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Nur ein Jahr, Jessica!

Nur ein Jahr, Jessica!

Titel: Nur ein Jahr, Jessica! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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würde. Er machte eine Geschäftsreise nach Frankreich und England. Sie freute sich wie ein Kind, wühlte ihre Garderobe durch, saß öfter an der Nähmaschine, aber zwischendurch kam sie doch in die Küche, während ich kochte.
    An einem Vormittag fand sie mich beim Briefelesen, einen langen, ausführlichen Brief von Falko.
    „Entschuldigen Sie“, sagte ich und steckte den Brief in die Schürzentasche. „Ich konnte nicht warten, er ist von meinem Verlobten aus Kiel!“
    „Ach, aus Kiel kam er!“ Dann sah sie mich einen Augenblick an und fragte: „Er war ja neulich hier, ich habe ihn doch kurz gesehen – wann kam er eigentlich? An dem Abend, als wir weg waren?“
    „Aber nein, er kam ganz früh am Sonntagmorgen, kurz vor sieben, und mußte am gleichen Abend wieder zurück! Ach ja, das wollte ich ja beichten, ich habe ihm eine Tasse Kaffee gemacht und ein paar Butterbrote gegeben, ich dachte, da ich doch nie hier sonntags zu Mittag esse…“
    „Ja natürlich, das durften Sie doch.“ Sie stand da, sah aus, als ob sie sich etwas überlegte, aber sie fand wohl nicht die richtigen Worte. Dann mußte ich sie bitten, ein bißchen zur Seite zu gehen, sie versperrte mir den Kühlschrank, denn ich hatte das Essen vorzubereiten. Ich zeigte ihr, wie man Bechamelkartoffeln macht, alles war friedlich wie immer, und über Falkos Besuch wurde nicht mehr gesprochen.
    Der Sonntag kam, ich wurde wieder von Grathers eingeladen, und Frau Grather entschuldigte sich vielmals, sie hätte ein Gericht aus Schweinefleisch gemacht, und der Schlachter hätte ihr so furchtbar fettes Fleisch gegeben, so daß das Gericht nicht so gut geworden wäre, wie es hätte sein sollen.
    Ich war von jeher sehr empfindlich gegen fettes Essen. Dann geschah das, was ich hatte kommen sehen.
    Schon auf dem Heimweg wurde mir übel, ich schaffte es gerade noch bis nach Hause, dann rannte ich zur Toilette und mußte furchtbar brechen.
    Mir ging es nachher zwar besser, aber ich sah wohl ziemlich käsig aus. Der Direktor ging gerade durch die Halle und warf mir einen forschenden Blick zu, ich sagte nur: „Guten Abend!“ und begab mich in mein Zimmer.
    Der Abreisetag nahte. Sie hatten mir Anweisung gegeben, jeden Abend alle Türen abzuschließen, und wenn ich irgendwelche Fragen hätte, Fräulein Clewe anzurufen. Der Direktor würde mir schreiben, wann sie wieder nach Hause kommen würden.
    Ich freute mich auf diese Tage, so ganz allein zu sein. Ich hatte mir schon Pläne zurechtgelegt: Ich wollte Familie Grather einladen, etwas sehr Schönes kochen, mich ein klein bißchen für ihre unsagbare Güte und Gastlichkeit revanchieren.
    Zwei Tage vor der Abreise saß ich in der Küche mit meiner Strickarbeit. Es waren ein paar Gäste gekommen, ich hatte das Abendessen serviert und wollte noch nicht ins Bett gehen. Vielleicht müßte ich noch Kaffee kochen oder Obst anrichten oder so etwas.
    Ich hatte es schön und friedlich und ging meinen eigenen Gedanken nach. Falko schrieb mir so unsagbar liebevoll, er zählte die Tage und die Wochen bis zu unserem Wiedersehen. Gestern hatte ich einen Brief von Reni erhalten.
    Ihr Manfred war wieder da, er arbeitete jetzt in der Frauenklinik, besser könnte es ja gar nicht passen! Denn jetzt sei das Kind in ein paar Wochen zu erwarten. Beide freuten sich ganz schrecklich darauf, und „Muttchen“ konnte gar nicht fassen, daß sie doch endlich Großmutter werden sollte.
    Lauter liebe, nette Briefe, die mich glücklich machten. Doch der allerbeste war heute von meinen Eltern gekommen: Im Geschäft herrschte Hochbetrieb. Das Geld wanderte nun langsam, aber sicher zurück aufs Sparkonto, sie hatten einen festen, ganz treuen Kundenkreis, außerdem ziemlich viel Laufkundschaft.
    Kein Zweifel, die erste, schwere Zeit hatten sie hinter sich. Nun fragten sie, ob ich Weihnachten für zwei oder drei Tage nach Hause kommen könnte. Sie sehnten sich nach mir!
    Ja, ob das sich wohl machen ließe? Ich mußte es in einem geeigneten Augenblick zur Sprache bringen. Wenn ich nun eine ganze Reihe Fertiggerichte in die Tiefkühltruhe stellte und die ganze Weihnachtsbäckerei rechtzeitig besorgte – es müßte ja eigentlich gehen. Und dann müßte ich eben meiner kleinen „Schülerin“ noch ein paar Dinge beibringen…
    Meine Gedanken liefen mit den Stricknadeln um die Wette. Das Strampelhöschen war gleich fertig. Morgen konnte ich den ganzen Anzug waschen, hübsch verpacken und abschicken. Ach, wie gern hätte ich mich selbst mit

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