Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
Vom Netzwerk:
doch eigentlich bekannt sein, dass Pferde von frischem Brot Koliken bekommen können.« Ich hoffte inständig, dass mich meine Stimme nicht im Stich ließ. »Selbstverständlich ist mir das bekannt!«
    »Dann sollten Sie auch dafür Sorge tragen, dass in den Boxen keine frischen Brötchen herumliegen.«
    »Die haben Sie  hier  gefunden?«, fragte ich ungläubig.
    »In der großen Box dort hinten.« Er wies mit dem Kopf in die entsprechende Richtung, zückte einen Block und schien etwas zu suchen. »Ah, hier habe ich es: Es ist die Box von Oskar.«
    »Oskars Box wird nur im Winter genutzt.«
    »Trotzdem lagen dort Brötchen. Was glauben Sie, warum?«
    »Weil mir jemand schaden will«, antworte ich leise. »Darf ich die Brötchen einmal anfassen?«
    Er hielt mir die Tüte hin. »Sie sind höchstens einen Tag alt, zu frisch für die Pferde.«
    Ein leichter Druck mit den Fingern reichte, um zu wissen, dass er Recht hatte.
    »In zwei Boxen funktioniert übrigens die Tränkanlage nicht.« Erneut nahm er seinen Block zu Hilfe. »Es sind die Boxen von Nena und Max.«
    »Das kann nicht sein ...«
    »Wollen Sie mein Urteilsvermögen in Frage stellen?« Betroffen schüttelte ich den Kopf.
    »Woher stammen die Verletzungen der Pferde?«, fragte er in kühlsachlichem Tonfall, als ginge er nach und nach eine Liste durch, die er im Kopf zusammengestellt hatte.
    »Auf einer der Koppeln hat heute Vormittag jemand das Gatter geöffnet und Stacheldraht im Durchgang deponiert. Ich habe bereits Anzeige bei der Polizei erstattet.« Ich spürte, wie sich vor Aufregung rote Flecken in meinem Gesicht ausbreiteten. »Seit drei Wochen ist hier der Teufel los. Wie es aussieht, soll der Bungehof in Verruf gebracht werden. Das mit den Brötchen und der Tränkanlage geht zweifellos auch auf das Konto dieses Menschen.«
    Sein Blick war voller Skepsis. Wahrscheinlich glaubte er, ich wolle mich nur herausreden. »Wir haben einen Hinweis erhalten, dass man es auf dem Bungehof mit der Verantwortung für die Pferde nicht so genau nimmt.«
    Ich schluckte. »Wer behauptet das?«
    »Der Anruf kam anonym.«
    »Und so etwas nehmen Sie ernst?«, fragte ich entrüstet.
    »Das müssen wir. Es hat anonyme Anrufer gegeben, die mit dem, was sie anprangerten, völlig richtig lagen.«
    »Aber nicht auf meinem Hof!«
    »Ich kann nicht beurteilen, was auf Ihrem Hof vor sich geht, Frau Bunge. Ich befasse mich ausschließlich mit Fakten.« Er deutete auf den Plastikbeutel mit den Brötchen in meiner Hand. »Damit zum Beispiel!«
    »Aber ...«
    »Ich werde in den nächsten Wochen nochmals unangemeldet hier vorbeikommen und nach dem Rechten sehen.«
    Am liebsten hätte ich ihm meine Wut ins Gesicht geschrien und ihm vorgehalten, er sei ein Bürokrat, dem sein Faktenstudium den Blick für die Wahrheit verstellte, aber ich nahm mich zusammen. »Herr Doktor Wolters, von den Brötchen und den verletzten Tieren einmal abgesehen, müssen Sie doch zugeben, dass die Pferde in einem einwandfreien Zustand sind.«
    »Vergessen Sie bitte die defekten Tränken nicht! Am besten tragen Sie dafür Sorge, dass es bei meinem nächsten Besuch nichts zu beanstanden gibt.«
    Als er Anstalten machte zu gehen, hielt ich ihn zurück. »Wann hat der Mann angerufen und die anonyme Anzeige erstattet?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, eine meiner Mitarbeiterinnen hat den Anruf entgegengenommen.«
    War es vor oder nach meinem Gespräch mit dem alten Pattberg gewesen? »Könnten Sie das für mich herausfinden? Es ist sehr wichtig für mich.«
    »Ich werde sehen, was ich machen kann«, sagte er zum Abschied. Es hatte nicht so geklungen, als würde er große Mühe darauf verwenden.
    Nachdem Doktor Wolters vom Hof gefahren war, inspizierte ich die Box von Nena, in der angeblich die Tränkanlage nicht funktionierte. Die Metallzunge,gegen die das Pferd mit der Nase drücken musste, um Wasser in die Schale laufen zu lassen, ließ sich tatsächlich nicht bewegen. Ich drückte mehrmals dagegen, aber nichts geschah. Als ich mit dem Zeigefinger dahinter fasste, spürte ich einen Gegenstand, der dort nicht hingehörte und das Ventil verklemmte. Vorsichtig pulte ich ihn heraus und betrachtete ihn: Es war ein kleines Hartgummiteil. Ein zweites holte ich aus der Tränke von Max. Hörte das denn nie auf?
    Für einen Moment hatte ich alles um mich herum vergessen, deshalb hatte ich Heide nicht gleich bemerkt. Sie sah mir von der Stallgasse aus interessiert zu.
    »Ist etwas kaputt?«, fragte sie.
    »Jetzt nicht

Weitere Kostenlose Bücher