Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nur ein Blick von dir

Nur ein Blick von dir

Titel: Nur ein Blick von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. C. Ransom
Vom Netzwerk:
bist. Ich kann ihn vielleicht morgen zu einem Spaziergang abholen. Magst du mitkommen?«
    Es kam immer noch keine Rückmeldung, doch ich bemerkte eine leichte Bewegung in dem halb transparenten Nebel. Gerne hätte ich jetzt den Spiegel hervorgeholt, um sie richtig sehen zu können, aber irgendwie fand ich es besser, hier zusammen zu sitzen und zu versuchen, sich wie Freundinnen miteinander zu unterhalten. Ich drehte mich zu ihr um und merkte, dass die Bewegung Tränen waren, die ihr unbeachtet von den Wangen in den Schoß tropften, wo sie auf dem seltsamen Umhang keine Spur hinterließen.
    »Bitte weine nicht«, flüsterte ich, da gerade jemand vorbeiging. »Sie ist jetzt weg, und Rob kann sich an nichts erinnern, und so ist kein Schaden angerichtet worden.« Innerlich kreuzte ich zwei Finger und hoffte, dass es keine Lüge war. Ich hatte keine Ahnung, was Catherine vorhatte, doch das würde ich Olivia nicht erzählen.
    Dann endlich wandte sie mir das blasse Gesicht zu. Der gehetzte Ausdruck hatte sich tief eingegraben, und mir wurde klar, wie viel Schaden schon angerichtet war. »Sie ist einfach die reine Boshaftigkeit«, sagte sie schließlich. »Als ich etwas von ihren Erinnerungen genommen hab, hab ich bekommen, was ich verdient hab.«
    »Ich will dir helfen herauszufinden, was genau es war. Das verspreche ich. Kannst du es bis dahin nicht einfach wegdrängen?«
    »Ich schaff es einfach nicht, dass es weggeht.« Ihre Stimme klang plötzlich ganz kindlich, und es zerriss mir das Herz daran zu denken, dass sie genau das war – ein Kind. Ihre Tränen flossen immer weiter.
    »Na, vielleicht können wir es mit etwas Fröhlicherem verdrängen. Meinst du, das könnte funktionieren?«
    Erst schwieg sie, dann schüttelte sie langsam den Kopf. »Es ist zu scheußlich.«
    »Callum hat mir erzählt, dass du keine genauere Einzelheiten nennen kannst, dass du nicht weißt, was sie gedacht hat.«
    »Nein, ich weiß nur, dass es etwas Grässliches, Entsetzliches ist, aber ich kann die eigentliche Erinnerung nicht sehen.«
    In Gedanken verfluchte ich Catherine. Wenn es um eine Möglichkeit ging, die Versunkenen zu retten, warum hatte es dann Olivia so geschadet? Es wäre alles so viel einfacher, wenn wir das Wissen darüber einfach aus Olivias Kopf herausnehmen könnten.
    »Also, wenn du nicht mit dem konkreten Wissen leben musst, können wir bestimmt etwas gegen diese Empfindung machen. Eine Empfindung ist nur – eine Stimmung, mehr nicht. Callum und ich können dir dabei helfen, etwas anderes zu empfinden.« Ich machte eine kleine Pause, aber Olivia reagierte nicht. Das hatte also eindeutig nichts gebracht. Ich versuchte es anders. »Ich überlege gerade, ob ich während der Ferien den Job übernehme, Beesley täglich auszuführen. Das würde bedeuten, immer um die Mittagszeit mit ihm zu gehen und zu schauen, wie viel wir ihm beibringen können. Natürlich ist das für mich alleine ziemlich schwierig. Aber wenn wir zu zweit wären, also das würde alles sehr viel einfacher machen.«
    Ich brach wieder ab und ließ es wirken.
    »Jeden Tag?«, fragte sie mit kleiner Stimme.
    »Jeden Tag. Was meinst du?«
    »Kön… können wir morgen anfangen?«
    »Bestimmt, wenn er schon zurück ist.« Ich warf ihr einen verstohlenen Blick zu. Sie machte wieder diese ständige Kettengliederbewegung mit den Daumen und Zeigefingern. Es war zwar alles ein bisschen verschwommen, aber ich war mir ziemlich sicher, einen Funken Hoffnung in ihren Augen wahrzunehmen. »Wir sprechen uns später noch einmal, Olivia, dir geht es bestimmt bald besser, das verspreche ich. Aber jetzt muss ich los, Callum wartet sicher schon auf mich.«
    Sie nickte kurz und zog sich wieder die Kapuze tief ins Gesicht. Ich machte noch einen letzten Versuch, ihr den Arm zu drücken, und stand dann auf, endlich bereit für Callum. Als ich die Galerie in Richtung Tür zur nächsten Treppe überblickte, sah ich seine vertraute Gestalt. Sogar an dieser Stelle war er für mich viel körperlicher als die anderen Versunkenen, und ich war wieder einmal dankbar für unsere tiefe Verbindung und die Magie zwischen uns. Als ich bei ihm war, ließ er sofort sein Amulett in meines gleiten.
    »Ich hatte mich schon gefragt, wo du bleibst, und bin wieder runtergekommen. Da hab ich den Rest eures Gesprächs mitbekommen. Du warst richtig lieb zu Olivia.«
    Ich gab ein unverbindliches Grunzen von mir, da sich gerade ein ziemlich massiger Tourist an mir vorbeiquetschte. »Ich weiß, dass du im

Weitere Kostenlose Bücher