Nur ein Blick von dir
keiner von uns will mit dem anderen zusammen sein. Wir haben es versucht und uns dagegen entschieden.«
»Das hast du zwar gesagt, Alex, aber ich weiß, dass du interessiert bist.« Seine Arroganz war haarsträubend.
»Bin ich nicht! Wir sind absolut nicht interessiert, das hast du bloß vergessen.«
»Nein, du nimmst mich auf den Arm. Das weiß ich!«
Langsam verlor ich die Geduld mit ihm.
»Ich sag das nur das eine Mal, kapiert? Dann lege ich auf. Wir sind nicht zusammen, wir werden nicht zusammen sein, und ich will dich nirgendwo treffen. Hab ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
»Bedeutet das ein Nein für ein Treffen heute?«
»Tschüs, Rob.« Ich klickte das Gespräch weg und funkelte eine Frau auf der anderen Wagenseite an, die mitgehört hatte.
Dann blickte ich aus dem Fenster, und der Ärger über Rob verpuffte. Die Londoner Innenstadt kam in Sicht, und in weniger als einer Stunde würde ich bei Callum sein.
Die weitere Fahrt nach
St. Paul’s
verlief reibungslos, und Callum holte mich an der U-Bahn-Station ab. Beide waren wir nachdenklicher als sonst, und wir lästerten auch nicht über die Leute, an denen wir vorbeikamen. Wir waren beide darauf aus, endlich zur Goldenen Galerie hochzusteigen.
»Hat es funktioniert?«, fragte ich, als wir um die Ecke bogen und die Kathedrale in voller Pracht vor uns lag.
»Wie bitte?«, erwiderte Callum von meiner plötzlichen Frage überrumpelt.
»Die Galerie? Ist sie heute geschlossen?«
»Ach, das, ja, ja, sie ist wieder geschlossen. Du dürftest keine Probleme kriegen. Soll ich mit dir die Treppen hochsteigen?«
»Eigentlich wär mir lieber, du machst das nicht. Schnaufen und Keuchen machen keinen so guten Eindruck. Geh lieber vor und warte oben auf mich.«
Ich arbeitete mich in den Schlangen nach vorne, vorbei am Kartenabreißer und dann in das weite, kühle Innere. Wie üblich flackerten überall kleine Lichter auf, sobald die Menschen von den Ausmaßen und der Erhabenheit der Kathedrale ergriffen wurden. Am Fuß der langen Wendeltreppe küsste mich Callum. »Lass dir Zeit. Hetz dich nicht. Wir haben den ganzen Tag, wenn wir wollen.«
»Ist gut, ich sehe dich dann gleich.« Dann begann ich, die Treppe nach oben zu steigen, und dachte bald an nichts anderes als an den Schmerz in meinen Beinen und daran, wie schwindelig mir davon wurde, immer im Kreis zu gehen. Bei der Flüstergalerie hielt ich an und war mir wie immer der nebligen Gestalten im Umhang bewusst. Schon so nah am höchsten Punkt der Kuppel, konnte ich die Versunkenen auch ohne Spiegel sehen, aber sie waren immer noch halb transparent. Ich konnte sehen, wie sie vor mir aus dem Weg glitten, und dann wurde mir bewusst, dass ich noch etwas anderes tun sollte. »Olivia?«, rief ich leise. »Bist du hier? Ich möchte dir gerne was sagen.«
Ich suchte den Kreis der unwirklichen Gestalten ab, die um die Galerie herum saßen. Langsam erhob sich eine von ihnen. Ich wartete, während sie sanft durch all die Touristen glitt und dann vor mir stand.
»Olivia?«
Die zarte Gestalt nickte und schob langsam die Kapuze etwas zurück. Ich schnappte vor Entsetzen nach Luft. Ihr Gesicht war ein Bild des Jammers.
»Ach, Olivia, bitte sei doch nicht so niedergeschlagen. Du kannst absolut nichts dafür, wirklich!«
Ihre verschleierten braunen Augen konnten mir nicht ins Gesicht blicken, und ich wünschte mir, dass es irgendeine Möglichkeit gab, die Hand auszustrecken und sie richtig zu trösten. »Setz dich doch bitte, setz dich einen Moment zu mir und lass uns reden.«
Ich setzte mich auf die lange Steinbank, die die gesamte Galerie umgab, und achtete ausnahmsweise gar nicht auf den großartigen Blick nach unten auf den Boden der Kathedrale. Olivia ließ sich neben mir nieder, die Hände immer noch unter dem Umhang gefaltet. Ich streckte ihr den Arm hin, wobei das Amulett in den hellen Lichtern aufblitzte, und widerstand der Versuchung, sie zu drängen. Es war, als würde man versuchen, ein verängstigtes Kätzchen unter dem Sofa hervorzulocken. Schließlich erschien ihre dünne, zarte Hand, und sie ließ ihr Amulett in meines gleiten. Das Prickeln sagte mir, dass die Verbindung endlich hergestellt worden war.
»Hi, es ist richtig schön, dich zu treffen, wirklich schön.« Ich wartete einen Moment, aber sie sagte kein Wort. »Weißt du, Beesley hat mich angebettelt, ich soll dich doch bei unserem nächsten Gang mitnehmen. Jedes Mal, wenn er mich sieht, geht er um mich herum, um nachzuschauen, wo du
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