feuer zuckte über die schwarzen Linien, die den Körper überzogen. Während die Besatzungen von Rettungswagen und Rettungsboot entsetzt zusahen, wurde Lucas zu einem Häufchen rauchender Asche.

Über S. C. Ransom
    S. C. Ransom arbeitet als Headhunterin in London, doch auf dem Weg ins Büro und an den Abenden ist sie Schriftstellerin. Ihr erster Roman ›Nur ein Hauch von dir‹ war ein Geburtstagsgeschenk für ihre Tochter und entstand zu großen Teilen unterwegs auf dem BlackBerry. S. C. Ransom lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Surrey, England.
     
    Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage, auch zu E-Book-Ausgaben, gibt es bei www.fischerschatzinsel.de

Impressum
     
     
    Die englische Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel ›Perfectly Reflected‹ bei Nosy Crow Ltd, London
    Text copyright © S. C. Ransom
    This translation of ›Perfectly Reflected‹ is published by arrangement with Nosy Crow Limited
     
     
    Für die deutschsprachige Ausgabe:
    © S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
    Covergestaltung: CoverGeviert, Conny Hepting, München unter Verwenung von Fotos von Plainpicture/Cultura/Jamie Kingham (Paar) und Archiv Geviert (London)
     
    Nach den Regeln der neuen Rechtschreibung
     
    Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
    Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
    ISBN 978-3-10-402071-6



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