Nur ein Katzensprung
früher oder später hier auftauchen würdest.“
„Später wär’ dir lieber gewesen, oder?“
„Was soll das?“
Ollner sah noch eine Weile missmutig an ihm vorbei. Dann befahl er: „Klär mich auf.“
Nachdem Kofi ihm erzählt hatte, wo die Leiche gefunden worden war, schob er ihm ein paar Fotos hin. „Das Gesicht ist übel zugerichtet, trotzdem kommt mir der Kerl bekannt vor. Der Stoppelputz und die breiten Schultern.“
„Das ist Der-mit-Irene-tanzt.“
„Wie jetzt?“
„Erinnerst du dich an unseren Besuch bei @dospasos vor ein paar Tagen? Dieser Typ, der sich im Büro aufgeregt hat, als wir die doppelte Wand unter die Lupe genommen haben. Aus meiner Position sah es aus, als tanzte er mit Irene Rugenstein, weil er sich so seltsam, eben tänzelnd bewegt hat, vor und zurück und dabei in den Hüften gewiegt, ein wenig wie ein Boxer beim Aufwärmen.“
„Ist mir nicht aufgefallen.“
„Du wolltest ja auch die Frau retten.“
Kofi ignorierte die Spitze. „Jetzt, da du es gesagt hast, du könntest recht haben. Das hilft uns aber auch nicht weiter, denn die kannten ihn ja bei @dospasos selbst nicht.“
„Haben sie zumindest uns gegenüber behauptet.“
„Meinst du, denen fällt jetzt etwas anderes dazu ein?“
„Geh mal mit dem Foto zu denen, die regelmäßig Streife fahren. Der sieht mir nicht so aus, als wäre er Ärger mit Siebenmeilenstiefeln aus dem Weg gegangen“, schlug Stefan vor.
Tatsächlich hatte Kofi schon beim zweiten Kollegen Erfolg.
„Holy ist das, Holy Sander, also eigentlich Holger. Den kannste mieten, als Bodyguard, der hatte oft ein schwarzes T-Shirt an, auf dem Security stand. Diskotheken, Spielsalons, aber auch Abifeiern oder so.“
„Türsteher?“
„Auch, ja, gelegentlich treibt er Spielschulden ein oder holt Sachen zurück, wenn du die Raten nicht bezahlst.“
„Netter Zeitgenosse.“
„Keiner, den man seiner Tochter als Freund wünscht.“
Kofi ging wieder zu Stefan ins Büro. Gemeinsam riefen sie auf, was im System über Holger Sander gespeichert war.
„Lauter Kleinkram, ein paar Anzeigen wegen Nötigung, alle vor der Verhandlung zurückgezogen.“ Plötzlich kribbelte es Kofi am ganzen Körper. Er rutschte auf dem Stuhl hin und her. „Guck mal hier, guck mal. Kennst du die Adresse?“
Ollner nickte. „Hatten wir da nicht vor kurzem einen Einsatz?“
Kofi sprang auf und lief zur Tür. Dann schaute er auf seine Uhr und kam zurück zum Schreibtisch. „Wir haben noch ein paar Minuten, bevor wir zu Mausigs Besprechung müssen. Lass uns eben diesen Paul überprüfen.“
„Paul?“
„Ein leicht Behinderter, groß und schwer, arbeitet im Partyservice von Anna Blume. Ich hatte den Namen zur Kontrolle an die Zentrale gegeben, bin aber wegen des, hm, Überfalls auf dich noch nicht dazu gekommen, die Ergebnisse zu checken.“
„Weswegen verdächtigst du ihn?“
„Er kennt alle bisher verschwundenen Holzmindener Kinder.“
„Sind dir auch alle Lehrer suspekt?“
Kofi stutzte. „Sowieso. Aber was hat das…? Verstehe, du meinst, das wäre kein gutes Kriterium.“
„Lass man, wenn dir dein Bauchgefühl rät, den genauer unter die Lupe zu nehmen, sollten wir das tun. Unbedingt.“
Kofi öffnete seinen E-Mail-Account und scrollte durch seinen Posteingang. „Hier ist sie.“
Mühsam stand Stefan Ollner auf und stellte sich so neben ihn, dass er mit auf den Bildschirm schauen konnte.
„Paul Schreiber, 1979 geboren, männlich, ganz was Neues, nur die Verfügung, dass er keinen Führerschein machen darf.“ Kofi klang äußerst unzufrieden.
Stefan legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ein völlig unbeschriebenes Blatt. Der hat sich bisher nichts zuschulden kommen lassen, noch nicht einmal einen Ladendiebstahl in der Pubertät.“
„Stille Wasser sind tief“, grummelte Kofi. „Na, dann lass uns losgehen.“
„Nicht so schnell.“
Gemeinsam gingen sie die wenigen Schritte zum Besprechungszimmer.
Mausig zog eine Augenbraue hoch, als er Ollner erblickte. „Seit wann sind Sie wieder gesundgeschrieben?“
„Ich habe mich gar nicht erst krankschreiben lassen.“
„Er ist vorher abgehauen“, murmelte Kofi.
Mausig sah ihn prüfend an. „Sind Sie ganz sicher, dass Sie das durchhalten?“ Er hob die Hand, damit Ollner noch einen Moment mit seiner Antwort wartete. „Ich weiß, dass Sie darauf brennen, die Kerle zu erwischen, die Sie überfallen haben. Aber das können Ihre Kollegen genauso gut. Und ich will nicht, dass Sie sich oder
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