Nur ein einziger Kuss, Mylord?
sollen nur ein wenig mehr Kontrolle haben, falls Sie sie brauchen.“
Gewissenhaft befolgte sie seine Anweisungen.
„Gut. Und jetzt – sitzen Sie gerade und stoßen Sie ihm den Absatz in die Seite.“
Das tat sie. Merlin trabte unbeeindruckt weiter.
„Fester. Sie werden ihm schon nicht die Rippen brechen.“
Sie versuchte es noch einmal. Und ritt plötzlich viel schneller. Seine Lordschaft ebenfalls. Es war … beglückend. Sie spürte den Wind im Gesicht, die Kraft des Pferdes, so, als sei sie ein Teil von ihr. Beinahe fühlte sie sich, als ob sie flöge.
Und sie saß viel sicherer im Sattel. Kein Aufprallen mehr.
„Ich kann es!“, rief sie atemlos vor Entzücken.
„Merlin galoppiert sehr ausgeglichen.“ Da hatte sie ihren Dämpfer.
Spaßverderber.
„ Wie bitte?“
Erschrocken bemerkte Christiana, dass sie laut gesprochen hatte.
Doch ihre Begeisterung war zu stark, als dass sie sich hätte einschüchtern lassen. „Spaßverderber“, wiederholte sie beherzt und warf ihm einen raschen Blick zu.
Er grinste. Lachte mit ihr. Irgendetwas wallte in ihrem Inneren auf, schien überzusprudeln, vermischte sich mit ihrer verrückten Freude an der schwingenden Bewegung des Pferderückens und an dem herrlichen Sommertag.
Spaßverderber? Julian tat sein Bestes, nicht laut herauszulachen, während er neben ihr herritt. Er hätte es ahnen können, schließlich hatte er Emma und Davy das Reiten beigebracht. Ihre strahlenden Gesichter, als sie den Trab zu beherrschen begannen, würde er niemals vergessen. Genauso wenig wie sein eigenes Glücksgefühl, als er das erste Mal galoppiert war. Die entfesselte Kraft des Pferdes unter ihm, den Wind in seinen Haaren zu spüren …
Er nahm sich zusammen. Nein, er hatte es nicht vergessen. Aber Miss Daventry war die Gouvernante. Die Gesellschafterin. Es stand ihm nicht zu, so viel Anteil an ihrem Triumph zu nehmen. Es stand ihm nicht zu zu bemerken, dass ihre Wangen sich gerötet hatten und ihre Augen hinter den Brillengläsern blitzten. Er hatte ganz sicher nicht das Recht, sich an die geschmeidige Festigkeit ihrer Taille zu erinnern oder die anmutige Form ihrer Fesseln. Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Und er hatte schon gar kein Recht, sich andere Möglichkeiten vorzustellen, die ihr die Röte in die Wangen trieben.
Schweigend ritt er neben ihr her, ignorierte sie, außer wenn er ihr unvermeidliche Anleitungen gab. Miss Daventry schien den Wink verstanden zu haben. Sie war verstummt, befolgte seine Instruktionen, ohne ein Wort zu sagen. Genau wie es sein sollte. Nur dass ihre Wangen noch immer gerötet waren, dass sie immer noch lächelte.
Nach einer halben Meile erklärte er ihr, was sie tun musste, um das Pferd zum Stehen zu bringen. Zu seinem Erstaunen gelang es ihr auf Anhieb. „Gut gemacht“, sagte er anerkennend und beugte sich vor, um den Leitzügel zu lösen. Als er sich aufrichtete, begegnete er Miss Daventrys erschrockenem Blick.
„Aber …“
„Wenn Merlin durchgehen wollte, könnte ich ihn ohnehin nicht halten“, informierte er sie. „Der Leitzügel sollte Ihnen nur ein Gefühl von Sicherheit geben. Außerdem ist Merlin ein ruhiges Tier. Erinnern Sie sich nur, wie fest Sie ihn treten mussten, damit er in Trab fiel.“ Als er sah, wie wenig überzeugt sie wirkte, fügte er hinzu: „Miss Daventry, was immer Sie darüber denken mögen, wie ich meiner Fürsorgepflicht für Sie nachkomme – seien Sie versichert, dass ich keinerlei Risiken mit meinen Pferden eingehe.“
Er konnte sehen, wie ihre Augen sich hinter den Brillengläsern verengten. „Ein gutes Argument, in der Tat“, erwiderte sie, ohne dass ihre Mundwinkel gezuckt hätten. Nur das verdammte Grübchen erschien … Kein Zweifel, sie verbiss sich ein Lachen.
Mit einem knappen Nicken bedeutete er ihr, ihm zu folgen, und stieß seinem Pferd die Absätze in die Flanken.
Der Fluss, an dessen Ufer sie entlangritten, funkelte in der Sonne, links und rechts des Wasserlaufs erhoben sich begrünte Abhänge. Etwas weiter voraus verengte sich das Tal zu einer Schlucht, von dort würden seine Geschwister ihnen wieder entgegenkommen, wenn sie nicht den Weg durch den Wald nahmen. Er hoffte, dass sie warten würden. Mit Miss Daventry allein zu sein war aufregend, nicht weil sie auch nur im Entferntesten den Versuch machte, ihn für sich einzunehmen, ebenso wenig, wie er beabsichtigte, sie für sich einzunehmen, sondern weil er neugierig war zu erfahren, wie es wäre, wenn er es täte. Die
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