Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nur ein Gerücht

Titel: Nur ein Gerücht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
Vom Netzwerk:
unumwunden.
    »Um mir einen Eindruck zu verschaffen.«
    »Das haben Sie ja nun getan.« Mein scharfer Tonfall erschreckte mich selbst. War sie die Vorhut der Wellbod AG? Sollte sie das Terrain sondieren? »Wer hat Sie geschickt?«
    »Mein Arbeitgeber.«
    »Ist es Ihnen nicht zuwider, sich hier unter einem Vorwand einzuschleichen?«
    »Das bringt mein Job manchmal mit sich.« In ihrem Blick erkannte ich ein Mitgefühl, das ich nicht wollte. Oskars unruhiges Schnauben ließ sie einen Schritt zurückweichen. »Gehen wir ein Stück?«
    Widerwillig schloss ich mich ihr an.
    »Irgendjemand hat etwas gegen Sie«, sagte sie in einem Ton, der mich beruhigen sollte.
    Das war mir auch schon aufgefallen. »Wer?«
    »Ich dachte, das könnten Sie mir vielleicht sagen.«
    »Wer ist Ihr Arbeitgeber, Frau Lohoff?«
    »Die hiesige Zeitung.«
    »Sie sind von der Zeitung?«, fragte ich verblüfft. »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
    »Wir haben einen Brief erhalten, in dem sehr detailliert beschrieben wird, in welch jämmerlichem Zustand sich Ihre Pferde befinden.«
    »Lassen Sie mich raten! Der Brief hat keinen Absender.« 
    »Richtig. Normalerweise sind wir sehr zurückhaltend, wenn wir solche Briefe erhalten. Meist sind es Hasstiraden, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben wurden. Aber dieser Brief ist anders. Er appelliert in sehr sensibler Weise an ein gesundes Verantwortungsgefühl.«
    »Haben Sie ihn dabei?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Haben Sie jemanden in Verdacht?« Wenn sie sich fragte, wie es einer so simplen Frage gelang, einen derartigen Redeschwall auszulösen, dann musste sie zu dem Ergebnis kommen, dass Verzweiflung im Spiel war. Und die war in diesem Augenblick größer als meine Vorsicht, die mir mit schwacher Stimme riet, mein Herz nicht ausgerechnet einer Journalistin auszuschütten. Ohne Punkt und Komma sprudelte ich alles heraus, was in den vergangenen drei Wochen auf dem Bungehof vorgefallen war.
    »Ich verstehe den Sinn dieses Briefes nicht, Frau Lohoff. Selbst jemand, der nichts von Pferden versteht, sieht, dass die Verhältnisse, die in dem Brief geschildert werden, falsch sind. Sie kommen her, sehen, dass es sich um eine Verleumdung handelt, und fahren wieder. Wozu das Ganze?«
    »Vielleicht um Sie zu provozieren.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Sie haben mir gerade eben sehr viel Material für einen Artikel geliefert. Zum Beispiel könnte ich problemlos über die merkwürdigen Vorkommnisse auf Ihrem Hof berichten. Ebenso darüber, dass Sie nicht nur Ihren Verpächter, sondern auch eine Konkurrentin in Verdacht haben. Plötzlich steht all das schwarz auf weiß in der Zeitung, was Sie besser unter Verschluss halten sollten, wenn Ihnen am guten Ruf Ihres Stalls gelegen ist und Sie sich nicht zu allem Übel noch zwei Verleumdungsklagen einhandeln wollen. Und vielleicht denkt sich mancher Leser: Da ist eine, die will die Schlamperei auf ihrem Hof anderen in die Schuhe schieben.«
    »Also bin ich hereingelegt worden?«
    »Könnte man sagen.« Sie lächelte mich aufmunternd an. »Aber keine Sorge, ich eigne mich nicht zur Marionette.«
    »Dann werden Sie nichts schreiben?« Ich betete, dass sie ja sagte.
    »Das habe ich nicht gesagt.« Während mir das Herz in die Hose rutschte, fuhr sie mit sichtlich diebischem Vergnügen fort: »Ich werde sogar ganz sicher etwas schreiben, aber das wird nicht im Sinne unseres Briefschreibers sein. Was halten Sie von einer Story über einen wirklich vorbildlichen Reiterhof in unserer Region, Frau Bunge?«
    Ich wagte kaum, an mein Glück zu glauben. »Warum tun Sie das?«
    »Man hat nicht oft Gelegenheit, dazu beizutragen, dass die Guten siegen.«
    »Und wenn Sie sich in mir täuschen?«
    »Das Risiko gehe ich ein.«

18
    N och am späten Nachmittag waren aus Lütjenburg zwei Polizisten gekommen, um die Koppel zu besichtigen. Sie hatten sich viel Zeit für die Spurensuche genommen, mir jedoch wegen des spärlichen Ergebnisses wenig Hoffnung gemacht. Weder gab es Reifenspuren noch andere aussagekräftige Hinweise. Und um den rostigen Stacheldraht zu seinem Besitzer zurückverfolgen zu können, müsse man schon auf den Zufall hoffen. Auch wenn ich mir nicht viel davon versprach, hatte ich ihnen die Hartgummiteile mitgegeben und ihnen an Ort und Stelle erklärt, was damit angestellt worden war. Nachdem sie Basti und Heide befragt hatten, waren sie zum Herrenhaus gegangen. Ich war mir sicher, der alte Pattberg würde sich mit keinem Wort verraten,

Weitere Kostenlose Bücher