Nur ein Liebestraum am Mittelmeer
bis gerade vergessen.“
„Von deinem Boss?“
„Nein, von meiner besten Freundin Cindy. Wir leben beide in einem Apartmenthaus und sind Flurnachbarinnen. Sie kümmert sich in meiner Abwesenheit um meine Wohnung.“ Laura wusste, was er dachte, und beschloss, seine grenzenlose Neugier zu befriedigen. „Es ist nicht einmal halb so groß wie die Gästesuite hier.“
Ein Lächeln spielte um seinen Mund. „Aber es gehört dir.“
„Richtig.“
„Wo ist das Ding, das du gefunden hast?“
„Gleich hier.“ Sie ging zu der Stelle, wo sie es hingelegt hatte, und reichte es ihm. „Ich habe es im Haus gesäubert. Vielleicht ist es eine Anstecknadel gewesen, denn das Gesicht eines bezaubernden kleinen Jungen ist darauf zu sehen.“ Wie schön wäre es, selbst ein Kind zu haben, dachte Laura unvermittelt. Es würde Raouls markante Züge tragen … Wohin verirrten sich ihre Gedanken! Wenn das kein Unsinn war!
Raoul betrachtete sie einen langen Moment, bevor er den kleinen Gegenstand begutachtete. „Wo genau hast du es entdeckt?“
„Nahe der Sonnenuhr.“
„Ich muss die Universität darüber informieren. Es handelt sich gewiss um ein antikes Stück. Wahrscheinlich gibt es auf dem Gelände noch mehr.“ Er händigte es ihr wieder aus und blickte sie an. „Rettungsschwimmerin, Künstlerin und jetzt auch noch Archäologin. Du besitzt offenbar Talente ohne Ende, oder?“
Höre ich da einen Anflug von Leichtigkeit?, fragte sie sich und musste lächeln. Oder hatte sie sich doch getäuscht? „Hast du mit Chantelle gefrühstückt?“
„Nein. Ich komme gerade von einem frühen Geschäftstermin. Wieso?“
„Ich hoffe, dass sie gut geschlafen hat und ich sie dazu bewegen kann, mit mir irgendwo auswärts zu Mittag zu essen.“
„Chantelle wird das für niemanden tun“, erwiderte er kategorisch. „Nicht einmal für dich.“
Laura runzelte die Stirn. „Ich weiß deine Ermutigung zu schätzen.“
„Wenn immer ich dir ein Kompliment zu machen versuche, verstehst du es falsch. Ich wollte damit nur sagen, dass sie dich mag. Sollte überhaupt jemand sie dazu bringen können, das Anwesen zu verlassen, dann du.“
„Vielen Dank.“
„Als ich sie eben fragte, ob sie mich begleiten wolle, erklärte sie, sie habe Kopfschmerzen. Da ich das Gegenteil nicht beweisen kann, muss ich eben allein losziehen.“
Laura strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Wenn du dich mit einer Abfuhr schon schwertust, stell dir nur mal vor, wie schlimm es erst für deinen Bruder sein muss.“
Kurz kniff er den Mund zusammen. „Eine Frau, die ihren Mann nicht mehr begehrt, versetzt der Ehe den Todesstoß.“
Er hatte geklungen, als würde er aus leidvoller Erfahrung sprechen. Und so aberwitzig es in Anbetracht seines kränkenden Verhaltens war, das er ihr gegenüber an den Tag legte, hätte Laura ihn gern getröstet. Doch sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
„Gibt es einen bestimmten Grund, warum du mit mir reden wolltest?“
„Ja. Der Sohn eines guten Freundes nimmt dieses Jahr an der Tour de France teil. Ich habe ihm versprochen, morgen bei der Etappe nach ihm Ausschau zu halten. Da das amerikanische Team das Rennen wohl insgesamt gewinnen wird, möchtest du vielleicht mitkommen, und wir feuern unsere jeweiligen Länder an.“
Obgleich sie sicher war, dass er sie nicht ohne Hintergedanken einlud, wurde sie ganz aufgeregt. Es wäre wundervoll, den Tag mit ihm zu verbringen und etwas zu unternehmen, das nichts mit den Problemen hier in der Villa zu tun hatte.
Eventuell würde er fernab von seiner Familie entspannter sein und sich ihr ein wenig mehr öffnen. Außerdem hatte sie schon immer die Tour de France live erleben wollen.
„Wir würden am Nachmittag mit dem Hubschrauber nach Alpe d’Huez fliegen. Ich habe in dem Bergstädtchen Zimmer reserviert. Morgen verfolgen wir dann vor Ort, wer von den Fahrern zuerst den Gipfel erreicht. Anschließend fliegen wir nach Bourg d’Oisons, um unten dabei zu sein, wenn der Sieger die Ziellinie überquert. Wenn möglich, mache ich dich mit Alain Garonne bekannt.“
„Ich … ich muss erst m…mit Guy reden“, stieß sie hervor. Sie war so begeistert von der Aussicht, mit Raoul zusammen zu sein, dass ihr die Beine zitterten.
„Wenn du darauf bestehst“, erwiderte er gleichmütig.
„Er hat mich gebeten, Chantelle eine Freundin zu sein. Ich möchte nicht, dass er meint, ich würde seine Gastfreundschaft ausnutzen.“
„Ja, gewiss. Er frühstückt gerade mit Chantelle,
Weitere Kostenlose Bücher