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Nur ein kleiner Sommerflirt

Nur ein kleiner Sommerflirt

Titel: Nur ein kleiner Sommerflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Elkeles
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glühenden Sonne innerhalb von zehn Sekunden gebraten.
    Vor mir stehen Betonhäuser, die alle gleich aussehen. Damit meine ich, dass sie alle weiß sind. Kein Ziegelstein, keine Farbe … einfach nur weißer Beton.
    »Wer wohnt hier?«, frage ich leise. Es ist wie ein kleines Dorf am Ende der Welt.
    Avi geht auf den Eingang eines der primitiven Häuser zu und ich folge ihm stumm.
    »Palästinenser«, antwortet er.
    »WAS?«
    Warum sollte mich ein Israeli ins Haus eines Palästinensers bringen? Mir brennen gleich mehrere Fragen auf den Nägeln, aber ich komme nicht dazu, sie loszuwerden, weil die Haustür aufgeht.
    Ein Typ, ungefähr so alt wie wir, erscheint im Türrahmen. Seine Haut ist dunkler als meine, ungefähr so wie die von Avi. Und wenn Avi mir nicht gesagt hätte, dass dieser Junge Palästinenser ist, hätte ich ihn für einen Israeli gehalten.
    Ich bin durchaus im Bilde, was in der Welt vorgeht. Man müsste in einer Höhle leben, um nicht mitzukriegen, dass Palästinenser und Israelis nie einer Meinung sind. Und das ist noch freundlich ausgedrückt.
    Doch als ich sehe, wie dieser Palästinenser Avis Hand schüttelt und ihn kurz umarmt, wird einmal mehr alles, was ich weiß, infrage gestellt.
    »Tarik, das ist meine Freundin Amy Barak. Sie ist Amerikanerin.«
    Nie zuvor hat mich jemand Amy Barak genannt und ich bin überrumpelt. Ich heiße Amy Nelson – das ist der Mädchenname meiner Mutter. Oder bin ich Amy Barak?
    Tief in mir drin spüre ich dem Klang des Namens nach. Irgendwie gefällt er mir, aber vielleicht liegt es auch nur daran, wie Avi ihn mit seinen vollen Lippen ausspricht.
    Ist jetzt aber auch egal. Ich bin nervös und habe Mühe, mir den Schreck nicht anmerken zu lassen – oder Nägel zu kauen.
    Doch Tarik lächelt, wodurch ich mich etwas weniger befangen fühle, denn es ist ein echtes Lächeln, kein falsches aus purer Höflichkeit (wie bei Marc). Nein, Tariks Lächeln erreicht die Augen.
    »Kommt rein!«, sagt er und schlägt Avi auf die Schulter. »Es ist lange her, dass wir uns gesehen haben, mein Freund.«
    »Wie läuft’s mit der Jagd nach einem Studienplatz?«, fragt Avi ihn.
    Tarik schmunzelt. »Nichts, worüber sich zu reden lohnt. Obwohl – ich habe einen Brief von der UCLA und von der Northwestern bekommen. Und du, Amy, was führt dich hierher?«, fragt er, während er uns in ein kleines Zimmer lotst.
    Mitten auf dem Boden und an einer Wand entlang liegen Kissen. Mit einer Geste bedeutet Tarik uns, Platz zu nehmen. Ich sehe zu, wie Avi sich auf ein großes orangefarbenes Kissen setzt, und suche mir ein hellblaues aus.
    »Ich verbringe mit meinem Vater hier den Sommer«, sage ich und sehe auf, als eine Frau mit verschleiertem Gesicht und im traditionellen muslimischen Gewand ein Tablett mit Früchten hereinbringt und es vor Tarik platziert. Sie sagt kein Wort, stellt es nur ab und geht wieder.
    Tarik nimmt eine Orange und reicht sie mir. »Von unserem Baum draußen. Ich wette, die schmeckt besser als in Amerika.«
    Ich sehe Avi an, der eine Handvoll Trauben nimmt und sich eine in den Mund schiebt. Erst als ich anfange, meine Orange zu schälen, sucht sich auch Tarik eine aus. Ist das so Sitte bei ihm, dass man erst seine Gäste essen lässt?
    Kaum zu glauben, dass ich im Haus eines Palästinensers sitze, der Avi und eine fremde Amerikanerin bewirtet. Und das auch noch mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
    »Seid ihr zwei zusammen?«, fragt Tarik.
    »Nur den Sommer über«, antworte ich schnell und laufe rot an. »Das ist alles.«
    Tarik lacht. »Und nach dem Sommer?«
    Er stellt die Frage an mich, aber Avi sagt: »Wenn der Sommer vorbei ist, geht sie zurück in ihr Land. Sie hat dort einen Freund.«
    »Ah, jetzt wird es langsam interessant. Ich glaube, amerikanische Frauen gefallen mir.«
    Avi steckt sich eine große grüne Traube in den Mund. »Bitte, Tarik, lass dich von ihr nicht zum Narren halten. Amy lsanha taweel .«
    »Wie bitte?«, sage ich. »Wenn du über mich sprichst, dann gefälligst auf Englisch, damit ich mich wehren kann.«
    Tarik sieht mich mit einem verschmitzten Grinsen an. »Er hat gesagt, du hast eine spitze Zunge wie eine Schlange.«
    Ich reiße den Mund auf. »Habe ich gar nicht. Entschuldige dich!«, verlange ich von Avi.
    »Amy, du solltest doch wissen, dass er sich nie entschuldigt«, meint Tarik. »Es passt nicht zu ihm.«
    Avi grinst und steckt sich eine weitere grüne Weintraube in den Mund. »Tarik, du solltest Anwalt werden statt Arzt. Du argumentierst

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