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Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Nur ein einziger Kuss, Mylord?

Titel: Nur ein einziger Kuss, Mylord? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ELIZABETH ROLLS
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tat den Einwand mit einer Handbewegung ab. „Ich gebe Ihnen ein altes von mir. Wahrscheinlich ist es Ihnen ein bisschen zu groß, aber die Farbe wird Ihnen zusagen. Dunkelblau können Sie auch während der Trauerzeit tragen. Und in meinem Ankleidezimmer hängen noch etliche Trauerkleider, die mir nicht mehr passen.“ Sie lächelte reuevoll. „Ich bin fülliger geworden, seit ich in diesem schrecklichen Stuhl sitze.“
    Julian bemerkte, dass seine Schwester Miss Daventry nicht aus den Augen ließ. Als die Gouvernante mit einem höflichen Nicken akzeptierte, trat ein sonderbarer Ausdruck auf Lissys Gesicht.

5. KAPITEL

    Dass Frauen eine Taille haben, ist nichts weniger als normal, rief Julian sich gereizt in Erinnerung und schwang sich auf sein Pferd. Zweifellos konnte die Entdeckung von Miss Daventrys Taille unter dem blauen Reitkleid als Überraschung bezeichnet werden, doch das erklärte nicht, weshalb seine Hände viel zu lange in der biegsamen Kurve geruht hatten und schließlich genussvoll über ihre Hüften geglitten waren.
    Mit einem raschen Blick vergewisserte er sich, dass Miss Daventry sicher im Sattel saß, ergriff den Leitzügel und stieß seinem Hengst die Absätze in die Flanken. Miss Daventrys Miene wurde ausdruckslos, als Merlin sich in Bewegung setzte, doch sie hielt sich ruhig und sehr gerade.
    Er hatte sich vorgemacht, dass ihre unschmeichelhafte Gewandung eine unförmige Figur verbarg. Das war nicht der Fall. Miss Daventry tarnte ihren Körper ebenso gut wie ihr wahres Wesen. Unter den formlosen Kleidern war sie gertenschlank. Und warm und verlockend … verlockend? Um Himmels willen! Wenn sie wüsste, was ihm durch den Kopf ging – und gegangen war, als er ihr in den Sattel geholfen hatte –, würde sie ihn vermutlich zerfleischen.
    Miss Daventry mochte eine berückende Figur und zauberhaft schmale Fesseln besitzen, aber sie gab sich stachelig wie ein Igel. Was man ihr, wie er sich eingestand, nicht zum Vorwurf machen konnte. Eine Frau in ihrer Lage verhielt sich nur vernünftig, wenn sie es vermied, männliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, außer sie hatte vor, eine Halbweltdame zu werden. Von Gouvernanten und Gesellschafterinnen erwartete man, dass sie sich angemessen distanziert verhielten.
    Ein einsames Leben …
    „Wohin reiten wir?“ Lissys fröhliche Frage unterbrach seine Gedanken. Sie lenkte ihre Stute an seine Seite. „Miss Daventry, bestimmen Sie!“
    Miss Daventry schien überrascht, dass sie zu Rate gezogen wurde. Sie zögerte.
    „Oh. Wie nett von Ihnen, Miss Trentham“, erwiderte sie schließlich, „aber ich kenne mich hier überhaupt nicht aus, daher …“
    „Ich möchte zum Fluss“, warf Davy hoffnungsvoll ein.
    Lissy seufzte theatralisch. „Nicht schon wieder, Davy!“
    „Nein, Davy“, schloss sich auch Emma an. „Wir anderen finden es nicht toll, dir dabei zuzusehen, wie du auf Forellen wartest, die sich niemals blicken lassen.“
    Davy zog ein Gesicht.
    Julian war drauf und dran, für den Fluss zu stimmen und sich die erbosten Proteste seiner Schwestern einzuhandeln, doch Miss Daventry kam ihm zuvor.
    „Ein Fluss? Und es gibt Forellen dort? Richtige Forellen?“
    Davys Miene erhellte sich umgehend. „Und Lachse. Riesige“, erwiderte er und ließ die Zügel los, um ihr mit ausgebreiteten Armen die Größe der Fische zu demonstrieren. Er schoss seinen Schwestern einen bitterbösen Blick zu und nahm die Zügel wieder auf. „Und sie lassen sich blicken. Sie gehören nämlich Julian“, fügte er stolz hinzu.
    Um Christianas Mund zuckte es kaum merklich. „Dann möchte ich unbedingt zum Fluss“, erklärte sie bestimmt. „Wenn Seine Lordschaft so bedeutend ist, dass selbst seine Fische ihm Respekt erweisen.“
    Emma begann zu kichern, und Matthew brach in Gelächter aus.
    „Das hast du nun davon, Julian. Wann versuchst du, das Meer zu teilen?“
    Julian tat sein Bestes, um ernst zu bleiben. „Wenn ich mich recht erinnere, handelte Moses nur auf höheren Befehl. Also, vorwärts, alle Mann. Wir reiten zum Fluss.“
    Das musste er Miss Daventry lassen. Sie hatte den drohenden Streit geschickt abgewendet, und Lissy war viel zu gut erzogen, um mit ihr zu debattieren. Ohnehin amüsierte es ihn, dass sie der Gouvernante gegenüber genau die Haltung einnahm, auf die er gehofft hatte. Zuneigungsvolles Wohlwollen mit einem Schuss Mitleid. Was Anlass genug sein sollte, ihre Vernarrtheit in den flotten Mr. Daventry noch einmal zu überdenken. Seiner Erfahrung nach

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