Nur ein einziger Kuss, Mylord?
die Korinther … da war es … und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und hätte der Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze …
Liebe.
Zur Hölle! Nicht einmal der Vikar würde die Stelle so ausdeuten, wie Christy es tat.
Er starrte aus dem Fenster, beobachtete seine Federball spielenden Geschwister. Davy sprang auf und ab, ein sicheres Zeichen, dass er über irgendetwas verärgert war.
Die Uhr auf dem Kaminsims schlug zwei Mal. Julian runzelte die Stirn. Sie hatten nicht mehr viel Zeit, ehe sie nach Postleton Manor aufbrechen mussten. Wahrscheinlich war es das Beste, wenn er zum Witwensitz hinüberging und Christy abholte.
Als er den Park zur Hälfte durchquert hatte, erkannte er, dass es sich bei den zwei Erwachsenen unter der alten Eiche um Serena und Havergal handelte. Nan saß zwischen ihnen. Serena beugte sich über sie und half ihr bei der Näharbeit, die sie ausführte. Christy war nirgendwo zu sehen.
Wahrscheinlich befand sie sich gerade im Haus … aber es stand kein Stuhl für sie auf dem Rasen. Davy hatte ihn bemerkt und kam schreiend und juchzend auf ihn zugelaufen.
„Willst du mitmachen, Julian? Aber bitte auf meiner Seite!“
Julian hob ihn hoch. „Langsam, Kleiner. Bei was denn mitmachen?“
„Wir spielen Federball, hast du es nicht gesehen? Nan spielt nicht mit. Sie sitzt bei Onkel Nigel und Mama, und Mama sagt, sie ist zu traurig.“
„Ich verstehe. Und wo ist deine Tante Christy?“
„Sie mag ‚Tante‘ nicht. Sie will Christy genannt werden.“
„Und wo ist sie?“
Davy wand sich auf seinem Arm, und Julian stellte ihn auf die Füße. „Ich weiß nicht. Im Haus? Spielst du mit? Bis jetzt haben Emma und ich gegen Matt gespielt.“
„Vielleicht“, beschied Julian seinen kleinen Bruder. Im Haus? Ohne Serena? Ob Christy schon zum Herrensitz zurückgegangen war? Nein. Sie hätte Nan mitgenommen.
„Es gibt auch Limonade“, sagte Davy eifrig. „Willst du welche haben?“
Serena blickte auf, als sie herankamen. Havergal lächelte und hob den Limonadenkrug. „Darf ich Ihnen ein Glas einschenken, Braybrook?“
„Ja, danke.“ Julian lächelte Nan zu. Sie sah ihn ernst an, ohne ein Wort zu sagen.
Serena beugte sich wieder über sie. „Du machst das sehr gut, Nan. Kleine Stiche und ganz regelmäßig.“ Sie lächelte und wandte sich zu Julian. „Nan ist viel anstelliger, als Emma und Alicia es waren. Suchst du Christy? Sie wollte einen Spaziergang machen, aber ich bin sicher, sie wird gleich zurück sein.“ Serena griff nach ihrem Sonnenschirm. „In der Zwischenzeit kannst du mich ein wenig über die Wege schieben.“
Havergal reichte ihm das gefüllte Glas, und Julian trank es in einem Zug aus.
„Gern, Serena.“ Zweifellos wollte sie ihm erklären, weshalb er Christy nicht erlauben konnte, Nan aufzuziehen. Serena lächelte und spannte den Schirm auf.
Sie waren kaum außer Hörweite, als sie ruhig zu sprechen begann. „Ich habe die Angelegenheit mit Nigel erörtert, nachdem Christy fort war, und wenn es dir wirklich unmöglich ist, deine Schwester bei dir aufzunehmen, kann sie zu uns kommen.“
Julian war es gewohnt, Serena im Rollstuhl zu schieben, aber er hatte es immer störend gefunden, sich mit einem rosafarbenen, mit Fransenborten besetzten Sonnenschirm zu unterhalten. Nun starrte er sprachlos auf die im Wind flatternden Fransen.
„Du weißt es?“, fragte er verblüfft.
Das Schnauben, das unter dem Sonnenschirm hervorkam, war undamenhaft, aber sprechend. „Denkst du, ich kann nicht rechnen, Julian? Als Nan gezeugt wurde, hast du dich nicht einmal irgendwo im weiten Umkreis von Amberley aufgehalten. Sondern in Paris, ich habe noch Briefe von dir aus dieser Zeit. Natürlich weiß ich es. Ich stellte deinen Vater zur Rede, sobald mir die ersten Gerüchte zu Ohren kamen. Er gab es zu, bestand jedoch darauf, die allgemeine Vermutung, dass du der Vater seist, nicht richtigzustellen, weil er mir die Verlegenheit ersparen wollte.“ Sie machte eine Pause. „Ich war nicht wirklich damit einverstanden, aber da es niemandem schadete, stimmte ich schließlich zu.“
Alles, was er sagen konnte, war: „Und du wärst bereit, Nan aufzuziehen?“
Der Sonnenschirm wurde zusammengeklappt, und Serena blickte ihn über ihre Schulter hinweg an. „Ich war wütend auf deinen Vater, Julian. Nicht auf Nan. Natürlich würde ich sie zu mir nehmen, wenn du der Meinung bist, dass Christy und du es nicht tun könnt.“ Sie spannte den Sonnenschirm wieder auf. „Lass
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