Nur ein Gerücht
Reitzubehör, im Zuge einer Straftat beschafft. Würde ich Hans Pattberg anzeigen, würde unweigerlich der Einbruch beziehungsweise der Hausfriedensbruch zur Sprache kommen. Anstatt mich selbst zu bezichtigen, solle ich mir auf legale Weise hieb- und stichfeste Beweise besorgen.
»Na prima«, murmelte ich gereizt, nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte. Woher sollte ich diese Beweise denn nehmen? Erneut griff ich zum Hörer und wählte Rieke Lohoffs Nummer. Nach zweimaligem Klingeln hatte ich sie am Apparat. Ich erklärte ihr, worum es ging, und bat sie, mir das Original des anonymen Briefes zu schicken. Sie versprach, ihn noch am selben Tag in die Post zu geben.
Dann rief ich im Veterinäramt in Plön an und ließ mich mit Doktor Wolters verbinden. Wie nicht anders zu erwarten, hatte er meine Bitte längst vergessen.
»Moment«, sagte er, »ich frage meine Mitarbeiterin, wann der Mann hier angerufen hat.«
Während ich ihn im Hintergrund mit jemandem sprechen hörte, hielt ich gespannt den Atem an.
»Freitagvormittag ... «‚ sagte er.
Also hatte der alte Pattberg vor unserem letzten Gespräch beim Veterinäramt angerufen. Blieb zu hoffen, dass es definitiv seine letzte Tat gewesen war.
»... die Frau hat am Freitagvormittag angerufen.«
»Die Frau? Es war eine Frau?« Diese Nachricht traf mich wie ein Schlag. »Ist sich Ihre Mitarbeiterin da ganz sicher?«
»Die Verbindung sei nicht sehr gut gewesen, sagt sie. Der Anruf kam wohl von einem Handy. Aber es hat sich unzweifelhaft um eine Frau gehandelt.«
»Danke«, murmelte ich und legte auf, während mir meine Gedanken weit vorauseilten.
Woran erinnerte mich das? Eine Frau und ein Handy ...? Natürlich! Die Heubestellung bei Lene Broders war auch von einer Frau über ein Handy storniert worden.
»Melanie Fellner, du Miststück«, fluchte ich laut. Und ich hatte angenommen, die Stornierung der Heubestellung habe ihr als Rache genügt.
Ich vergegenwärtigte mir unser Gespräch im Café in Lütjenburg. Wie waren ihre Worte gewesen? Nimm beispielsweise den Bungehof. Wenn heute jemand über dich erzählte, du würdest die Pferde vernachlässigen, hättest du morgen die erste Kündigung auf dem Tisch. Und jetzt hatte tatsächlich jemand beim Veterinäramt erzählt, ich würde die Pferde vernachlässigen.
War es erst vor neun Tagen gewesen, dass ich die Meinung vertreten hatte, man könne einem unbescholtenen Bürger keinen Rufmord anhängen? Ich hörte Melanie so deutlich reden, als stünde sie neben mir: Du kannst jedem einen Rufmord anhängen, wenn du es nur geschickt anstellst, auch dir. Und sie hatte es geschickt angestellt. Sie versuchte, mir anzutun, was angeblich ihrem Bruder angetan worden war. Um mir zu beweisen, dass sie im Recht und ich im Unrecht war.
Ich spürte eine ungeheure Wut in mir aufsteigen. Gegen Melanie, die ganz offensichtlich nicht davor zurückschreckte, meine Existenz zu gefährden. Und gegen ihren Bruder, der über sein Grab hinaus einen solchen Einfluss auf uns alle hatte. Ich musste dem Ganzen ein Ende setzen.
Während ich wie ein Tiger im Käfig im Büro hin- und herrannte und mir eine zündende Idee herbeisehnte, klopfte Kyra, eines der Mädchen aus Bastis Fanclub, an die Tür. Ungeduldig sah ich sie an.
»Hallo, Frau Bunge. Basti sagte, sie hätten eine Platine gefunden.«
»Eine Platine?«
»So ein kleines Plättchen.«
»Ach, dieses Ding. Das habe ich an die Pinnwand gehängt.« Ich zeigte auf das kleine Teil, das dort in einer Klarsichthülle hing.
Freudig folgte sie meinem ausgestreckten Zeigefinger. »Meine Eltern haben hier neulich Fotos gemacht. Beim Wechseln muss ihnen die Platine heruntergefallen sein. Ich war schon ganz enttäuscht.«
»Na, dann ist ja jetzt alles gut«, sagte ich mit einem Lächeln. Wahrscheinlich waren auf dieser Platine auch einige Fotos von Basti.
Eilig holte sie sich das kleine Teil von der Pinnwand und verschwand mit einen fröhlichen Winken.
Kyra war kaum aus der Tür, als ich mir bereits wieder den Kopf zerbrach, wie Melanie zu stoppen sein würde. Die Möglichkeit, sie anzuzeigen, verwarf ich sofort wieder. Letztlich hatte ich auch in ihrem Fall nur Mutmaßungen und keine Beweise. Ich erwog sogar die Möglichkeit, mit Karen zu sprechen, verwarf sie jedoch gleich wieder. Dann kamen mir Susannes Worte in den Sinn: Geh hin und entschuldige dich bei ihr , hatte sie gesagt. Die Polizei kann dir nicht helfen. Und so eine Entschuldigung ist schnell ausgesprochen. Letztlich sind
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