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Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013!

Titel: Nur ein Märchen?: Gratisaktion bis 15.10.2013! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Tourmalin
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Sneakers gehen eine der Fliesen, die als Bordüre am unteren Rand der Wand entlang laufen. Ein Klicken ertönt, die komplette Wand schwingt zur Seite und ein weiterer Raum liegt vor uns.
    Noch ganz geplättet von dem Special-Effect mit der Geheimtür betreten wir den Raum. Durch einen Bewegungsmelder ausgelöst, flackern Neonröhren an der Decke auf.
    In der Mitte des Raumes auf einem Podest aus Edelstahl – woraus auch sonst – steht eine Truhe aus dunklem Holz. Eine große Truhe. Die größte Truhe, die ich je gesehen habe. Sie hat die Größe eines Kleinwagens, Twingo schätze ich, aber es ist unverkennbar eine Truhe.
    Markus lässt uns den Vortritt und wir drei umrunden staunend die massive Holzkiste. Sie ist aus dunklem Holz gefertigt, unzählige Schnitzereien und Schnörkel verzieren sie, die Metallbeschläge haben den unverkennbaren Schimmer in Würde gealterten Materials.
    Trotz des erstaunlich guten Zustands ist deutlich erkennbar, dass diese Truhe richtig alt ist. Ich war schon auf genug Flohmärkten, um tatsächlich alte Möbelstücke von neuem Plunder, der auf alt getrimmt wurde, unterscheiden zu können.
    „ Markus, was ist das?“, frage ich, obwohl ich mir insgeheim einbilde, die Antwort zu kennen.
    „ Ich glaube, dass es der Schatz der Nibelungen ist“, kommt die gleichzeitig gefürchtete und erhoffte Antwort.
    „ Du glaubst? Alter, was?“ Es tut gut zu sehen, dass Florian und George nicht weniger erstaunt sind als ich und dass auch die beiden unter Artikulationsschwierigkeiten leiden, wenn sie nicht mehr Herr der Lage sind.
    „ Also, ich bin mir nicht sicher, ob sie es ist. Mein Vater schon. Er ist der felsenfesten Überzeugung, dass es sich bei dieser Truhe um den Schatz der Nibelungen, um das legendäre Rheingold, handelt. Beweisen konnte er es natürlich nicht, wie auch.“ Jetzt ist er wieder total cool, wirkt nicht mehr so abwesend wie vorhin.
    „ Aber du hast doch gesagt, dein Vater wollte unbedingt den Schatz finden. Du hast nicht gesagt, dass er ihn gefunden hat“, mache ich einen schwachen Versuch, Ordnung in mein Gedankenchaos zu bringen.
    Ich kann mich genau daran erinnern, Markus hat mir in der Nacht, die wir gemeinsam im Keller verbracht haben, erzählt, dass sein Vater es sich zum Lebensziel gemacht hat, diesen Schatz zu finden. Er hat aber mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt, dass besagter Schatz nur zwei Türen weiter hinter einer Geheimtür steht.
    Hilflos sieht er mich an. „Ja, ich habe dir nicht gesagt, dass der Schatz vielleicht schon hier ist. Ich wusste nicht, wie du mit dieser Information umgehen würdest. Und ich hatte doch vor, meinen Vater so lange wie möglich in dem Glauben zu lassen, ich stünde auf seiner Seite. Wenn du dich nun verplappert hättest -“ „Dann hätte dein Vater gewusst, dass er dir nicht vertrauen kann und uns möglicherweise beide umgebracht“, vervollständige ich seinen Satz.
    „ Aber sag mal, wenn diese Kiste hier fünfzehnhundert Jahre auf dem Buckel hat, wieso sieht die dann aus wie aus dem Ei gepellt? Und wo habt ihr die überhaupt her? Die habt ihr ja wohl kaum bei ‘nem Banküberfall erbeutet“, unterbricht Florian in seiner gewohnt charmanten Art unser Gespräch.
    Markus erklärt uns daraufhin, dass sein Vater anhand der Aufzeichnungen aus dem Tagebuch von Hagen von Tronje – der den Schatz im Rhein versenkt hatte, um Kriemhild zu bestrafen und zur Herausgabe des Schlüssels zu zwingen – den ganzen Fluss hat absuchen lassen. Als vor einigen Jahren diese Studenten mit ihren hochwissenschaftlichen Gerätschaften anfangen wollten, nach dem Schatz zu suchen, war Wiesenthals Suche schon so gut wie beendet.
    Er hatte bereits die richtige Stelle gefunden und war gerade dabei, die Kiste ausgraben zu lassen. Das musste natürlich alles mit Hilfe äußerst verschwiegener Männer in Nacht-und-Nebel-Aktionen ablaufen, weil niemand erfahren sollte, was dort aus dem schlammigen Flussbett gezogen wurde.
    Hätten die Studenten selbst angefangen, im Fluss nach dem Schatz zu suchen, wären sie unweigerlich auf die Unterwasser-Ausgrabungsstelle gestoßen und das Ganze hätte sich nicht länger geheim halten lassen. Aus diesem Grund mussten sie verschwinden, nur so konnte die riesige Truhe unbemerkt in das Anwesen der Wiesenthals verfrachtet werden.
    Wiesenthal hat die Außenwände von seinen Fachleuten säubern und so gut wie möglich instand setzen lassen, wobei das Material sich in einem bemerkenswert guten Zustand befunden haben muss.

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