Nur ein Liebestraum am Mittelmeer
…“
„Ja, er zieht mich magisch an.“
„Wie wunderbar.“
„Ja und nein. Ich weiß nicht, ob er verheiratet, liiert oder solo ist. Und er hält mich für eine Art Mata Hari. Wenn wir Zeit zusammen verbringen, ist es, als würden wir uns mit Worten duellieren.“
„Wieso das?“, fragte Cindy.
„Das ist eine lange Geschichte.“
„Nur zu, ich habe die ganze Nacht Zeit.“
Laura streckte sich im Gras aus und schloss wieder die Augen. Sie erzählte ihrer Freundin von dem Ausflug nach Tourettes und der Begegnung vor der Villa Leopolda. Seither hatte sie Raoul nicht mehr gesehen, und sie vermisste die Wortgefechte mehr, als sie sich eingestehen mochte. Auch unterbreitete sie Cindy all ihre Theorien darüber, warum er sich so herzlos zeigte.
„Vielleicht ist er wie du unglücklich verheiratet, und es frustriert ihn, dass er sich zu dir hingezogen fühlt, aber nicht frei ist“, erwiderte die Freundin schließlich. „Wieso erkundigst du dich nicht bei Chantelle nach seinem Familienstand, den er dir offenbar nicht sagen will?“
„Ja, das könnte ich. Nur möchte ich nicht, dass sie denkt, ich wäre aus irgendeinem anderen Grund hier, als für eine Weile ihre Freundin zu sein. Sie muss erst erneut lernen, mir zu vertrauen. Wenn sie meint, ich würde ein anderes Ziel verfolgen, verliere ich eventuell den Boden, den ich inzwischen bei ihr gewonnen habe.“
„Das ist ein Argument. Warum fragst du dann nicht Guy?“
„Letztlich aus dem gleichen Grund“, antwortete Laura. „Die Laroches sind sehr verschwiegen. Er hat mir lediglich das erzählt, was ich unbedingt wissen muss.“
„Wie wäre es, wenn du es über Paul herauszufinden versuchst?“
„Nein. Er versteht sich prima mit seinem Onkel. Die beiden haben ein sehr enges Verhältnis. Ich bin sicher, dass sich Raoul durch Paul über mich auf dem Laufenden hält. Ich will ihm nichts liefern, das er gegen mich verwenden kann. Vor zwei Tagen hat der Junge ihm berichtet, ich sei in der Limousine weggefahren. Das Ende vom Lied war, dass Raoul mich aufgespürt und abgeholt hat.“
„Klingt irgendwie aufregend.“
„Was es gewesen wäre, würde ich nicht glauben, dass er etwas im Schilde führt. Und das tut er. Deshalb will ich Paul auch nichts fragen, das ihn nicht persönlich betrifft. Es könnte sonst ganz schön heiter werden. Ich versuche, nicht in Schwierigkeiten zu geraten und mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.“
„Was du mir erzählst, ist viel spannender als der Vampirroman, den ich gerade lese.“
Laura lachte herzhaft. „Raoul wäre ein toller Vampir.“
„Laut deiner Beschreibung wäre er ein toller …“
„Sag es nicht, Cindy. Ich kann mir solche Gedanken nicht leisten.“
„Aber ganz fremd sind sie dir nicht, wie mir deine Stimme verrät.“
„Es liegt an der traumhaften Umgebung.“
„Und was beabsichtigst du in puncto Raoul zu machen?“
Laura legte den Arm über die Augen. „Nichts.“
„Soll heißen, dass du den Dingen einfach ihren Lauf lässt?“
„Genau. Und jetzt habe ich dich lange genug wach gehalten. Du brauchst deinen Schönheitsschlaf. Wir sehen uns in rund zehn Tagen. Vorher rufe ich dich noch mal an. Pass auf dich auf.“
„Du auch.“
Laura beendete die Verbindung, blieb aber noch auf dem Rasen liegen, um das Telefonat Revue passieren zu lassen. Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass sich eine Wolke vor die Sonne schob. Wie komisch, noch vor ein paar Minuten ist der Himmel strahlend blau gewesen, dachte sie und nahm den Arm von den Augen.
Ihr stockte einen Moment der Atem, denn Raoul stand vor ihr. Eigentlich sollte er im Büro sein! Hatte er womöglich etwas von dem Gespräch mit Cindy mitbekommen?
Laura spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte. Zweifellos machte er in dem hellgrauen Anzug eine ausgezeichnete Figur. Trotzdem beunruhigte es sie, dass sie sofort wieder auf ihn reagierte.
Eilig erhob sie sich. Und obwohl sie sich in der ärmellosen pinkfarbenen Bluse und den weißen Shorts hinlänglich bekleidet fühlte, erbebte sie, als er den Blick über sie schweifen ließ.
„Ich schätze, du hast mich gesucht.“
„Chantelle sagte, du bist irgendwo hier draußen. Wenn ich dich das nächste Mal nicht finden kann, sehe ich besser unter den Blumen nach. Auch meinte sie, dich hätte irgendetwas fasziniert?“
„Ja, ich habe vorhin im Beet etwas Interessantes entdeckt. Ich wollte es ihr zeigen, doch sie hat telefoniert. Dann habe ich selbst einen Anruf erhalten und es
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